5841 | Reichsweistum ist die von den Reichsfürsten im Mittelalter urteilsartig gegebene Entscheidung (z. B. Rhens 1338). Die Abgrenzung zum Urteil wie zum Gesetz ist zweifelhaft. Lit.: Kroeschell, DRG 1, 2; Franklin, O., Sententiae curiae regiae, 1870; Ebel, W., Geschichte der Gesetzgebung, 2. A. 1958, Neudruck 1988; Diestelkamp, B., Reichsweistümer als normative Quellen, (in) Recht und Schrift im Mittelalter, hg. v. Classen, P., 1977, 281 |
5842 | Reichswirtschaftsgericht ist die 1919 aus dem 1915 geschaffenen Reichsschiedsgericht für Kriegsbedarf hervorgegangene, 1920 in ein Gericht umgewandelte Behörde. 1941 geht das R. im →Reichsver-waltungsgericht auf. Lit.: Jahn, J., Das Reichswirtschaftsgericht, 1940; Klinger, H., Reichswirtschaftsgericht und Kartellgericht, (in) Staatsbürger und Staatsgewalt, hg. v. Külz, H. u. a., Bd. 1 1963, 103 |
5843 | Reichszivilprozessordnung →Zivilprozessordnung |
5844 | Reims an der Vesle, aus dem römischen Durocortorum der Remer hervorgegangen, ist seit 290 Bistum, seit dem 8. Jh. Erzbistum. R. beansprucht die Stellung als Krönungsort des französischen Königs. Seit dem Hochmittelalter tritt es als Machtmittelpunkt hinter →Paris zurück. Seit 1969 ist R. Sitz einer Universität. Lit.: Brühl, C., Reims als Krönungsstadt des französischen Königs, Diss. phil. Frankfurt am Main 1950; Devisse, J., Hincmar, archevêque de Reims, Bd. 1ff. 1972ff.; Desportes, P., Reims et les Remois, 1979; Kaiser, R., Bischofsherrschaft zwischen Königtum und Fürstenmacht, 1981 |
5845 | Reimvorrede ist eine gereimte Vorrede (z. B. des Sachsenspiegels). Lit.: Fehr, H., Die Dichtung im Recht, 1936; Ignor, A., Über das allgemeine Rechtsdenken Eike von Repgows, 1984 |
5846 | Reine Rechtslehre ist die auf der positivistischen Grundlage der neukantianischen Zuordnung der Rechtsnorm zum Sollen von Hans →Kelsen (1881-1973) bis 1934 entwickelte, alle nichtrechtlichen Elemente, insbesondere die politische Ideologie ausscheidende Rechtslehre. In ihr stellt die Rechtsordnung einen Erzeugungszusammenhang von Rechtsnormen dar, der sich letztlich auf eine hypothetische Grundnorm zurückführen lässt. Diese nicht gesetzte, aber vorausgesetzte hypothetische Grundnorm hat rechtserzeugenden Charakter, der Zwangsakt als Endpunkt des Rechtserzeugungsvorgangs nur rechtsanwendenden Charakter. Adolf J. Merkl überträgt die von Kelsen für das Verfassungsrecht entwickelte Vorstellung auf das Verwaltungsrecht, Alfred Verdross auf das Völkerrecht. Lit.: Kelsen, H., Reine Rechtslehre, 1934, 2. A. 1960; Schild, W., Die reinen Rechtslehren, 1975; Der Einfluss der reinen Rechtstheorien, Bd. 1ff. 1978ff.; Dreier, H., Rechtslehre, Staatssoziologie und Demokratie bei Hans Kelsen, 1984 |
5847 | Reinhart Fuchs ist die nach 1192 von einem elsässischen Dichter geschaffene, das Verfahren des ausgehenden 12. Jh.s volkssprachig darstellende Dichtung. Lit.: Der Reinhart Fuchs, hg. v. Düwel, K., 1984 |
5848 | Reinigungseid ist der Eid des Beschuldigten, mit dem er (allein oder mit Eidhelfern) seine Unschuld erweisen kann. Er entspricht einem Beweisrecht. Er verschwindet mit dem 18. Jh. Lit.: Kroeschell, DRG 1, 2; Loening, R., Der Reinigungseid bei Ungerichtsklagen im deutschen Mittelalter, 1880; Schmidt, E., Einführung in die Geschichte der Strafrechtspflege, 1947, 3. A. 1965; Fiori, A., Il giuramento di innocenza nel processo canonico medievale, 2013 |
5849 | Reinkingk (Reinking), Dietrich (Theodor) (Windau in Kurland 10. 3. 1590-Glückstadt 15. 12. 1664), Gutsherrnsohn, wird nach dem Rechtsstudium in Köln, Marburg (Vultejus) und Gießen (Antonius) 1617 außerordentlicher Professor in Gießen, 1618 Hofrat, 1625 Vizekanzler und 1632 Kanzler (zuerst in Schwerin, 1636 in Bremen, 1648 in Schleswig und Holstein). Sein 1619 erschienenes kaiserfreundliches Hauptwerk (lat. Tractatus M. de regimine seculari et ecclesiastico, Abhandlung über weltliche und kirchliche Herrschaft) räumt dem Kaiser Souveränität ein und wird damit seit 1648 der Wirklichkeit nicht mehr voll gerecht. Lit.: Jessen, H., Biblische Policey, Diss. jur. Freiburg im Breisgau, 1962; Staatsdenker im 17. und 18. Jahrhundert, hg. v. Stolleis, M., 1977, 2. A. 1987, 3. A. 1995 |
5850 | reipersekutorisch (sachverfolgend) Lit.: Köbler, DRG 19 |
5851 | reipus (lat.-afrk. [M.]) Reifgeld, Verlobungsgebühr, vor 819 |
5852 | Reise ist die Fortbewegung eines Menschen an einen anderen Ort außerhalb des Wirtschaftsverkehrs. Lit.: Drabek, A., Reisen und Reisezeremoniell der römisch-deutschen Herrscher im Spätmittelalter, 1964; Hans Dernschwam’s Tagebuch einer Reise nach Konstantinopel und Kleinasien (1553/55), 1923, hg. v. Babinger, F. 1923, Neudruck hg. v. Schnur, R., 1986; Paravicini, W., Die Preußenreisen des europäischen Adels, 1989; Unravelling Civilisation – European Travel and Travel Writing, hg. v. Schulze-Forberg, H., 2005; Prein, P., Bürgerliches Reisen im 19. Jahrhundert, 2005; Quellen zur Geschichte des Reisens im Spätmittelalter, hg. v. Reichert, F., 2009 (37 Dokumente) |
5853 | Rei vindicatio (lat. F.) ist die Herausgabeklage des Eigentümers des klassischen römischen Rechtes, bei welcher der nichtbesitzende (zivile) Eigentümer dem besitzenden Nichteigentümer (z. B. Dieb) gegenübersteht, wobei neben der Herausgabe (Restitution) der Sache auch Sachschäden, Früchte und Aufwendungen zu beachten sind. Aus der r. v. entwickelt sich im Hochmittelalter auch die zeitweise bedeutsame Unterschei-dung von →Obereigentum und Untereigentum. Im deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch von 1900 entspricht ihr § 985. Lit.: Kaser §§ 4 I 1a, 21 I 2b, 22 II, 27 I, 59 II 7b, 81 II 1, 83 II 5; Söllner § 9; Köbler, DRG 41, 48, 61, 124; Coing, H., Europäisches Privatrecht, Bd. 1 1985, 174, 191, 294, 297, 307; Pennitz, M., Der „Enteignungsfall“ im römischen Recht, 1991; Wimmer, M., Besitz und Haftung des Vindikationsbeklagten, 1996 |
5854 | Rekkesvind (Reccesvinth) ist der für die Fortbildung der (lat.) →Lex (F.) Visigothorum bedeutsame westgotische König (653-672). Lit.: Köbler, DRG 80, 82; García-Moreno, L., Historia de España Visigoda, 1989 |
5855 | Reklamationsrecht (N.) Beschwerderecht beim fränkischen König Lit.: Kaufmann, E., Aequitatis iudicium, 1959; Weitzel, J., Über Oberhöfe, Recht und Rechtszug, 1981 |
5856 | Rekognitionszins (M.) Anerkennungszins |
5857 | Rektor ist der Leiter, insbesondere der Leiter einer Universität. Lit.: Köbler, Jurist; Schwinges, R., Rektorwahlen, 1992 |
5858 | Rekuperator →(lat.) recuperator (M.) |
5859 | Relation (lat. F. relatio) ist aus dem römisch-kanonischen gelehrten Prozessrecht kommend in der Neuzeit der Bericht im Rahmen der juristischen Tätigkeit. Die R. besteht im Zivilverfahrensrecht aus der Erzählung der unstreitigen Tatsachen, der Prozessgeschichte einschließlich der Beweise und einem Entscheidungsvorschlag. Für die Besetzung von Stellen am Reichskammergericht wird 1570, für die Besetzung einer Oberratsstelle in Württemberg wenig später die Erstellung einer Proberelation vorgesehen. Lit.: Kroeschell, DRG 3; Koch, C., Anleitung zum Referieren bei preußischen Gerichtshöfen, 2. A. 1836; Berger, H., Die Entwicklung der zivilrechtlichen Relation, Diss. jur. Frankfurt am Main 1976; Schröder, J., Wissenschaftstheorie und Lehre der „praktischen Jurisprudenz“, 1979; Flasch, K., Das philosophische Denken, 1986 |
5860 | relativ (verhältnismäßig) z. B. Mehrheit, Naturrecht, Unwirksamkeit |