5781 | Reichskirche ist die →Kirche im fränkisch-deutschen Reich. Dies betrifft in der älteren Zeit die dem König bzw. Kaiser unmittelbar zugeordneten Erzbistümer, Bistümer, Klöster, Stifter und Kirchen, später nur das reichsunmittelbare Kirchenwesen. 1803 wird die bestehende R. säkularisiert und mediatisiert. Lit.: Kroeschell, DRG 1; Köbler, Historisches Lexikon; Köbler, DRG 77; Boerger, R., Die Belehnungen der deutschen geistlichen Fürsten, 1901; Hauck, A., Die Entstehung der geistlichen Territorien, 1909; Feine, H., Die Besetzung der Reichsbistümer, 1921, Neudruck 1964; Heckel, J., Staat und Kirche, 1968; Köhler, O., Die ottonische Reichskirche, FS G. Tellenbach, 1968, 141; Investiturstreit und Reichsverfassung, 1973; Zielinski, H., Der Reichsepiskopat, 1984; Boshof, E., Königtum und Königsherrschaft, 1993; Bigott, B., Ludwig der Deutsche und die Reichskirche im ostfränkischen Reich, 2002 |
5782 | Reichskirchensystem ist im (9. bzw.) 10. und 11. Jh. die Einbindung der Kirche in die königliche Herrschaft über das Reich (Reichsverwaltung). Spätestens seit Kaiser Otto I. werden geistliche Würdenträger mit weltlichen Aufgaben (z. B. Grafschaften) betraut. Dieses R., das nach neuerer Erkenntnis bereits um 820 bis 830 seinen Anfang nimmt, findet im →Investiturstreit sein Ende, doch lebt es in der veränderten Form der geistlichen Reichsfürsten fort. Lit.: Köbler, DRG 85; Santifaller, L., Zur Geschichte des ottonisch-salischen Reichskirchensystems, 2. A. 1964; Beumann, H., Reformpäpste als Reichsbischöfe, FS F. Hausmann, 1977, 21; Bührer-Thierry, G., Évêques et pouvoir dans le royaume de Germanie, 1997; Patzold, S., Episcopus, 2009 |
5783 | Reichskleinod ist das dem Reich gehörige Kleinod. Reichskleinodien sind der das Heilige römische Reich sichtbar darstellende, bei den Krönungen in Aachen bzw. Frankfurt verwendete Reichsschatz (einziger nahezu unverändert erhaltener Kronschatz Europas). Zu den R. zählen die →Krone (Reichskrone), das Reichskreuz, das Reichsreliquiar, die heilige Lanze, der →Reichsapfel, das Zepter, das Reichs-schwert (Mauritiusschwert), der Krönungsmantel (Krönungsornat) und einige weitere Kleinode (und Reliquien) (sowie der Säbel Karls des Großen, die Stephansburse und das Reichsevangeliar als sog. Aachener Kleinodien). Sie begleiten anfangs den König auf seinen Zügen. In salischer Zeit sind sie meist im Dom in Speyer, danach in der Reichsfeste Trifels, seit 1273 in der habsburgischen Kiburg, seit 1350 in Prag bzw. der Karlsfeste (Karlsstein), 1421 in Blutenburg in Ungarn, seit 1424 in Nürnberg, seit 1800 über Regensburg (1796) und Passau in Wien (1938 bis 1946 nochmals in Nürnberg). →Insignie(n), Reichsinsignie(n) Lit.: Schlosser, J., Die deutschen Reichskleinode, 1920; Fillitz, H., Die Insignien und Kleinodien, 1954; Grass, N., Reichskleinodienstudien, 1965; Pleticha, H., Des Reiches Glanz, 1989; Schroeder, K., Die Nürnberger Reichskleinodien in Wien, ZRG GA 108 (1991), 232; Kubin, E., Die Reichskleinodien, 1991; Die Reichskleinodien, hg. v. d. Gesellschaft für staufische Geschichte, 1997; Gsell, K., Die Rechtsstreitigkeiten um den Reichsschatz, 2001 |
5784 | Reichskonkordat ist das am 20. 7. 1933 unterzeichnete und am 10. 9. 1933 in Kraft getretene →Konkordat zwischen dem Deutschen Reich und der katholischen Kirche. Lit.: Volk, L., Das Reichskonkordat, 1972; Listl, J., Die Fortgeltung und die gegenwärtige staatskirchenrechtliche Bedeutung des Reichskonkordats, FS L. Carlen, 1989, 309 |
5785 | Reichskreis ist der 1500 bzw. 1512 im Zuge der Reichsreform geschaffene Kreis im Heiligen Römischen Reich. Es werden insgesamt 6 (bayerisch, fränkisch, niedersächsisch, oberrheinisch, schwäbisch, westfälisch) bzw. 10 Reichskreise gebildet (österreichischer, burgundischer, kurrheinischer, fränkischer, bayerischer, schwäbischer, oberrheinischer, niederrheinisch-west-fälischer, obersächsischer, niedersächsischer R.), in welche die meisten Gebiete des Reiches eingegliedert werden (ausgenommen vor allem die Länder der Wenzelskrone und der Schweiz). Nur im Südwesten (Schwaben, Franken, Ober-rhein) erlangt der R. über längere Zeit eine gewisse Bedeutung für die Landfrie-denswahrung, Urteilsexekution und Truppenkontingentierung. Lit.: Kroeschell, DRG 3; Köbler, Historisches Lexikon; Köbler, DRG 147; Simmern, E. Langwerth v., Die Kreisverfassung Maximilians I., 1896; Neukirch, A., Der niedersächsische Kreis, 1909; Wallner, E., Die kreisansässigen Reichsterritorien, MIÖG Ergänzungsbd. 11 (1929), 681; Brusatti, A., Die Entstehung der Reichskreise, 1950; Wines, R., The Franconian Reichskreis, Diss. phil. Ann Arbor Michigan 1961; Mally, A., Der österreichische Kreis in der Exekutionsordnung des römisch-deutschen Reiches, 1967; Borck, H., Der schwäbische Reichskreis im Zeitalter der französischen Revolutionskriege 1792-1806, 1970; Sicken, B., Der fränkische Reichskreis, 1970; Laufs, A., Der schwäbische Kreis, 1972; Der Kurfürst von Mainz und die Kreisassoziation, hg. v. Aretin, K. Frhr. v., 1975; Schneider, A., Der niederrheinisch-westfälische Kreis, 1985; Dotzauer, W., Der kurrheinische Reichskreis, Nass. Ann. 98 (1987), 61; Magen, F., Reichsexekutive und regionale Selbstverwaltung, 1992; Gittel, U., Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises, 1997; Hartmann, P., Der bayerische Reichskreis, 1997; Dotzauer, W., Die deutschen Reichskreise, 1998; Reichskreis und Territorium, hg. v. Wüst, W., 2000; Nicklas, T., Macht oder Recht, 2002; Neuburger, A., Der schwäbische Reichskreis, 2010; Neuburger, A., Konfessionskonflikt und Kriegsbeendigung im schwäbischen Reichskreis, 2011; Reichskreise und Regionen im frühmodernen Europa, 2011 |
5786 | Reichskrieg ist der auf Grund einer Reichskriegserklärung des Kaisers und der Reichsstände zwischen 1648 und 1806 gegen einen fremden Staat geführte →Krieg. Lit.: Weigel, H., Die Kriegsverfassung des alten Deutschen Reichs, 1912 |
5787 | Reichskriegsgericht ist das nach der Aufhebung der Militärgerichtsbarkeit durch Gesetz vom 17. 8. 1920, der Auflösung des zum 1. 10. 1900 eingerichteten Reichsmilitärgerichts und der Wiedereinführung der Militärgerichtsbarkeit zum 1. 1. 1934 durch Gesetz vom 26. 6. 1936 geschaffene oberste Gericht der Wehrmacht Deutschlands, das sich vor allem im Krieg zum Instrument militärischer Kommandogewalt und politischer Macht entwickelte. Lit.: Gribbohm, G., Das Reichskriegsgericht, 2004; Gribbohm, G., Das Reichsmilitärgericht, 2007 |
5788 | Reichskristallnacht (Novemberpogrom) ist die (ersten spontanen Übergriffen im Gau Kurhessen in der Nacht vom 7. auf den 8. November) folgenden) Nacht vom 8. auf den 9. 11. 1938, in welcher der deutsche Reichsinnenminister Goebbels während eines Kameradschaftsabends der nationalsozialistischen Parteiführer im alten Münchener Rathaussaal durch mündliche Weisung die Beschädigung jüdischer Einrichtungen wegen der Tötung eines 29jährigen (homosexuellen?) deutschen Legationssekretärs (Ernst vom Rath) durch einen 17jährigen Juden (Herschel Grynspan, in Frankreich Mitte 1940 in den Händen der geheimen Staatspolizei, Ende 1942 verliert sich die Spur) im Palis Beauharnais in Paris (aus Verzweiflung über die Abschiebung von Eltern und Geschwistern aus Hannover nach Polen im Oktober 1938) einleitet. Im Verlauf der R. werden etwa 177 Wohnhäuser, 1406 Synagogen zerstört, 7500 jüdische Geschäfte demoliert und (offiziell) 91 (bzw. tatsächlich etwa 1400) Juden getötet (oder in den Tod getrieben) und kommen anschließend 31000 jüdische Männer in Konzentrationslager. Eine einer Besprechung im Reichsluftfahrtministerium (mit Göring, Goebbels, Frick und Heydrich) folgende Verordnung vom 12. 11. 1938 verpflichtet die jüdischen Gewerbetreibenden zur Schadensbeseitigung und zu einer Sühneleistung von 1 Milliarde Reichsmark. Lit.: Kroeschell, DRG 3; Köbler, DRG 238; Gruchmann, L., Reichskristallnacht und Justiz im Dritten Reich, NJW 1988, 2856; Graml, H., Reichskristallnacht, 1988; Kropat, W., Reichskristallnacht in Hessen, 1988; Kropat, W., Reichskristallnacht, 1997; Steinweis, A., Kristallnacht 1938, 2013; Fuhrer, A., Herschel, 2013 |
5789 | Reichskrone →Krone |
5790 | Reichsland Elsass-Lothringen →Elsass, Lothringen |
5791 | Reichslandfriede →Landfriede |
5792 | Reichslandvogtei ist die von König Rudolf von Habsburg (1273-1291) eingerichtete Verwaltungseinheit für Reichsgut (z. B. in Schwaben, Elsass, Speyergau, Mittelrhein, Wetterau). Die R. geht im Spätmittelalter in den Ländern auf. Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Schreibmüller, H., Die Landvogtei im Speiergau, 1905; Becker, J., Geschichte der Reichslandvogteien im Elsass, 1905; Becker, J., Die Reichslandvogtei Kaysersberg, Wiss. Beilage zum Jahresbericht des bischöflichen Gymnasiums zu Straßburg, 1906; Schreibmüller, H., Die Landvogtei im Speyergau, 1905; Schwind, F., Die Landvogtei in der Wetterau, 1972; Hofacker, H., Die schwäbischen Reichs-landvogteien, 1980 |
5793 | Reichslehen ist das vom König des deutschen Reichs verliehene →Lehen. Durch die Annahme des Titels Kaiser von Österreich durch Franz II. 1804 bzw. durch das Ende des Heiligen Römischen Reichs 1806 wird der Reichslehensverband aufgelöst. Lit.: Kroeschell, DRG 1; Krieger, K., Die Lehnshoheit der deutschen Könige, 1979; Rödel, V., Reichslehenswesen, Ministerialität, Burgmannschaft und Niederadel, 1979; Schubert, E., König und Reich, 1979 |
5794 | Reichsmatrikel ist die für das Heilige Römische Reich geführte →Matrikel (z. B. Reichsheeresmatrikel von 1422). 1521 weist die R. 83 Reichsprälaten auf, 1992 40. Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Sieber, J., Zur Geschichte des Reichsmatrikelwesens, 1910; http://www.koeblergerhard.de/Fontes/Reichsheeresmatrikel1422.htm |
5795 | Reichsmerkantilismus →Merkantilismus |
5796 | Reichsministeriale →Reichsdienstmann Lit.: Segner, U., Die Anfänge der Reichministerialität, 1938; Bosl, K., Die Reichsministerialität, Bd. 1f. 1950f. |
5797 | Reichsmünze →Münze Lit.: Klimpert, R., Lexikon der Münzen, 2. A. 1896, Neudruck 1972; Rittmann, H., Deutsche Geldgeschichte, 1975 |
5798 | Reichsnotariatsordnung →Notar |
5799 | Reichsoberhandelsgericht ist das durch gesetzliche Umbenennung vom 16. 4. 1871 (2. 9. 1871 Plenarbeschluss) und örtliche Aus-dehnung auf die süddeutschen Staaten vom 22. 4. 1871 aus dem am 12. 6. 1869 in Leipzig geschaffenen →Bundesoberhandelsgericht hervorgegangene oberste Gericht in Handelssachen des zweiten Deutschen Reichs in Leipzig. Es geht am 1. 10. 1879 im →Reichsgericht auf. Lit.: Köbler, DRG 195; Kern, E., Geschichte des Gerichtsverfassungsrechts, 1954, 83; Weiß, A., Die Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts in Strafsachen, 1997; Winkler, S., Das Bundes- und spätere Reichsoberhandelsgericht, 2001 |
5800 | Reichspfand →Pfand |