5721 | regnum (N.) Teutonicum (lat.) deutsches Reich (um 1000) Lit.: Müller-Mertens, E., Regnum Teutonicum, 1970 |
5722 | Regredienterbe (M.) weichender Erbe |
5723 | Regress ist der Rückgriff eines zunächst zu einer Leistung Verpflichteten auf einen weiteren, vielfach nur im Innenverhältnis zur Erbringung der Leistung Verpflichteten. Er findet sich bereits im römischen Recht. Von der dortigen Verpflichtung des Gläubigers, dem leistenden Bürgen seine Forderung gegen den Schuldner abzutreten, ausgehend entwickelt sich für viele unterschiedliche Fälle des Regresses ein allgemeiner Forderungsübergang kraft Gesetzes. Lit.: Kaser § 52 II 2; Schulz, F., Rückgriff und Weitergriff, 1907; Selb, W., Schadensbegriff und Regreßmethoden, 1963 |
5724 | regula (lat. F.) Richtschnur, Regel (z. B. regula iuris) Lit.: Söllner § 15; Köbler, DRG 53 |
5725 | Regula (F.) aurea (lat.) (goldene [Verhaltens-]Regel) ist die schon dem Altertum geläufige Vorstellung, dass man so handeln solle, wie man wünsche, dass alle handeln würden bzw. alles unterlassen solle, von dem man wünsche, dass es andere unterlassen würden. Lit.: Philippidis, L., Die Goldene Regel, 1929; Dihle, A., Die Goldene Regel, 1962; Spendel, G., Die Goldene Regel als Rechtsprinzip, FS F. v. Hippel, 1967, 491 |
5726 | Regula (F.) Benedicti (lat.) (Benediktinerregel) ist die in der ersten Hälfte des 6. Jh.s von Benedikt von Nursia (um 480-557) für den von ihm geleiteten ältesten abendländischen Mönchsorden (→Benediktiner) als (lat. F.) lex (Gesetz) geschaffene, in 73 Kapitel gegliederte Klosterregel (Verfassung, Tugendlehre, Gottesdienst, Strafe, Verwaltung, Wahl, Aufnahme). Ihre Quellen sind die Bibel, Augustinus, monastisches Schriftum und die nach 500 (Rom 1. Viertel 6. Jh.) entstandene anonyme (lat.) regula (F.) magistri (Regel des Meisters). Lit.: Feine, H., Kirchliche Rechtsgeschichte, 1950, 5. A. 1972; Die Benediktusregel, hg. v. Steidle, B., 4. A. 1980; Jakobs, U., Die Regula Benedicti als Rechtsbuch, Diss. jur. Frankfurt am Main 1985; Regula Benedicti, 1992 |
5727 | Regulae (F.Pl.) Ulpiani (Regeln Ulpians) sind der vermutlich am Ende des 3. oder Anfang des 4. Jh.s aus Schriften des Gaius, Ulpian und Modestin hergestellte römische Rechtstext, von dem ein Auszug in einer Handschrift der ersten Hälfte des 4. Jh.s erhalten ist. Lit.: Dulckeit/Schwarz/Waldstein § 39 II 2b; Köbler, DRG 52 |
5728 | Regularkanoniker ist der sich einer weitergehenden Lebensordnung (Regel) unterstellende →Kanoniker. Lit.: Weinfurter, S., Neuere Forschungen zu den Regularkanonikern, HZ 224 (1977), 379 |
5729 | Regulierung ist die Änderung einer Lage durch Regeln. Die R. der Probleme des natürlichen Monopols der Eisenbahnen wird in England (1844) und Preußen (1838) in der ersten Hälfte des 19. Jh.s mit unzureichenden Mitteln versucht, denen gegenüber die Vereinigten Staaten von Amerika 1887 (Interstate Commerce Commission) erfolgreicher sind. Lit.: Regulierung im Telekommunikationssektor, hg. v. Michalczyk, R. u. a., 2012; Moderne Regulierungssysteme - Regulierte Selbstregulierung im frühen Interventions- und Sozialstaat, hg. v. Collin, P. u. a., 2012; Gestaltung der Freiheit, hg. v. Schorkopf, F. u. a., 2013; Regulation between Legal Norms and Economic Reality, hg. v. Schulz, G. u., 2014 |
5730 | Regulierungsedikt ist das am 14. 9. 1811 in →Preußen erlassene Edikt die Rechte der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse betreffend, das nach dem 1798 im linksrheinischen Gebiet verwirklichten Vorbild Frankreichs dem einzelnen Bauern Eigentum an Grund und Boden verschafft. →Bauernbefreiung Lit.: Köbler, DRG 174; Eisenhardt, U., Deutsche Rechtsgeschichte, 4. A. 2004 |
5731 | Reich ist das Herrschaftsgebiet eines Herrschers. Dabei steht im Altertum das (lat.) imperium (N.) Romanum (römische Reich) im Vordergrund. Von den dessen weströmischen Teil auflösenden Reichen einzelner germanisch/germanistischer Völker gewinnt das fränkische Reich die größte Bedeutung. Unter dem Karolinger Karl dem Großen wird es an Weihnachten 800 zum Kaiserreich. Nach seiner Teilung (843/887) bleibt die Kaiserwürde im ostfränkischen Reichsteil, der sich zum deutschen R. entwickelt. Hier treten bald König/Kaiser und →Reichsstände einander gegenüber. An deren Gegensatz zerbricht unter dem Druck Napoleons bzw. Frankreichs das R. am 6. 8. 1806 als Heiliges römisches R. . Das von Bismarck 1871 geschaffene zweite Deutsche R., das Adolf Hitler 1933 zum →Dritten R. umwandelt, ist demgegenüber ein eher kurzlebiger Nationalstaat. Nach 1945 ist der Begriff R. für die Gegenwart durch Bund ersetzt. Lit.: Kroeschell, DRG 1, 2; Köbler, DRG 94, 101, 109, 112, 133, 138, 147, 150, 169, 172, 233; Köbler, WAS; Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 4 1984, 423; Becker, J., Kritik der deutschen Reichsverfassung, 1796ff., hg. v. Burgdorf, W., 2009; Zeumer, K., Heiliges römisches Reich deutscher Nation, 1910; Krammer, M., Der Reichsgedanke des staufischen Kaiserhauses, 1908; Heine, H., Das Werden des deutschen Reichs, 2. A. 1944; Thamm, M., Die Terminologie des Wortes „Reich“, Diss. phil. Frankfurt 1959; Wolfram, H., Splendor imperii, 1963; Herkenrath, R., Regnum und imperium, 1969 (SB Wien); Steinbach, H., Die Reichsgewalt und Niederdeutschland in nachstaufischer Zeit, 1968; Binder, H., Reich und Einzelstaaten während der Kanzlerschaft Bismarcks, 1971; Moraw, P., König, Reich und Territorium, 1971; Mühlen, P. v. zur, Die Reichstheorien in der deutschen Historiographie des frühen 18. Jahrhunderts, ZRG GA 89 (1972), 118; Duchhardt, H., Protestantisches Kaisertum und Altes Reich, 1977; Schubert, E., König und Reich, 1979; Müller-Mertens, E., Die Reichsstruktur im Spiegel der Herrschaftspraxis Ottos des Großen, 1980; Das römisch-deutsche Reich im politischen System Karls V., hg. v. Lutz, H., 1982; Kaiser und Reich, hg. v. Buschmann, A., 1984, 2. A. 1994; Schulze, H., Vom Reich der Franken zum Land der Deutschen, 1987; Aretin, K., Frhr. v., Das Reich, 1988; Weisert, H., Der Reichstitel bis 1806, Archiv für Diplomatik 40 (1994), 441; Alternativen zur Reichsverfassung, hg. v. Press, V. u. a., 1995; Vogler, G., Absolutistische Herrschaft und ständische Gesellschaft, 1996; Neue Studien zur frühneuzeitlichen Reichsgeschichte, hg. v. Kunisch, J., 1997; Recht und Reich im Zeitalter der Reformation, hg. v. Roll, C., 2. A. 1997; Schulze, H., Kaiser und Reich, 1998; Schatz, J., Imperium, pax et iustitia, 2000; Gotthard, A., Das alte Reich 1495-1806, 2003, 4. A. 2011, 5. A. 2014; Reichspersonal, hg. v. Baumann, A. u. a., 2004; Das Reich und seine Territorialstaaten im 17. und 18. Jahrhundert, hg. v. Klueting, H. u. a., 2004; Heilig – Römisch – Deutsch. Das Reich im mittelalterlichen Europa, hg. v. Schneidmüller, B., 2006; Carl, H., Kaiser, Reichstag, Reichsgerichte - das Reich als Medienereignis, 2012; Davies, N., Verschwundene Reiche, 2013 |
5732 | Reichenau ist die Insel im unteren Bodensee, auf der um 724 eine rasch bedeutend werdende Bendediktinerabtei gegründet wird, aus der eine Formelsammlung des späten 8. Jh.s überliefert ist. Lit.: Die Kultur der Reichenau, Bd. 1, hg. v. Beyerle, K., 1925; Die Gründungsurkunden der Reichenau, hg. v. Classen, P., 1977; Schmidt, R., Reichenau und St. Gallen, 1985; Richter, M., Neues zu den Anfängen, ZGO 144 (1996), 1; Rappmann, R./Zettler, A., Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft, 1998; Verblichener Glanz, hg. v. Kreutzer, T., 2007 |
5733 | Reichsabschied (lat. recessus M. imperii) ist seit 1497 die in Deutsch gehaltene Zusammenfassung der Beschlüsse des Reichstags des Heiligen römischen Reiches am Ende der Tagung. Der R. enthält die jeweils vom Reichstag geschaffenen Gesetze. Der R. erlangt mit der Verlesung in einer Schlusssitzung Gesetzeskraft. Die weitere Verbreitung des Reichsabschiedes ist den Reichsständen überlassen. Der jüngste R. stammt von 1654. Lit.: Kroeschell, DRG 2; Köbler, DRG 6, 148; Neue und vollständige Sammlung der Reichsabschiede, hg. v. Schmauß, J. u. a., Teil 1ff. 1747, Neudruck 1967; Schubert, F., Die deutschen Reichstage, 1966, 134; Laufs, A., Der jüngste Reichsabschied von 1654, 1975; Hof, Hoftag und Reichstag, hg. v. Moraw, P., 1994 |
5734 | Reichsabt ist der Abt einer reichsunmittelbaren Abtei. Lit.: Kroeschell, DRG 1; Köbler, Historisches Lexikon; Vogtherr, T., Die Reichsabteien der Benediktiner, 2000 |
5735 | Reichsacht ist die im Hochmittelalter und Spätmittelalter für das gesamte →Reich verhängte →Acht. Die hofgerichtliche und kammergerichtliche R. können nur gegen den ausgesprochen werden, der trotz dreimaliger Ladung vor den König oder das königliche Gericht ausbleibt. Löst sich der Geächtete nicht aus der R., kann gegen ihn die Reichsaberacht verhängt werden. Lit.: Kroeschell, DRG 1, 2; Poetsch, J., Die Reichsacht, 1911; Battenberg, F., Reichsacht und Anleite im Spätmittelalter, 1984 |
5736 | Reichsadel ist der mit dem →Reich besonders verbundene →Adel. Dies ist insbesondere der reichsunmittelbare Adel mit Reichsstandschaft im Reichstag. Im weiteren Sinn zählt hierzu auch der durch das Reich seit dem 14. Jh. (1346) geschaffene Briefadel. Lit.: Bornhak, C., Deutsches Adelsrecht, 1929 |
5737 | Reichsadler ist der als Symbol des →Reiches verwendete →Adler. |
5738 | Reichsamt ist die im zweiten Deutschen Reich seit 1870/1 zur Abwehr der liberalen Wunschvorstellungen eines verantwortlichen Reichsministeriums (Reichskanzleramts) gebildete selbständige Reichsbehörde (1870/1 auswärtiges Amt, 1872 Admiralität, 1873 Reichseisenbahnamt, 1876-/1880 Reichspostamt, 1877 Reichsjustizamt, 1879 Amt für Inneres, 1879 Reichsschatzamt). Der Leiter eines Reichsamts wird bald dem Kaiser un-mittelbar verantwortlich. Die Zahl der Reichsämter erhöht sich später noch. Lit.: Kroeschell, 20. Jh.; Köbler, DRG 196 |
5739 | Reichsapfel ist die als Symbol des Reiches verwendete Kugel, die auf der Grundlage antiker Vorbilder im Mittelalter (Heinrich II., Heinrich IV. 1106, Heinrich VI. 1191) erscheint. Der noch vorhandene R. stammt vielleicht aus dem späten 12. Jh. Lit.: Fillitz, H., Die Insignien und Kleinodien, 1954; Schramm, P., Sphaira, Globus, Reichsapfel, 1958 |
5740 | Reichsarbeitsdienst ist der auf der Grundlage früherer freiwilliger Arbeitsdienste der studentischen Arbeitslagerbewegung von Adolf →Hitler 1935 zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit eingerichtete Arbeitsdienst mit einer halbjährigen Arbeitsdienstpflicht. Lit.: Kroeschell, 20. Jh. |