4481 | Ministerpräsident ist der Vorsitzende des Ministerrats bzw. der Regierung. |
4482 | Ministerrat ist der aus Ministern gebildete Rat als Regierungskollegium. Lit.: Kroeschell, 20. Jh.; Baltl/Kocher; Protokolle des österreichischen Ministerrates 1848-1867, 1970ff.; Protokolle des Ministerrates der ersten Republik, hg. v. Neck, R. u. a., 1980ff.; Das geltende Recht (der DDR), hg. v. Sekretariat des Ministerrates, 1989 |
4483 | Ministerverantwortlichkeit ist die Verantwortung eines →Ministers für seinen Aufgabenbereich. Sie entwickelt sich (anscheinend seit dem 12. Jh.) in England und wird 1791 in Polen und Frankreich übernommen (→Ministeranklage), seit 1814 in den deutschen Staaten (Sachsen-Weimar 1816, Hessen 1831, Österreich 1849/1867). Danach gilt die M. als notwendiger Ausgleich der Unverantwortlichkeit des Monarchen, wenn auch tatsächliche Folgerungen selten bleiben. Seit der Mitte des 19. Jh.s setzt sich statt der rechtlichen M. für Unrechtshandlungen die politische M. durch, die den Rücktritt des betreffenden Ministers im Falle eines Misstrauensvotums im Parlament vorsieht. Lit.: Mohl, R. v., Die Verantwortlichkeit der Minister, 1837; Rassow, R., Das Wesen der Ministerverantwortlichkeit, Z. f. d. ges. Staatswiss. 59 (1903), 159; Hoffmann, P., Monarchisches Prinzip und Ministerverantwortlichkeit, 1911; Schnabel, F., Geschichte der Ministerverantwortlichkeit in Baden, 1922; Weckerle, F., Geschichte der Ministerverantwortlichkeit in Bayern, 1930; Greve, F., Die Ministerver-antwortlichkeit, 1977; Popp, P., Ministerverantwortlichkeit und Ministeranklage, 1996 |
4484 | Minne und recht ist eine mittelalterliche, häufig im Schiedsverfahren begegnende Paarformel unbekannter Herkunft für die gütliche oder entscheidungsweise Erledigung einer Streitigkeit. Lit.: Kroeschell, DRG 2; Müller, M., Minne und Dienst in der altfranzösischen Lyrik, 1907; Gaisser, E., Minne und Recht, Diss. jur. Tübingen 1955 (masch.schr.); Hattenhauer, H., Minne und recht, ZRG GA 80 (1963), 325; Krause, H., Consilio et iudicio, FS J. Spörl, 1965, 416 |
4485 | Minoer ist der Angehörige des in Kreta von etwa 3200 v. Chr. bis zum Ende des 2. Jt.s v. Chr. herrschenden Volkes. Lit.: Lesley, F., Die Minoer, 2004 |
4486 | minor (lat. [Adj.]) kleinere, geringere |
4487 | Minorat (N.) Jüngstenrecht |
4488 | Minorit ist der Angehörige eines 1517 von den Franziskanern (Franz von Assissi † 1226) abgetrennten Ordens. Die minoritischen Franziskaner erteilen bereits im Hochmittelalter Rechtsunterricht an den Ordensschulen, von dem →Deutschenspiegel und →Schwabenspiegel beeinflusst sein dürften. Lit.: Trusen, W., Anfänge des gelehrten Rechtes in Deutschland, 1962, 116 |
4489 | Minuccius de Prato veteri, Antonius ist ein in Prato Vecchio bei Florenz 1380 geborener, in Bologna ausgebildeter und zeitweise auch lehrender, 1486 verstorbener Jurist, der die libri feudorum in sechs Büchern neu ordnete Lit.: Lange, H./Kriechbaum, M., Römisches Recht im Mittelalter, Bd. 2 2007, 826 |
4490 | Miquel, Johannes (Neuenhaus 19. 2. 1828-Frankfurt am Main 8. 9. 1901), Familie aus Spanien über Cahors um 1734 nach Deutschland eingewandert, Urgroßvater Fechtmeister in Düsseldorf, Großvater Major, Vater Arzt und Bürgermeister, wird nach dem Rechtsstudium in Heidelberg und Göttingen und der Hinwendung zu demokratisch-sozialistischen Strömungen 1854 Rechtsanwalt und 1857 Kommunalbeamter, 1865 Bürgermeister in Osnabrück. Im Reichstag des Deutschen Reichs setzt er sich für die nationalliberale Rechtsvereinheitlichung ein (Lex Miquel/Lasker 1873, Reichsjustizgesetze 1877/1879). 1880 wird er Oberbürgermeister in Frankfurt am Main, 1890 Finanzminister Preußens (u. a. Einführung der Einkom-mensteuererklärung). Lit.: Köbler, DRG 183; Mommsen, W., Johannes Miquel, 1928; Herzfeld, H., Johannes von Miquel, Bd. 1f. 1938; Pausch, A., Johannes von Miquel, 1964; Kassner, T., Der Steuerreformer Johannes von Miquel, 2001 |
4491 | Mischling ist das von verschiedenartigen Erzeugern abstammende Lebewesen. Im Dritten Reich werden als M. die Abkömmlinge aus jüdisch-arischen Verbindungen bezeichnet, wobei Mischlinge ersten Grades die etwa 72000 Menschen mit einem jüdischen Elternteil, Mischlinge zweiten Grades die etwa 40000 Menschen mit jüdischen Großeltern sind und etwa 8000 Menschen, die sich zum Judentum bekennen, als Geltungsjuden eingestuft werden. Die Mischlinge werden in Schulen benachteiligt, ab 1941 zunehmend aus der Wehrmacht ausgeschlossen und zu Zwangsarbeit verpflichtet. Lit.: Tent, J., Im Schatten des Holocaust, 2007 |
4492 | Mischna (hebr.), Lehre, Wiederholung, ist die aus 63 Traktaten in 6 Ordnungen gebildete Sammlung (gewohnheitsrechtlich erweiterte Wiederholung der alten Gesetze) des jüdischen Lehrstoffes der ersten zwei nachchristlichen Jahrhunderte, die um 200 n. Chr. abgeschlossen wird. Sie wird bis 500 n. Chr. durch Glossen erklärt (Gemara). Lit.: Wesel, U., Geschichte des Rechts, 3. A. 2006 |
4493 | Mischne Tora ist eine klare hebräische Zusammenfassung des jüdischen Rechtes durch →Moses →Maimonides in Ägypten am Ende des 12. Jh.s. Lit.: The Code of Maimonides, 1949ff.; Mischne Tora hu ha-Yad ha-chazaqa, hg. v. Rabbinowitz, M. u. a., 6. A. 1985 |
4494 | miserabilis (lat.) beklagenswert (wie z. B. Waise, Witwe, Kranker, Pilger, Armer) |
4495 | misericordia (lat. F.) Barmherzigkeit Lit.: Rennefahrt, H., Grausamkeit und Mitleid im Rechtsleben des Mittelalters, 1949; Rohls, J., Geschichte der Ethik, 1991 |
4496 | Missetat (F.) Delikt, Unrechtstat, Straftat Lit.: Munske, E., Der germanische Rechtswortschatz, 1973 |
4497 | Missheirat ist die Ehe zwischen Angehörigen verschiedener Stände, wie sie sich bis in das 19. Jh. (Preußen 1869) bzw. 20. Jh. (1919, Preußen 1920) findet. Sie zieht teils rechtliche, teils nur gesellschaftliche Folgen nach sich. Lit.: Pütter, J., Über Missheiraten teutscher Fürsten, 1796; Abt, E., Missheiraten, 1911; Minnigerode, H. Frhr. v., Ebenburt und Echtheit, 1912; Hoyer, E., Die Ehen minderen Rechts, 1926 |
4498 | Missio (F.) canonica (lat.) ist im kirchlichen Recht die vom Papst oder Bischof übertragene Erlaubnis zur Verkündung des Wortes Gottes bzw. im älteren Recht die Übertragung von Rechtsprechungsbefugnissen an Geistliche. Lit.: Feine, H., Kirchliche Rechtsgeschichte, 1950, 5. A. 1972; Erler, A., Kirchenrecht, 5. A. 1983 |
4499 | Missio (F.) in bona (lat.) ist die im klassischen römischen Recht entwickelte Einweisung der siegreichen Partei eines Rechtsstreits in die Güter des Gegners, nach der es meist zum öffentlichen Aufgebot und zum Verkauf aller Güter zugunsten aller Gläubiger an einen einzigen Erwerber (Generalexekution) kommt. Ihr entspricht vielleicht im Frühmittelalter eine gleichartige →Fronung. Seit dem Spätmittelalter wird die m. i. b. im Heiligen römischen Reich aufgenommen. Lit.: Kaser § 82 II 4e, 85 II 2b, 86 III, 87 I 10; Söllner § 8; Köbler, DRG 33 |
4500 | Missive (N.) Sendschreiben |