4421 | Menhir (M.) Dolmen, vorgeschichtliche Steinsäule |
4422 | Menocchio, Jacopo (1532-1607), Steuerpächterssohn, wird nach dem Rechtsstudium in Pavia (Alciat) Professor in Pavia (1556), Mondovi (1561), Padua (1566) und Pavia (1589). Er verfasst zahlreiche privatrechtliche Traktate. Lit.: Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, hg. v. Coing, H., Bd. 1ff. 1973ff., 2,1 1977, 326 |
4423 | Mensch ist das durch Verstand ausgezeichnete Lebewesen. Der moderne M. entsteht wohl in Ostafrika möglicherweise vor 100000 Jahren und wandert vielleicht vor 40000 Jahren nach Südafrika und Asien sowie Europa, wo er anscheinend vor 12000 Jahren im fruchtbaren Halbmond (Zweistromland, Anatolien) erste Hochkulturen entwickelt. Durch zahlreiche Entdeckungen und Erfindungen schwingt er sich zum Herrscher über die Erde auf und setzt für das zwischenmenschliche Verhalten das Recht durch. Lit.: Silies, E., Liebe, Lust und Last. Die Pille, 2011 |
4424 | Menschenraub ist die Straftat, bei der sich der Täter eines Menschen durch List, Drohung oder Gewalt bemächtigt. Bereits die römische (lat.) lex (F.) Fabia de plagiariis (fabisches Gesetz über Straßenräuber, nach 88 v. Chr.) stellt den M. (lat. N. plagium) unter Strafe (Geldstrafe, später Todesstrafe). Die frühmittelalterlichen →Volksrechte sehen (mehrfaches) Wergeld für M. an einem Freien vor. Der →Sachsenspiegel (1221-1224) setzt den M. dem Totschlag gleich. Das deutsche Reichsstrafgesetzbuch (1871) droht (für bestimmte Fälle) Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr an. Lit.: Mommsen, T., Römisches Strafrecht, 1899, Neudruck 1961, 780; Nehlsen, M., Sklavenrecht, 1972, 263; Menschenraub, Menschenhandel und Sklaverei in antiker und moderner Perspektive, hg. v. Heinen, H., 2008 |
4425 | Menschenrecht ist das dem Menschen als solches (gegenüber dem Staat) zustehende angeborene, unveräußerliche, unantastbare Recht. Als Vorläufer allgemeiner, dem Zugriff des Staates entzogener →Grundrechte sehen nach dem Altertum (Stoiker, Cicero) schon im Mittelalter einzelne natur-rechtliche Theoretiker (Thomas von Aquin 1225-1274) Leben, Freiheit und Eigentum. 1776 werden fundamentale Rechte in die amerikanische, von George Mason (1725-1792) entworfene →Virginia Bill of Rights aufgenommen. Davon beeinflusst werden in Frankreich (26. 8. 1789) allgemeine Menschenrechte (Freiheit, Gleichheit, Weltbürgertum) proklamiert. Von den Vereinten Nationen wird (10. 12. 1948) eine (noch) nicht verbindliche (Deklaration) allgemeine Erklärung der Menschenrechte, von den Mitgliedstaaten des Europarates am 4. 11. 1950 eine nach Ratifizierung durch 10 Staaten am 3. 9. 1953 in Kraft getretene Europäische Konvention der Menschenrechte beschlossen. Menschen-rechte als verfassungsrechtlich gewährleistete Rechte jedes Menschen setzen den Bestand einer Verfassung in formellem Sinn voraus. Lit.: Köbler, DRG 191, 246, 255; Jellinek, G., Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, 4. A. 1927; Hartung, F./Commichau, G./Murphy, R., Die Entwicklung der Menschen- und Bürgerrechte, 6. A. 1998; Lauterpacht, H., International Law and Human Rights, 2950; Zur Geschichte der Erklärung der Menschenrechte, hg. v. Schnur, R., 2. A. 1974; Die Menschenrechte, hg. v. Heidelmeyer, W., 3. A. 1982; Thomann, M., Rechtsphilosophie und rechtsgeschichtliche Etappen der Idee der Menschenrechte, FS H. Thieme, 1983; Oestreich, G., Geschichte der Menschenrechte, 2. A. 1978; Begründung der Menschenrechte, hg. v. Müller-Schmid, P., 1986; Frowein, J., Der europäische Menschenrechtsschutz, JuS 1986, 845; Menschen- und Bürgerrechte, hg. v. Klug, U. u. a., 1988; Hofmann, H., Zur Herkunft der Menschenrechtserklärungen, JuS 1988, 841; Birtsch, G. u. a., Grundfreiheiten, Menschenrechte 1500-1850, Bd. 1ff. 1991f.; International Human Rights, hg. v. Ermacora, F. u. a., 1993; Böhme, H., Politische Rechte des Einzelnen in der Naturrechtslehre, 1993; Brieskorn, N., Menschenrechte, 1996; Schmale, W., Archäologie der Grund- und Menschenrechte, 1997; Die Menschenrechte in Deutschland, hg. v. Hutter, F. u. a., 1997; Die Menschenrechte, hg. v. Heidelmeyer, W., 4. A. 1997; Berka, W., Die Grundrechte, 1999; Müller, S., Gibt es Menschenrechte bei Samuel Pufendorf? 2000; Human rights and legal history, hg. v. O’Donovan, K. u. a. 2000; Lamprecht, O., Das Streben nach Demokratie, Volkssouveränität und Menschenrechten in Deutschland am Ende des 18. Jahrhunderts, 2001; Lim, M., Der Begriff der Autonomie und des Menschenrechts bei Kant, 2002; Brade, L., Die Aberkennung der Menschenrechte In Deutschland zwischen 1933–1945, 2001; Blickle, P., Von der Leibeigenschaft zu den Menschenrechten, 2003; Moorman van Kappen, O., Zur holländischen Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1795, ZRG GA 122 (2005), 318; Ludescher, M., Menschenrechte und indigene Völker, 2004; Girardet, K./Nortmann, U., Menschenrechte und europäische Identität, 2005; Meyer-Ladewig, J., Europäische Menschenrechtskonvention, 2. A. 2006; Bloch, T., Die Stellungnahmen der römisch-katholischen Amtskirche zur Frage der Menschenrechte seit 1215, 2008; Wolgast, E., Geschichte der Menschen- und Bürgerrechte, 2009; Moralpolitik - Geschichte der Menschenrechte im 20. Jahrhundert, hg. v. Hoffmann, S., 2010; Snyder, S., Human Rights Activism nd the End of the Cold War, 2011; Davidson, A., The Immutable Laws of Mankind, 2012; Martinez, J., The Slave Trade and the Origins of International Human Rights Law, 2012; Vom Recht auf Menschenwürde, hg. v. Leutheusser-Schnarrenberger, S., 2013 |
4426 | Menschenrechtler ist, wer sich für die Menschenrechte anderer uneigennützig einsetzt, Menschenrechtstümler, wer die Menschenrechte nur als Mittel oder Vorwand für die Verfolgung eigennütziger Ziele (z. B. Bekämpfung der geschiedenen Ehefrau auf dem Weg über das Kind) verwendet. Beides ist seit Anerkennung der Menschenrechte möglich. |
4427 | Menschenwürde ist der innere und zugleich soziale Wert- und Achtungsanspruch, der dem Menschen um seinetwillen zukommt. Die M. schließt unmenschliche Behandlung eines Menschen aus. Sie wird vielleicht im Humanismus der italienischen Renaissance entdeckt und erfunden und seit dem 18. Jh. als Wert gefordert. →Menschenrecht Lit.: Rechtsstaat und Menschenwürde, 1988; Geddert-Steinacker, T., Menschenwürde, 1990; Dietz, G., Menschenwürde bei Homer, 2000; Des Menschen Würde - entdeckt und erfunden im Humanismus der italienischen Renaissance, hg. v. Gröschner, R. u. a., 2008 |
4428 | Mentalität (F.) Geisteshaltung Lit.: Mentalitäten im Mittelalter, hg. v. Graus, F., 1988; Europäische Mentalitätsgeschichte, hg. v. Dinzelbacher, P., 1993; Lepenies, W., Von der Geschichte zur Politik der Mentalität, HZ 261 (1995), 672; Wetz, F., Die Würde des Menschen, 1998 |
4429 | Mentalreservation (lat. reservatio F. mentalis) ist der geheime Vorbehalt. Die M. ist dem Altertum unbekannt. Sie wird im kirchlichen Eherecht des Mittelalters entwickelt (X 4, 1, 26) und geht von dort in das weltliche Recht über. Lit.: Kaser § 8, III; Holzhauer, H., Dogmatik und Rechtsgeschichte der Mentalreservation, FS R. Gmür, 1983, 119 |
4430 | Meran Lit.: Zeindl, G., Meran im Mittelalter, 2009 |
4431 | mercatum (lat. N.) Markt Lit.: Köbler, DRG 77; Köbler, LAW |
4432 | merces (lat. F.) Entgelt Lit.: Kaser § 42 II 1; Köbler, DRG 46 |
4433 | mercennarius (lat. M.) Lohnarbeiter Lit.: Köbler, DRG 57 |
4434 | Merkantilismus (Mirabeau 1763) ist das auf dem Zufluss von Edelmetallen aus dem neu entdeckten Amerika aufbauende wirtschaftspolitische System des 17.-18. Jh.s, in dem der Staat zur Füllung der Staatskasse erstmals aktive Wirtschaftspolitik treibt und dadurch die gewerbliche Tätigkeit fördert (England 1621ff.). Um seinen Reichtum und seine Macht zu stärken, strebt der Staat einen Handelsbilanzüberschuss an. Zu diesem Zweck werden ausländische Fertigwaren mit hohen Einfuhrzöllen abgewehrt und die eigene Ausfuhr von Waren, für deren Herstellung der Staat teilweise Geld, Gebäude oder Baumaterial zur Verfügung stellt, möglichst durch Subventionen unterstützt. Führend wird Frankreich unter dem Finanzminister (1661-1672) Jean-Baptiste Colbert (1619-1683), im Heiligen römischen Reich Preußen. Der M. wird am Ende des 18. Jh.s vom →Liberalismus abgelöst. Lit.: Kroeschell, DRG 2, 3; Köbler, DRG 133, 134; Mannert, L., Die öffentliche Förderung der gewerblichen Produktionsmethoden, 1930; Bog, I., Der Reichsmerkantilismus, 1959; Treue, W., Wirtschaft, Gesellschaft und Technik in Deutschland, 2. A. 1976; Städtewesen und Merkantilismus, hg. v. Press, V., 1982; Gömmel, R./Klump, R., Merkantilisten und Physiokraten, 1994; Gömmel, R., Die Entwicklung der Wirtschaft im Zeitalter des Merkantilismus, 1998; Wallerstein, I., Das moderne Weltsystem II, 1998; Merkantilismus und Globalisie-rung, hg. v. Reinermann, H. u. a., 2000; Monti, A., Der Preis des „weißen Goldes“, 2011 |
4435 | Merkel, Paul Johannes (Nürnberg 01. 8. 1819-Halle 1861), Bürgermeisterssohn, wird nach dem Rechtsstudium in München und Erlangen 1851 außerordentlicher Professor in Königsberg und 1852 ordentlicher Professor in Halle. Er gibt einige Volksrechte heraus. Lit.: Anschütz, A., Zur Erinnerung an Johannes Merkel, ZRG 3 (1864), 193 |
4436 | Merowinger ist der Angehörige eines von einem sagenhaften Vorfahren Mera bzw. von einem Stammvater Merowech hergeleiteten, fränkischen Königsgeschlechts. Merowechs Enkel Chlodwig eint seit 482 die →Franken. Die Nachfahren teilen vielfach auf. 751 wird der merowingische König Childerich III. vom arnulfingischen →Hausmeier Pippin mit Einverständnis des Papstes entmachtet (→Karolinger). Lit.: Kroeschell, DRG; Köbler, DRG 76; Diplomata regum Francorum e stirpe Merowingica, hg. v. Pertz, K., 1872, Neudruck 1981; Sprandel, R., Der merovingische Adel, 1957; Kaufmann, E., Über das Scheren abgesetzter Merowingerkönige, ZRG GA 72 (1955), 177; Bergengrün, A., Adel und Grundherrschaft im Merowingerreich, 1958; Beyerle, F., Das legislative Werk Chilperichs I., ZRG GA 78 (1961), 1; Krüger, H., Das Merowingerreich als Herrschaftsordnung, Diss. jur. Köln 1964; Eckhardt, K., Merowingerblut, 1965; Fournier, G., Les Merovingiens, 1966; Schneider, R., Königswahl und Königserhebung, 1972; Eckhardt, K., Studia Merovigica, 1975; Quellen zur Geschichte des 7. und 8. Jahrhunderts, hg. v. Wolfram, H. u. a., 1982; Köbler, G., Wörterverzeichnis zu den Diplomata regum Francorum e stirpe Merowingica, 1983; Hartung, W., Süddeutschland in der Merowingerzeit, 1983; Ewig, E., Die Merowinger und das Frankenreich, 1988, 4. A. 2001, 5. A. 2006; Kaiser, R., Das römische Erbe und das Merowingerreich, 1993, 2. A. 1997, 3. A. 2004; Weitzel, J., Strafe und Strafverfahren in der Merowingerzeit, ZRG GA 111 (1994), 66; Wood, I., Merovingian Kingdoms, 1994; Karl Martell, hg. v. Jarnut, J. u. a., 1994; Esders, S., Römische Rechtstradition und merowingisches König-tum, 1997; Brühl, C., Merowingische Königsurkunden, 1998; Kölzer, T., Merowingerstudien, Bd. 1f. 1998f.; Scheibelreiter, G., Die barbarische Gesellschaft, 1999; Fouracre, P., The Age of Charles Martel, 2000; Die Urkunden der Merowinger, hg. v. Kölzer, T., 2001; Geary, P., Die Merowinger, 2003; Hartmann, M., Aufbruch ins Mittelalter, 2003; Becher, M., Merowinger und Karolinger, 2008; Fehr, H., Germanen und Romanen im Merowingerreich, 2010; Becher, M., Chlodwig I., 2011 |
4437 | Mesopotamien (Zwischenflussland, Zweistromland) ist das zum fruchtbaren Halbmond gezählte Gebiet zwischen Euphrat und Tigris, in dem im 3. Jt. v. Chr. die Keilschrift erfunden wird. Seine wichtigsten Herrschaften bestehen um Sumer (Sumerer), Akkad (Akkader), Ur, Elam (Elamiter), Assur (Assyrer), Urartu und Babylon (Babylonier). Über die Perser und Alexander den Großen gelangt das Gebiet an die Römer, verödet danach aber und wird erst im 20. Jahrhundert wegen seines Ölreichtums wieder bedeutsam. Lit.: Hrouda, B., Die antiken Kulturen zwischen Euphrat und Tigirs, 1997; Edzard, D., Geschichte Mesopotamiens, 2004; Korn, W., Mesopotamien, 2004 |
4438 | Messe ist der katholische Gottesdienst und davon ausgehend seit dem Mittelalter (Paris, Saint Denis 10. Jh.), vor allem seit dem 11./12. Jh., der daran anschließende Markt. Im Spätmittelalter entwickelt sich hieraus ein System von Messen (z. B. Champagne, Brügge, Genf, Frankfurt am Main, Leipzig). Lit.: Kroeschell, DRG 2; Köbler, DRG 98; Huvelin, P., Essai historique sur le droit des marchés et des foires, 1897; Bassermann, E., Die Champagnermessen, 1911; Die Leipziger Messen und ihre Organisation, hg. v. Leipziger Messamt, 1929; Ammann, H., Neue Beiträge zur Geschichte der Zurzacher Messen, 1930; Döring, R., Handbuch der Messen und Ausstellungen, 1956; Planitz, H., Die deutsche Stadt im Mittelalter, 1954, 5. A. 1980; Europäische Messen, hg. v. Johanek, P. u. a., 1996; Rothmann, M., Die Frankfurter Messen im Mittelalter, 1998; Messen, Jahrmärkte und Stadtentwicklung in Europa, hg. v. Irsigler, F. u. a., 2007 |
4439 | Messina in Nordostsizilien ist die auf eine vorgriechische Siedlung zurückgehende, nach 490 von Zankle nach den neusiedelnden Messiniern umbenannte Stadt. Über Römer, Ostgoten, Oströmer und Sarazenen (843-1061) gelangt M. an die Normannen. 1548 erhält es eine Universität. 1908 wird es durch Erdbeben zu 90% zerstört. Lit.: Capitoli e privilegi di Messina, hg. v. Giardina, C., 1937; Pispisa, E., Messina, 1980 |
4440 | meta Lit.: Stutz, U., Jacob Grimm über die meta des langobardischen Edikts, ZRG GA 44 (1924), 262 |