| *Handschriftenverzeichnis zur Briefsammlung des Petrus de Vinea, bearb. v. Schaller, Hans Martin unter Mitarbeit v. Vogel, Bernhard (= Monumenta Germaniae Historica, Hilfsmittel 18). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2002. XLVI, 584 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Handschriftenverzeichnis zur Briefsammlung des Petrus de Vinea, bearb. v. Schaller, Hans Martin unter Mitarbeit v. Vogel, Bernhard (= Monumenta Germaniae Historica, Hilfsmittel 18). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2002. XLVI, 584 S.
Das Handschriftenverzeichnis setzt sich zum Ziel, eine künftige Ausgabe der bedeutenden, in erhabenem und glanzvollem Stil formulierten, schon um 1270 erstmals zusammengestellten Briefsammlung des als praktisch leitender Minister Friedrichs II. bekannten, wegen Verrats und Bestechlichkeit geblendeten Protonotars und Logotheten Petrus de Vinea (Capua vor 1200-San Miniato April 1249) zu entlasten. Die Edition der Briefsammlung selbst konnte bislang nicht abgeschlossen werden. Da der Herausgeber aber während etwa fünfzig Jahren mit Unterstützung anderer versucht hat, alle neu zur Kenntnis gelangenden Handschriften zu erfassen, ist ihm ein Verzeichnis gelungen, das alle systematisch geordneten, unter dem Namen des Petrus de Vinea laufenden Briefsammlungen und alle ungeordneten, Petrus-de Vinea-Briefe überliefernden Sammlungen sowie sieben die Flores dictaminum des Petrus de Vinea aufweisenden Handschriften enthält.
Insgesamt sind auf diese Weise 246 Handschriften zusammengekommen. Davon liegen 28 heute in der französischen Nationalbibliothek in Paris, 23 in der vatikanischen Bibliothek in Rom, 18 in der bayerischen Staatsbibliothek in München, 15 in der österreichischen Nationalbibliothek in Wien und 14 in der British Library in London. Alles in allem sind rund 100 Bibliotheken als Standorte nachgewiesen.
Geordnet nach der alphabetischen Reihenfolge der Bibliotheksstandorte werden die Handschriften kurz und klar in ihren kennzeichnenden Merkmalen beschrieben. Die in diesem Zusammenhang verwendete Literatur wird im Eingang in einem ausführlichen Literaturverzeichnis dargestellt. Auf das Wesentliche beschränkte Register erfassen die (22) bekannten Schreiber, die ermittelten Vorbesitzer (fast 100 Bibli |
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| *Hartmann, Peter Claus, Kulturgeschichte des Heiligen römischen Reiches 1648 bis 1806 (= Studien zu Politik und Verwaltung 72). Böhlau, Köln 2001. 510 S., Abb. Besprochen von Arno Buschmann. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Hartmann, Peter Claus, Kulturgeschichte des Heiligen Römischen Reiches 1648 bis 1806 (= Studien zu Politik und Verwaltung 72). Böhlau, Köln 2001. 510 S., Abb.
Spätestens seit Jacob Burckhardts „Kultur der Renaissance in Italien“ steht fest, daß eine Kulturgeschichte nicht ohne die Verfassungsgeschichte der Gemeinwesen, innerhalb deren die kulturelle Entwicklung stattfindet, geschrieben werden kann. Die Verfassung bildet den Rahmen für die Entfaltung der Kultur und prägt deren Eigenart, ohne daß letztere allerdings ausschließlich durch die Verfassung bestimmt würde. Religiöse und geistige Einflüsse tragen ebenso zur kulturellen Entwicklung bei wie allgemeine politische Strömungen oder andere Einflußnahmen von außen. Umgekehrt ist nicht zu leugnen, daß die Kultur und deren Entwicklung unübersehbar ihre Spuren auch in der Verfassungsentwicklung hinterlassen haben, so daß im Ergebnis Kulturgeschichte und Verfassungsgeschichte einander wechselseitig beeinflussen und bedingen. All dies zwingt dazu, die Kulturgeschichte im geschichtlich gegebenen Rahmen der Verfassungsentwicklung zu betrachten und, was hier freilich nicht zu Debatte steht, die Verfassungsgeschichte nicht ohne einen Blick auf die Kulturgeschichte zu behandeln.
Für die Entwicklung der Kultur innerhalb des mitteleuropäischen Raumes bedeutet dies, daß die Kulturgeschichte sich an den verfassungsgeschichtlichen Gegebenheiten zu orientieren hat, die für diesen Raum bestimmend waren, will heißen, an der Verfassungsgeschichte des Heiligen Römischen Reiches als dem beherrschenden Gemeinwesen in der politischen Geographie Europas in Mittelalter und Neuzeit. Von dieser Überzeugung geht der Verfasser bei seiner Darstellung der kulturgeschichtlichen Entwicklung für die Zeit von 1648 bis 1806 aus und legt sie seiner Arbeit zugrunde, wobei schon die zeitliche Abgrenzung die Orientierung an der Verfassungsgeschichte erkennen läßt. Denn gerade dieser Zeitraum spielt für die Verfassungsgesc |
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| *Hartmann, Wilfried, Ludwig der Deutsche. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2002. X, 294 S., 8 Ill. Kt. Besprochen von Klaus-Frédéric Johannes. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Hartmann, Wilfried, Ludwig der Deutsche. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2002. X, 294 S., 8 Ill., Kt.
Hier ist aus der Feder des Tübinger Mediävisten Wilfried Hartmann ein besonders gelungenes Werk anzuzeigen; in diesem Band werden Leben und Zeit des lange vernachlässigten Ludwig des Deutschen nahegebracht.
Seit der monumentalen Darstellung Ernst Dümmlers[1] im 19. Jahrhundert war Ludwig dem Deutschen im Grunde genommen keine biographische Würdigung mehr zugekommen, obgleich nicht einmal das Dümmlersche Werk als Biographie bezeichnet werden kann. Jedenfalls fehlte Ludwig in den allermeisten Herrscherdarstellungen völlig, wie auch in vielen übergreifenden Werken kaum dezidiert auf ihn eingegangen wurde.
Wilfried Hartmann zeichnet in seinem Buch jedenfalls ein differenziertes Bild Ludwigs, seiner Zeit, seines Reiches, faßt die bisherige Forschung - an der er ja maßgeblich beteiligt war und ist - zusammen und führt sie weiter.
Das leicht lesbare Buch fungiert nun als Angelpunkt. Einerseits bietet es die konzise Zusammenfassung des heutigen Forschungsstandes[2], andererseits dient es als neue Basis und Anregung für künftige Forschung[3]. Das Werk ist klar gegliedert in vier Großkapitel (1. Einleitung, S. 1; 2. Leben und Regierung Ludwigs des Deutschen, S. 18; 3. Herrschaftsstruktur, S. 123; 4. Schluß, S. 252), die in sich noch einmal feingegliedert sind. Innerhalb der Großkapitel wird dann noch der Bogen gespannt von der Familie zu „Innen- und Außenpolitik“; Sozial-, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte, Rechtsgeschichte wie Kirchenpolitik, innere wie äußere Mission werden genauso dargestellt wie Itinerar und Kanzlei, um nur einige Punkte aufzuzeigen.
In mehrerlei Hinsicht ist dieses Buch ein Glücksfall. Es reißt Ludwig aus dem unverdienten Schatten, in dem er bisher verborgen war, rückt ihn ins Bewußtsein der Forschung, initiiert also wieder neue Forschung zu Ludwig. Andererseits gibt es nun (endli |
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| *Hartmann-Polomski, Carola, Die Regelung der gerichtsinternen Organisation und des Geschäftsgangs der Akten als Maßnahmen der Prozessbeschleunigung am Reichshofrat. Cuvillier, Göttingen 2001. XXV, 174 S., Ill., graph. Darst. Besprochen von Reinhard Schartl. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Hartmann-Polomski, Carola, Die Regelung der gerichtsinternen Organisation und des Geschäftsgangs der Akten als Maßnahmen der Prozessbeschleunigung am Reichshofrat. Cuvillier, Göttingen 2001. XXV, 174 S., Ill., graph. Darst.
Der 1498 von Kaiser Maximilian geschaffene Reichshofrat (RHR) war zunächst zugleich für Regierungs-, Verwaltungs- und Rechtsprechungsaufgaben zuständig, seit Mitte des 16. Jahrhunderts aber auf gerichtliche Funktionen beschränkt. Er stand damit als zweites oberstes Reichsgericht in Konkurrenz zum Reichskammergericht. Anders als dem Reichskammergericht fehlte es dem Reichshofrat an einer das gesamte Verfahrensrecht regelnden Ordnung. Der Reichshofrat bestand aus einem Präsidenten und einer mehrmals geänderten Zahl von Reichshofräten (zwischen 18 und 30), die sich in eine Gelehrten- und eine Herrenbank aufteilten. Das Verfahren vor dem Reichshofrat lief streng schriftlich ab, indem die Parteien zur Vorbereitung der Entscheidung Schriftsätze (Klage, Supplikation, Antragsschrift, Erwiderung, Replik etc.) wechselten. Die Entscheidungen fielen in Plenarsitzungen aufgrund von durch einen oder zwei Referenten vorgetragene Relationen.
Wie auch beim Reichskammergericht wurde beim Reichshofrat von Anfang an eine möglichste Verfahrensbeschleunigung angestrebt. Hartmann-Polomski untersucht in der zu besprechenden Arbeit, wie im reichshofrätlichen Verfahren die Dauer der Prozesse außerhalb der Prozessgrundsätze (wie etwa der Eventualmaxime) durch eine funktionierende Gerichtsorganisation und eine geregelte geschäftsmäßige Erledigung der Akten verkürzt wurde. Als Quellen dienten ihr in erster Linie die Reichshofratsordnungen von 1559, 1617 und 1654, die Reichshofrats-Instruktion von 1594, mehrere Dekrete, das so genannte Mainzer Konzept zur Reichshofratsordnung von 1617 und andere vorbereitende Stellungnahmen, Erklärungen und Gutachten, weiterhin Wahlkapitulationen und schließlich zeitgenössische Literatur des 18. Jahrhunderts. |
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| *Hense, Thomas, Konrad Beyerle. Sein Wirken für Wissenschaft und Politik in Kaiserreich und Weimarer Republik (= Rechthistorische Reihe 256). Lang, Frankfurt am Main 2002. 273 S. Besprochen von Adolf Laufs. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Hense, Thomas, Konrad Beyerle. Sein Wirken für Wissenschaft und Politik in Kaiserreich und Weimarer Republik (= Rechthistorische Reihe 256). Lang, Frankfurt am Main 2002. 273 S.
Das wissenschaftliche Werk des Rechtshistorikers, Politikers der Bayerischen Volkspartei und Staatsrechtlers Konrad Beyerle (1872-1933) dürfte den Lesern dieser Zeitschrift noch bekannt sein: die rechtshistorischen Arbeiten zur Konstanzer und Kölner Stadtgeschichte, die kulturgeschichtlich wertvollen Reichenau-Forschungen, die Edition der Lex Baiuvariorum, die Herausgabe der Deutschrechtlichen Beiträge. (Die umfängliche Bibliographie im Anhang). Der 1899 in Freiburg im Breisgau habilitierte, 1902 nach Breslau, 1905 nach Göttingen und 1918 nach München berufene Rechtshistoriker hat als maßvoller Mann der Mitte in der verfassunggebenden deutschen Nationalversammlung und - 1920 bis 1924 - als Mitglied des Reichstages politisch gewirkt. Einen festen Platz im Gedächtnis der Verfassungshistoriker hat er sich durch seine maßgebende Mitarbeit am zweiten Hauptteil der Weimarer Verfassungsurkunde mit den Grundrechten und Grundpflichten erworben. Eine umfassende und erschöpfende Biographie hat der verdienstvolle Mann freilich noch nicht erfahren. Die Darstellung des Rezensenten (Konrad Beyerle - Leben und Werk, in: Gestalten und Probleme katholischer Rechts- und Soziallehre. Rechts- und staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft, 1977) konnte nicht alle Zeugnisse heranziehen und auswerten. Um so begrüßenswerter erscheint nun die von Hermann Nehlsen angeregte und geförderte Münchener juristische Dissertation, die eine Fülle neuer Quellen erschließt. Auch der Anhang bietet eine ganze Reihe interessanter archivalischer Dokumente. Der Autor liefert eine Biographie Konrad Beyerles, „die seine mittlere Schaffensperiode als politischer Professor und christlich-katholischer Politiker in den Jahren des Ersten Weltkriegs und der Weimarer Republik, insbesondere seine Mitar |
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| *Herbers, Klaus, Der Jakobsweg. Mit einem mittelalterlichen Pilgerführer unterwegs nach Santiago de Compostela, 7. Aufl. Narr, Tübingen 2001. 232 S. Besprochen von Thomas Gergen. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Herbers, Klaus, Der Jakobsweg. Mit einem mittelalterlichen Pilgerführer unterwegs nach Santiago de Compostela, 7. Aufl. Narr, Tübingen 2001. 232 S.
Der Liber Sancti Jacobi ist ein aus dem 12. Jahrhundert stammendes Sammelwerk, das Predigten, eine Kollektion von Wundergeschichten, die Jakobuslegende und einen Bericht über den Zug Karls des Großen nach Spanien enthält. Der fünfte Teil dieses Buches gilt schließlich der praktischen Anleitung und wird deshalb nicht zu unrecht als „Pilgerführer“ bezeichnet. Er ist nicht nur religions- und kulturhistorisches Dokument, sondern gleichermaßen für den Rechtshistoriker von Interesse, da er Buß- und Strafvorschriften enthält. Zum Beispiel kann ein Priester jemand wegen seiner Vergehen auf Pilgerschaft schicken und ihn somit gleichsam ins Exil verbannen. Hintergrund ist, dass der Pilger durch die Gnade Christi gerettet werden kann, wenn er seine Sünden aufrichtig bekannt hat und die auferlegte Buße durchführt. Der Verfasser des Pilgerführers berichtet über verschiedene einschlägige Laster, die er sehr deutlich verdammt. Hier stehen insbesondere die Wirte im Vordergrund; solche, die den Bürgern beste Betten versprechen und ihnen schlechte geben oder ihren Gästen besten Wein ausschenken, um sie betrunken zu machen, um dann während ihres Schlafes von ihnen Geldbeutel, Taschen und andere mitgeführte Gegenstände zu entwenden. Der ganz schlechte Wirt reicht den Pilgern todbringende Getränke, um sich ihrer Habe zu bemächtigen. Ebenso sollen jene bestraft werden, die ein Fass unterteilen und es mit zwei verschiedenen Weinen füllen, von denen sie zunächst den besseren den Pilgern zur Probe anbieten, dann jedoch nach dem Essen den schlechteren Wein aus dem zweiten Teil des Fasses servieren. An anderer Stelle verdammt der Pilgerführer die Wirtsmägde, die sich aus Hurerei und Geldgier auf teuflisches Geheiß nachts den Pilgerbetten zu nähern pflegen. Diese Dirnen werden nicht nur exkommuniziert, sondern von allen gep |
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| *Hexenprozesse und Gerichtspraxis, hg. v. Eiden, Herbert/Voltmer, Rita (= Trierer Hexenprozesse - Quellen und Darstellungen 6). Paulinus, Trier 2002. VII, 621 S. Ill. Besprochen von Daniela Müller. ZRG GA 121 (2004) |
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Bei dem im wahrsten Sinne des Wortes „gewichtigen“ Sammelband des Sonderforschungsbereichs „Zwischen Maas und Rhein: Beziehungen, Begegnungen und Konflikte in einem europäischen Kernraum von der Spätantike bis zum 19. Jahrhundert“ handelt es sich erneut, nach vorausgegangenen 5 Bänden, um ein fundiertes, spannende Forschungszugänge referierendes Werk, das sowohl bekannte, schon in Buchform vorgestellte Ergebnisse referiert wie auch neue Zusammenhänge und Fragestellungen beinhaltet.
Auffallend ist die internationale Ausrichtung der Beiträge; der Bogen spannt sich von belgischen, niederländischen, englischen österreichischen über amerikanische bis zu deutschen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen. Der thematisch vorgestellte geographische Raum erstreckt sich von Kurtier, der Reichsabtei St. Maximin über die Herzogtümer Lothringen und Luxemburg, das Fürstbistum Lüttich, die Grafschaft Flandern, Holland und Brabant, die Reichsstadt Rothenburg ob der Tauber bis nach Österreich. Durch die Untersuchung der Rolle einerseits übergeordneter weltlicher Instanzen kommen zudem das Parlament von Metz sowie das Reichskammergericht in den Blick, sowie andererseits die geistliche Institutionen im Hexereiverfahren durch die in Italien tätige Inquisition.
Die große Spannbreite der Beiträge wird rund um die Frage konzentriert, wie sich die Wechselwirkung zwischen Norm und Praxis, landesherrlich-staatlicher Rechtsdurchsetzung und willkürlich-gewohnheitsrechtlicher Verfahrensrealität in Hexenprozessen konkret gestaltete. Hierfür werden zunächst die Verfahrensebenen und ihre hierarchische Ordnung in den einzelnen geographischen Räumen aufgezeigt, um sodann die Auswirkungen dieser Normen auf die Praxis der Hexenprozesse zu untersuchen.
Nach einer kurzen, prägnanten Einle |
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| *Hexenverfolgung und Regionalgeschichte. Die Grafschaft Lippe im Vergleich, hg. v. Wilbertz, Gisela/Schwerhoff, Gerd/Scheffler, Jürgen (= Studien zur Regionalgeschichte 4 = Beiträge zur Geschichte der Stadt Lemgo 4). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 1994. 363 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Hexenverfolgung und Regionalgeschichte. Die Grafschaft Lippe im Vergleich, hg. v. Wilbertz, Gisela/Schwerhoff, Gerd/Scheffler, Jürgen (= Studien zur Regionalgeschichte 4 = Beiträge zur Geschichte der Stadt Lemgo 4). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 1994. 363 S.
Wenn ein Lehrer am Ende seiner Zeit sein Amt schließt, kann er auch unabgeschlossene Überreste hinterlassen. Sie verdienen gleichwohl die Einbindung in den allgemeinen Forschungszusammenhang. Deswegen sollen auch dem unvermuteten Rückläufer wenigstens einige verspätete Zeilen gewidmet werden.
Der Sammelband vereinigt insgesamt 17 Beiträge ausgewiesener Spezialisten zur bekannten, längst noch nicht erschöpften Thematik. Jürgen Scheffler, Gerd Schwerhoff und Gisela Wilbertz leiten gemeinsam in Umrisse und Themen der Hexenforschung in der Region ein. Danach geht es um Konzeptionen und Methoden, um Lemgo und Lippe und abschließend um einen Vergleich.
Ausgangspunkt des kurzen amtlichen Geleitwortes ist die Benennung Lemgos als Hexennest. Sie unterstellt, dass Lemgo mit Lippe zu den Zentren der Hexenverfolgung in Deutschland gehörten. Der Aufarbeitung dieses, mehr als 200 Frauen und Männer vernichtenden menschlichen Verhaltens dienen seit Jahrzehnten verstärkte Forschungen.
In ihrem Zusammenhang weist der erste einführende Gemeinschaftsbeitrag darauf hin, dass in Lemgo 1715 das sog. schwarze Buch, in dem alle Anschuldigungen von Hexen gesammelt worden waren, öffentlich auf dem Marktplatz verbrannt wurde, um die Abkehr von diesem Treiben jedermann vor Augen zu führen. Das war nur gut zweihundert Jahre nach dem ersten bekannten Zaubereiprozess, der in Lemgo 1509 gegen vierzehn Frauen und einen Scholastikus wegen des Todes einer Frau geführt worden war und mit der Hinrichtung siebener Gefangener geendet hatte. Aus dieser Zeitspanne finden sich insgesamt 209 noch erhaltene Prozessakten, eine der umfangreichsten lokalen Überlieferungen zur Geschichte des Hexenp |
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| *Heydenreuter, Reinhard, Kriminalgeschichte Bayerns. Von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert. Pustet, Regensburg 2003. III, 365 S. Besprochen von Ilse Reiter-Zatloukal. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Heydenreuter, Reinhard, Kriminalgeschichte Bayerns. Von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert. Pustet, Regensburg 2003. III, 365 S.
Die vorliegende Publikation hat sich – angesichts des behandelten Zeitraumes auf durchaus knappem Raum – eine geschichtliche Darstellung der bayerischen Strafrechtspflege von den Stammesrechten bis in die Zwanzigerjahre des 20. Jahrhunderts zum Ziel gesetzt, wobei der Verfasser – infolge seiner intensiven Archivstudien für diesen Raum – den geographischen Schwerpunkt auf das Herzogtum und Kurfürstentum Bayern legt. Der zeitliche Schwerpunkt der Darstellung liegt im 16. und 17. Jahrhundert, da es eines der Hauptanliegen des Autors ist, zu beweisen, dass in dieser Zeit der „moderne Staat ... nicht zuletzt auch als Strafrechtsstaat entstanden ist und daß wir unser heutiges Untertanenbewußtsein der ,Verstrafrechtlichung‘ dieser Jahrhunderte zu verdanken haben“ (S.12, – was freilich bereits durch Studien anderer Autorinnen und Autoren als erwiesen angesehen werden darf).
Dementsprechend stehen dem ersten Kapitel (S. 13–55), in dem das mittelalterliche Strafrecht („Vom Stammesrecht zum Ewigen Landfrieden“) behandelt wird, vier Kapitel zur frühen Neuzeit gegenüber, in denen der Verfasser zahlreiche bisher unveröffentlichte Archivquellen auswertet und teilweise auch wörtlich wiedergibt, und zwar „Strafgesetzgebung in der frühen Neuzeit. Herrschen durch Strafen“, „Was war früher alles strafbar? Zur Geschichte der Straftatbestände“, „Wem wurde der Prozeß gemacht? Das Malefizverfahren im Herzogtum und Kurfürstentum Bayern 1500–1800“ sowie „Zwischen Galgen und Geld. Die Kriminalstrafen vom 16. bis zum 18. Jahrhundert“. Es folgt sodann das Kapitel „Biedermeier und Revolutionen“, das einen kurzen Überblick über die Strafrechtspflege in Bayern im 19. und frühen 20. Jahrhundert gibt (S. 270–313). Eine Zusammenfassung („Vom ,humanen‘ Mittelalter über den ,Strafstaat‘ des 16. und 17. Jahrhunderts zum modernen schlechten G |
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| *Himmlers Hexenkartothek. Das Interesse des Nationalsozialismus an der Hexenverfolgung, hg. v. Lorenz, Sönke/Bauer, Dieter R./Behringer, Wolfgang/Schmidt, Jürgen Michael in Zusammenarbeit mit dem Institut für geschichtliche Landeskunde und historische Hilfswissenschaften der Universität Tübingen (= Hexenforschung 4), 2. Aufl. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2000. X, 197 S. Besprochen von Harald Maihold. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Himmlers Hexenkartothek. Das Interesse des Nationalsozialismus an der Hexenverfolgung, hg. v. Lorenz, Sönke/Bauer, Dieter R./Behringer, Wolfgang/Schmidt, Jürgen Michael in Zusammenarbeit mit dem Institut für geschichtliche Landeskunde und historische Hilfswissenschaften der Universität Tübingen (= Hexenforschung 4), 2. Aufl. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2000. X, 197 S.
Zwei Jahre nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten in Deutschland, 1935, wurde auf Veranlassung des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler innerhalb des Sicherheitsdienstes der SS ein sonderbares Projekt in Angriff genommen, der „H-Sonderauftrag“. Acht „SS-Forscher“ wurden darauf angesetzt, in über 260 Archiven und Bibliotheken nach den verbliebenen Zeugen der Hexenverfolgung des 16. und 17. Jahrhunderts zu suchen und sie systematisch auszuwerten. 1939, als der Sicherheitsdienst der SS gemeinsam mit Kriminalpolizei und Gestapo unter dem Dach des „Reichssicherheitshauptamtes“ zusammengefaßt wurde, lief die Arbeit des „H-Sonderauftrag“ in der „Abteilung für Grundlagenforschung“ fort. Neun Jahre dauerten die Forschungen, bis das Projekt 1944 aus Kriegsgründen aufgegeben wurde. Ergebnis dieser neunjährigen Suche ist neben einer umfangreichen Bibliothek auch eine Kartei mit insgesamt 33.846 Erhebungsbögen zu einzelnen Hexenprozessen, die sich heute im Woiwodschaftsarchiv im polnischen Poznan befindet. Der vorliegende, zuerst 1999 publizierte Sammelband, der auf eine Tagung des Arbeitskreises Interdisziplinäre Hexenforschung aus dem Jahre 1988 zurückgeht, untersucht die Motivationen und Hintergründe dieses Projekts sowie seine Brauchbarkeit für die moderne Hexenforschung.
Barbara Schier und Wolfgang Brückner stellen zunächst die unterschiedlichen Strömungen der Hexen- und der allgemeinen Volkskundeforschung im Nationalsozialismus dar. Demnach gab es im wesentlichen zwei Auffassungen zum Hexenwahn und zum Germanenbild allgemein. Der ersten, auf Alfred Ros |
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| *Historisches Ortsnamenbuch von Sachsen, hg. v. Eichler, Ernst/Walther, Hans, bearb. v. Eichler, Ernst/Hellfritzsch, Volkmar/Walther, Hans/Weber, Erika (= Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte 21) Band 1 A-L, Band 2 M-Z, Band 3 Apparat und Register. Akademie-Verlag, Berlin 2001. XL, 634, 681, 397 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Historisches Ortsnamenbuch von Sachsen, hg. v. Eichler, Ernst/Walther, Hans, bearb. v. Eichler, Ernst/Hellfritzsch, Volkmar/Walther, Hans/Weber, Erika (= Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte 21) Bd. 1 A-L, Bd. 2 M-Z, Bd. 3 Apparat und Register. Akademie-Verlag, Berlin 2001. XL, 634, 681, 397 S.
Das gesprochene Wort der vorschriftlichen Zeit ist ohne erkennbaren Rückstand verhallt. Demgegenüber sind natürliche Gegebenheiten über lange Zeit nur wenig verändert worden. Namen von Siedlungen, Gewässern oder Gebirgen reichen deshalb vielleicht oft vor die Zeit ihrer ersten Aufzeichnung zurück.
Aus diesem Grund erfreuen sich Ortsnamensbücher seit langem besonderen historischen Interesses. Sich ihm zu widmen, war auch in Sachsen nach dem Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland verstärkt möglich. Deswegen beschlossen die Herausgeber in Verwertung zahlreicher Einzelstudien ein Nachschlagewerk für den Ortsnamensschatz Sachsen, das sie im Herbst 1992 begannen und 2000 abschlossen.
In seiner jetzigen ansprechenden Gestalt umfasst es rund 5300 Siedlungsnamen in den Grenzen des gegenwärtigen Freistaates Sachsen. Einbezogen sind dabei erfreulicherweise auch die Namen später wüst gewordener Siedlungen. Über das heutige Sachsen greift das Werk wegen der früheren Zugehörigkeit des jetzigen thüringischen Kreises Altenburg zum ehemaligen Reichsterritorium Pleißenland und zum wettinischen Sachsen sogar noch hinaus.
Eine wichtige Grundlage bildete dabei Karlheinz Blaschkes Historisches Ortsverzeichnis von Sachsen aus dem Jahre 1957, das freilich die seit 1815 nicht mehr sächsischen Kreise Delitzsch, Eilenburg und Torgau ausgeschlossen hatte. Seine Daten sind auf einen neueren Stand gebracht. Beide Werke ergänzen sich somit hinsichtlich der Siedlungs- und Verwaltungsentwicklung, während die Benennungsentwicklung erstmals umgreifend erfasst wird..
Rund drei Fünftel der Ortsnamen |
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| *Hoheitliches Strafen in der Spätantike und im frühen Mittelalter, hg. v. Weitzel, Jürgen (= Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas, Symposien und Synthesen 7). Böhlau, Köln 2002. VII, 266 S. Besprochen von Mathias Schmoeckel. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Hoheitliches Strafen in der Spätantike und im frühen Mittelalter, hg. v. Weitzel, Jürgen (= Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas, Symposien und Synthesen 7). Böhlau, Köln 2002. VII, 266 S.
Anzuzeigen ist ein wichtiges Buch. Hermann Nehlsen hatte schon 1983 in seinem Aufsatz zur Entstehung des öffentlichen Strafrechts ein anderes Bild der Strafrechtspflege des frühen Mittelalters entworfen, wonach es in den germanischen Staaten auch hoheitliche Elemente der Strafrechtspflege gab, soweit dies den Gesellschaften opportun und durchführbar erschien. Damit wurde das traditionelle Bild entmythologisiert und stärker historisiert. Seither ist das Thema jedoch nur wenig bearbeitet worden, umso mehr wirken etablierte Meinungen zu dieser Epoche. Aus diesem Grund ist es ein verdienstvolles Werk, dass Jürgen Weitzel ausgesuchte Kenner der Materie versammelt hat, um ein neues Verständnis der frühen Strafrechtsgeschichte vorzubereiten.
Nach der Einleitung Jürgen Weitzels beginnt Detlef Liebs mit einer Darstellung des spätrömischen Straf- und Strafverfahrensrechts. Er zeigt dabei die Verrohung und Brutalisierung des Strafrechts auf, welche die Übernahme der Herrschaft durch germanische Könige erst möglich machte. Einleuchtend ist, dass gerade aufgrund des christlichen Einflusses die Strafhöhe und –folgen abschreckender gestaltet wurden. Beeindruckend sind an diesem Beitrag sowohl der umfassende Überblick als auch der Reichtum der Aspekte, welche Liebs liefert. Allenfalls hätte wäre noch die Einbeziehung des Militärstrafrechts interessiert gewesen, welche W.-E. Voss 1995 vorgestellt hat.
Nach dieser römisch-rechtlichen Grundlegung stellt Gerhard Dilcher das langobardische Recht, seine Gesetzgebung und insbesondere sein Strafrecht vor. Es handelt sich um eine gesetzesnahe Darstellung, die der Materie durch die stärkere Berücksichtigung der Stellung der Frau ein neues Profil zu verleihen versteht. Dilcher betont die |
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| *Howe, Marcus, Karl Polak. Parteijurist unter Ulbricht (= Ius commune, Sonderhefte, Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 149). Klostermann, Frankfurt am Main 2002. XII, 332 S. Besprochen von Christian Friedrich Schroeder. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Howe, Marcus, Karl Polak. Parteijurist unter Ulbricht (= Ius Commune Sonderheft 149). Klostermann, Frankfurt am Main 2002. XII, 332 S.
Karl Polak war der „Kronjurist“ der SED, war maßgeblich an der Entwicklung der Staatslehre der SED beteiligt und verfaßte die berüchtigte Rede Walter Ulbrichts auf der Babelsberger Konferenz von 1958, die zur völligen Gleichschaltung der Staats- und Rechtswissenschaft der DDR führte. Die Anregung zu dieser interessanten Biographie verdanken wir Uwe Wesel, der schon so oft erfolgreich über die Grenzen seines Ausgangsfachs, der römischen Rechtsgeschichte, hinausgegangen ist. Die Arbeit stützt sich auf das SED-Parteiarchiv, das Universitätsarchiv Leipzig und andere Quellen. Bedauerlicherweise leidet die Biographie an einer Lücke: Der Nachlaß Polaks wurde von dessen Familie dem früheren Direktor des Instituts für Theorie des Staates und Rechts an der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ in Potsdam-Babelsberg zur ausschließlichen Auswertung anvertraut. So kann Howe den Grund für die überraschende Emigration des Sohnes wohlhabender jüdischer Eltern, der eben noch bei Erik Wolf mit „Studien zu einer existenzialen Rechtslehre“ promoviert hatte, 1933 in die Sowjetunion nur vermuten, und zwar in der Liebe zu einer Kommunistin, die er kurz darauf in Moskau heiratete. Auch die Jahre in der Sowjetunion bleiben weitgehend im Dunkeln. Überraschend fand Polak, obwohl noch ohne russische Sprachkenntnisse, Anstellung bei zwei führenden juristischen Instituten[1]. In einem panegyrischen Nachruf auf Wyschinski, den unmenschlichen Generalstaatsanwalt in den Schauprozessen der dreißiger Jahre[2], erklärte er diesen 1954 nicht nur zum „größten Rechts- und Staatstheoretiker unserer Epoche“, sondern auch, er habe an Diskussionen mit Wyschinski teilgenommen. Daß er von den Verfolgungen der deutschen kommunistischen Emigranten in der Sowjetunion ausgenommen blieb, erweckt Argwohn. In der Evakuierung n |
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| *Hussong, Ulrich, Jacob Grimm und der Wiener Kongress. Mit einem Anhang größtenteils unveröffentlichter Dokumente (= Schriften der Brüder-Grimm-Gesellschaft neue Folge 33). Brüder-Grimm-Gesellschaft, Kassel 2002. 256 S., Ill. Besprochen von Elmar Wadle. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Hussong, Ulrich, Jacob Grimm und der Wiener Kongress. Mit einem Anhang größtenteils unveröffentlichter Dokumente (= Schriften der Brüder-Grimm-Gesellschaft N. F. 33). Brüder-Grimm-Gesellschaft, Kassel 2002. 256 S., Ill.
Etwa neun Monate lang amtierte der Legationssekretär Jacob Grimm als Mitglied der kleinen, drei Köpfe umfassenden kurhessischen Delegation auf dem Wiener Kongress. Der Tätigkeit Grimms in dieser kurzen Zeitspanne gilt der mit akribischer Genauigkeit recherchierte Bericht Hussongs. In den offiziellen Akten tritt Grimm zumeist „durch seine schöne und schwungvolle Handschrift“ (S. 29) hervor; eine direkte Einflussnahme auf den Inhalt der Berichte oder gar die Verhandlungen selbst ist so gut wie nicht zu ermitteln. Grimm hatte insoweit keine gestaltende Rolle; er beklagte sich laut genug darüber, dass er oft nur als bloßer Kanzlist Verwendung finde. Dass Grimm neben der amtlichen Tätigkeit seiner Liebe zu den Musen treu geblieben ist, sei eigens festgehalten, spielt aber in Hussongs Werk eine eher untergeordnete Rolle. Um so aufwendiger wird über das amtliche Umfeld der Wiener Zeit berichtet. Die Gesandten Dorotheus Ludwig Christoph Graf von Keller und der Geheime Regierungsrat Georg Ferdinand Freiherr von Lepel, ihr Werdegang, ihre Stellung am Kongress und ihre spätere Verwendung finden ebenso breite Beachtung wie manch andere Einzelheit zur Organisation und Ablauf des Kongresses; insoweit ist die Arbeit nützlich, aber nicht immer originell, da sie sich mit Recht auf eine reiche ältere und jüngere Literatur stützen kann[1]. In einer Hinsicht verdient das Buch freilich besondere Aufmerksamkeit: Jacob Grimms Kritik an dem von den beiden Brüdern von Marschall, den Gesandten Hessen-Homburgs und Badens, erarbeiteten „Entwurf einer künftigen Verfassung Deutschlands (Anfang Dezember 1814)“ wird zu Recht als bedeutendes, wenngleich nicht sehr einflussreiches Zeugnis des politischen Engagements präsentiert. Unter jedem nur wünschenswerte |
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| *Immunität und Landesherrschaft. Beiträge zur Geschichte des Bistums Verden, hg. v. Kappelhoff, Bernd/Vogtherr, Thomas unter Mitarbeit v. Ehrhardt, Michael/Mindermann, Arend (= Schriftenreihe des Landschaftsverbandes der ehemaligen Herzogtümer Bremen und Verden 14). Verlag des Landschaftsverbandes der ehemaligen Herzogtümer Bremen und Verden e. V., Stade 2002. XI, 265 S. Besprochen von Werner Rösener. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Immunität und Landesherrschaft. Beiträge zur Geschichte des Bistums Verden, hg. v. Kappelhoff, Bernd/Vogtherr, Thomas unter Mitarbeit v. Ehrhardt, Michael/Mindermann, Arend (= Schriftenreihe des Landschaftsverbandes der ehemaligen Herzogtümer Bremen und Verden 14). Verlag des Landschaftsverbandes der ehemaligen Herzogtümer Bremen und Verden e. V., Stade 2002. XI, 265 S.
Am 14. Juni 849 verlieh König Ludwig der Deutsche dem Bischof Waldgar von Verden und seinem Bistum erstmals die Immunität und den Königsschutz. Damit hatte das Bistum Verden seine Anfangsphase als Missionsbistum hinter sich gebracht und war den übrigen Bistümern des Karolingerreiches gleichgestellt. Es besaß von nun an neben den geistlichen Rechten auch weltliche Herrschaftsrechte und unterstand durch sein Immunitätsprinzip nicht mehr den Gerichten der königlichen Grafen. Zum 1150jährigen Jubiläum dieses Ereignisses fand am 16. Juni 1999 in Verden ein Kolloquium statt, dessen Vorträge und weitere Beiträge zur Geschichte des Bistums Verden im vorliegenden Sammelband publiziert werden. Zur Mitte des 9. Jahrhunderts nahm das Bistum Verden, das am nördlichen Rand des Karolingerreiches lag und in gewisser Hinsicht von dem benachbarten Erzbistum Hamburg-Bremen umklammert war, zweifellos keine herausragende Stellung in der fränkischen Reichskirche ein. Es zählte vielmehr zu den weniger bedeutenden Bistümern, die weder durch ihre Lage noch durch ihre weltliche Kraft ein Gewicht für sich beanspruchen konnten. Diese relativ geringe Bedeutung des Bistums Verden in der fränkischen und deutschen Reichskirche hat sichtbare Auswirkungen auf die historisch Forschung gehabt, da das Bistum Verden und seine Bischöfe von der Geschichtswissenschaft stark vernachlässigt worden sind. Man war lange Zeit auf die veraltete Gesamtdarstellung zur Bistumsgeschichte Verdens aus dem Jahre 1830/34 und auf eine Dissertation zur Verdener Geschichte des Mittelalters von 1905 angewiesen, wollte man sich notdürf |
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| *Imperium Romanum - irregulare corpus - Teutscher Reichs-Staat. Das alte Reich im Verständnis der Zeitgenossen und der Historiographie, hg. v. Schnettger, Matthias (= Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz, Beiheft 57). Philipp von Philipp von Zabern, Mainz 2002. XI, 336 S., 16 Abb. Besprochen von Adolf Laufs. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Imperium Romanum – irregulare corpus – Teutscher Reichs-Staat. Das Alte Reich im Verständnis der Zeitgenossen und der Historiographie, hg. v. Schnettger, Matthias (= Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz, Beiheft 57). Philipp von Zabern, Mainz 2002. XI, 336 S., 16 Abb.
In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Ende der Diktatur in Deutschland hat die Erforschung des „Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation“ bekanntlich einen großen Aufschwung genommen. Es erschien eine Vielzahl von Quellenstudien zu den inneren und äußeren Geschicken des Alten Reiches, über dessen Institutionen und Akteure. Nicht wenige Rechtshistoriker und Historiker haben sich mit ihren Publikationen über das Reich einen Namen in der Geschichtswissenschaft gemacht. Das im Lichte des Aufstiegs des kleindeutschen National- und Machtstaates durch eine borussophile Historiographie entworfene Bild von der Zeit des Alten Reiches als einer Dekadenzphase der deutschen Geschichte verblasste angesichts einer Fülle neuer Erkenntnisse und Einsichten. Dennoch hält das Alte Reich noch immer Fragen an den Verfassungs- und Rechtshistoriker bereit, darunter diejenige nach dem typologischen Begriff, nach dem Deutungsmodell dieses eigentümlichen Gebildes in der Mitte Europas.
Der vorliegende Sammelband geht zurück auf eine Tagung, die im September 2001 am Institut für Europäische Geschichte zu Mainz, also an einem wichtigen Standort für die Erforschung der Reichsgeschichte stattfand. Das gut ausgestattete Buch hat vier Teile: Das Alte Reich im Urteil der Zeitgenossen; das Alte Reich in der Historiographie; Aktuelle Forschungstendenzen; Diskussionsbeiträge. Am interessantesten wohl für viele Leser die beiden letzten Teile, in denen es um unseren Begriff vom Alten Reich geht. Die verschiedenen vorgetragenen Perspektiven und Positionen haben alle – jede auf ihre Weise – ihre Plausibilität, ohne daß sich eine von ihnen als stringent richtig erw |
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| *Jansen, Nils, Die Struktur des Haftungsrechts. Geschichte, Theorie und Dogmatik außervertraglicher Ansprüche auf Schadensersatz (= Jus privatum 76). Mohr (Siebeck), Tübingen 2003. XXI, 703 S. Besprochen von Thomas Hoeren. ZRG GA 121 (2004) |
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I. Wenn einer aus der Zimmermannsschule stammt, erwartet man Großes von ihm. Reinhard Zimmermann, grand seigneur und enfant terrible des modernen Zivilrechts, prägt mit vielfältigen Überlegungen zum europäischen Zivilrecht sowohl stilistisch wie auch inhaltlich einmal die Diskussion um eine Reform des bürgerlichen Rechts im Lichte der Rechtsgeschichte und der europäischen Rechtsangleichung. Und nun legt Nils Jansen, ein ebenso brillanter Schüler Zimmermanns, seine Habilitationsschrift vor, die die eigenwillige Handschrift ihres Autors und dessen Mentors sofort erkennen lässt. Jansen hat sich dem deutschen Haftungsrecht angenommen. Und damit sich auch eines der umstrittensten und gefürchtetsten Gebiete des Zivilrechts ausgesucht, dessen Strukturen seit Jahrhunderten im Dunkeln liegen. Das Ziel der Untersuchung ist anspruchsvoll formuliert: „Das deutsche Haftungsrecht stellt sich heute zersplittert und wertungsmäßig inkohärent dar. Angesichts dieser Tatsache erstellt Nils Jansen eine historisch und theoretisch angelegte Grundlagenuntersuchung zum geltenden Haftungsrecht. Auf Grund dieser Untersuchung erfolgt schließlich eine dogmatische Grundlegung des Haftungsrechts, die zu einem zusammenfassenden, regelförmig formulierten „Restatement“ des tatsächlichen heutigen Rechtszustandes führt und eine Auseinandersetzung mit den Projekten zur Formulierung eines künftigen europäischen Haftungsrechts enthält“. Soweit der Klappentext des Buches. Und was hält die Arbeit von diesem hohen Anspruch?
II. Der Verfasser beginnt seine Untersuchung mit einem zunächst allgemein gehaltenen Hinweis darauf, dass es an einer adäquaten Dogmatik des Haftungsrechts fehle (S. 27ff.). Im ersten größeren Abschnitt folgt dann eine Überlegung zu drei verschiedenen normtheoretisc |
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| *Jordan, Stefan Jens, Leben und Werk des Tübinger Rechtsprofessors Wilhelm Gottlieb Tafinger 1760-1813 (= Rechtshistorische Reihe 269). Lang, Frankfurt am Main 2003. XIII, 253 S. Besprochen von Gunter Wesener. ZRG GA 121 (2004) |
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In seiner Tübinger Dissertation untersucht der Verfasser, ein Schüler Jan Schröders, Leben und Werk des Professors der Rechte Wilhelm Gottlieb Tafinger (1760-1813) in Tübingen[1]. Dessen Vater Friedrich Wilhelm Tafinger (1726 - 1777) war gleichfalls Professor der Rechte in Tübingen gewesen und hatte hauptsächlich Vorlesungen über römisches Zivilrecht (nach Heineccius) und den Reichsprozess gehalten.
Der erste Abschnitt (S. 1-15) ist der Biographie der Familie Tafinger gewidmet. Wilhelm Gottlieb Tafinger studierte an der Universität Tübingen die Rechte; unter seinen Lehrern ist Karl Christoph Hofacker (1749-1793) hervorzuheben (S. 2f.). 1786, mit 26 Jahren, wurde Tafinger außerordentlicher Professor der Rechte in Tübingen, 1788 ordentlicher Professor für bürgerliches Recht und Reichsgeschichte in Erlangen und 1790 ordentlicher Professor in Tübingen (S. 8f.). Dort hielt er Vorlesungen über „Rechtsgelehrsamkeit“ (Enzyklopädie, Rechtsgeschichte und Methodologie), Kirchenrecht (nach Georg Ludwig Böhmer), Naturrecht und später deutsches Privatrecht (S. 8ff.).
Der zweite Abschnitt (S. 17-141) befasst sich mit Tafingers deutschem Privatrecht, insbesondere mit der analogischen Methode und der Analogie. Tafinger nennt seine Methode zur Findung eines gemeinen Rechts „analogische“ Methode (S. 17). Er zählt neben Johann Stephan Pütter (1725 - 1807) und Justus Friedrich Runde (1741 - 1807)[2] zu denjenigen Gelehrten, welche die Grundsätze eines gemeinen deutschen Privatrechts auffinden wollten (S. 20). In seiner Dissertatio „De methodo juris privati Germanici“ (Tübingen 1786) und in dem Buch „Ueber die Bestimmung des Begriffs der Analogie des Teutschen Privatrechts und der Grundsätze, dasselbe zu bearbeiten“ (I. Theil, Ulm 1787) versuchte Tafinger ein System des |
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| *Judicial tribunals in England and Europe, 1200-1700. The trial in history. Band 1, hg. v. Mulholland, Maureen/Pullan, Brian. Manchester University Press, Manchester 2003. XII, 186 S. Besprochen von Susanne Jenks. ZRG GA 121 (2004) |
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Der erste Teil des auf zwei Bände angelegten Überblicks über das Gerichtswesen in Europa (zeitgleich erschienen ist Bd. 2: Domestic and International Trials, 1700-2000 hg. von R. A. Melikan) gibt Einblicke in die Arbeitsweise verschiedener Gerichte (königliche Gerichte; manorial courts; städtische und geistliche Gerichte) und zwar nicht nur aus rechtshistorischer Sicht (u. a. Zusammensetzung der Gerichte, Zulässigkeit von Anwälten, Beweisverfahren etc.), wie der lesenswerten Einleitung von Maureen Mulholland (S. 1-17) zu entnehmen ist, die weit mehr bietet als eine reine Zusammenfassung der nachfolgenden 9 Beiträge. Gerichtsprotokolle werden vielmehr auch im Hinblick auf ihre Verwertbarkeit für die Sozial- und Politikgeschichte analysiert. Doch zunächst einmal ist zu definieren, was ein Verfahren auszeichnet. Joseph Jaconelli (What is a trial?, S. 18-36) hebt drei Grundelemente hervor: ein Gerichtsverfahren hat rational, öffentlich und unabhängig zu sein, wobei der Zweck neben der Ermittlung der Schuld/Unschuld auch in der Unterweisung sowie in der Abschreckung liegt. Die folgenden Beiträge gehen dann ins Detail. Gegen die seiner Ansicht nach künstliche Trennung von zentraler (königlicher) und lokaler Jurisdiktion und die Differenzierung der Richter in gelehrte Berufsrichter (Zentralgerichte) und ungelehrte Laienrichter (lokale Gerichte) wendet sich Anthony Musson (The role of amateur and professional judges in the royal courts of late medieval England, S. 37-57). Er bescheinigt auch den auf lokaler Ebene in der Rechtsprechung Tätigen Rechtskenntnisse und hält die Bezeichnung „men of law“ für gerechtfertigt. Zudem gab es keine strikte Personaltrennung zwischen Zentral- und Lokalgerichten. Die Mitglieder der Zentralgerichte beteiligten sich vielmehr aktiv an der l |
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| *Juristische Buchproduktion im Mittelalter, hg. v. Colli, Vincenzo (= Ius commune, Sonderhefte, Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 155). Klostermann, Frankfurt am Main 2002. X, 821 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 121 (2004) |
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Das Recht ist nicht sichtbar. Es kann aber in Wörtern, Sätzen und Büchern zum Ausdruck gebracht werden. Deswegen ist Rechtswissenschaft seit langem Buchwissenschaft.
Der vorliegende Sammelband will die juristische Buchproduktion im Mittelalter, und damit im Wesentlichen vor der Erfindung des gedruckten Buchs, als zusätzlichen Schlüssel zum Verständnis der Geschichte der juristischen Literatur darstellen. Dabei sollen die materiellen Aspekte im Vordergrund stehen. Von der Abfassung der Texte bis zu ihrer Verbreitung soll das Werk verfolgt werden, ohne dass eine gleichmäßige Verwirklichung dieses Anspruchs tatsächlich auch erreicht werden konnte.
Dem Band vorausging ein vom Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte vom 25.-28. Oktober 1998 veranstaltetes Kolloquium. Es vereinte Wissenschaftler unterschiedlicher Fächer und verschiedener Länder in vorbildlicher Weise. Sie machen ihre Erkenntnisse nunmehr allgemein zugänglich.
Im ersten Teil geht es dabei um Forschungstendenzen und Forschungsperspektiven. Dabei befasst sich Mario Ascheri mit den spätmittelalterlichen juristischen Handschriften. Bernd Michael stellt juristische Handschriften aus der Sicht des Handschriftenbeschreibers dar und gelangt dabei zu dem Schluss, dass wichtige Hilfsmittel wie ein umfassendes Verfasserlexikon der kommentierenden Rechtsliteratur oder ein Initienregister noch fehlen und dass erst die analytische Verknüpfung aller Aspekte auch in der juristischen Handschriftenforschung zu sinnvollen Ergebnissen führen kann.
Mit der Handschriftenarchäologie befassen sich die Beiträge Antonio Ciarallis (Produzione manoscritta e trasmissione dei testi di natura giuridica fra XI e XII secolo), Giovanna Muranos (Tipologia degli exemplaria giuridici), Robbert Gibbs’ (The Dev |
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| *Justiz und Gerechtigkeit. Historische Beiträge (16.-19. Jahrhundert), hg. v. Griesebner, Andrea/Scheutz, Martin/Weigl, Herwig (= Wiener Schriften zur Geschichte der Neuzeit 1). Studien Verlag, Innsbruck 2002. 490 S. Besprochen von Ilse Reiter-Zatloukal. ZRG GA 121 (2004) |
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Der vorliegende Sammelband stellt den ersten Band einer neuen Buchreihe dar, welche die „Wiener Zeitschrift zur Geschichte der Neuzeit“ um Sammelbände und Monographien ergänzen soll. Er ist aus einer Tagung im November 2002 hervorgegangen, welche mit einem Podiumsgespräch zu „Justiz und Gerechtigkeit. Aktuelle Debatten in historischer Perspektive“ im Rahmen der dem so genannten „breiteren“ Publikum gewidmeten „Wiener Vorlesungen“ eröffnet wurde.
Wie die Herausgeber in ihrer Einleitung, die sich im Wesentlichen mit den im Titel verwendeten Begriffen „Justiz“ und „Gerechtigkeit“ begrifflich auseinandersetzt, betonen, war Absicht der Tagung nicht nur, „Fragen nach dem Verhältnis an[zu]stoßen, in welchem Justiz und Gerechtigkeit sowohl in der Vergangenheit wie auch in der Gegenwart stehen“, sondern es sollte auch „über die historische Forschung hinaus die Brücke zu anderen Disziplinen, wie etwa den Rechtswissenschaften, der Ethnologie oder auch der Soziologie geschlagen werden“, was nach den Angaben der Herausgeber selbst „leider nur in der Podiumsdiskussion geglückt“ sei. Dies erklärt sich wohl auch daraus, dass – jedenfalls nach den Angaben im Verzeichnis der Beitragenden (S. 485–490) – keine Fachvertreterinnen oder Fachvertreter der genannten Disziplinen an der Tagung teilnahmen bzw. Beiträge zu dieser Publikation beisteuerten. Umso mehr erscheint dies auch deshalb als bedauerlich, weil es eine weitere Zielsetzung der Tagung war, „ein Forum und eine Kommunikationsmöglichkeit für Forscherinnen und Forscher [zu] schaffen, die sich mit Quellen beschäftigen, die im Zusammenhang mit gerichtlicher Tätigkeit im Gebiet des Heiligen Römischen Reiches bzw. dem heutigen Österreich und Deutschland entstanden sind“.
Am Podiu |
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| *Kaiser, Reinhold, Trunkenheit und Gewalt im Mittelalter. Böhlau, Köln 2002. 389 S. Besprochen von Eva Lacour. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Kaiser, Reinhold, Trunkenheit und Gewalt im Mittelalter. Böhlau, Köln 2002. 389 S.
Reinhold Kaiser, Professor für frühmittelalterliche Geschichte an der Universität Zürich, hat hier ein sehr abgerundetes Buch veröffentlicht. Er beschreibt z. B. auch die allmählich immer weitere Ausdehnung des Weinanbaus in Europa. Die Begegnung der Germanen, Slawen, Angelsachsen oder Skandinavier mit dem Wein charakterisiert Kaiser als „Kulturschock“ (S. 59). Denn diese Völker waren mit Met oder Bier weit schwächere Alkoholika gewohnt. „Antike und barbarische Trinksitten stehen sich gegenüber, das führt zur Bewusstwerdung ethnischer oder «nationaler» Eigenheiten des Umganges mit Wein, zur Ausprägung von Verhaltensweisen, die als charakteristisch für gewisse Völker angesehen werden.“ (S. 21) Die Barbaren trinken in den Augen von Römern und Griechen ungezügelt, regellos. Doch der Vorwurf der Trunksucht gehört zum Standardarsenal an Diffamierungen, an austauschbaren Stereotypen, die in mittelalterlichen Spottversen mal den Engländern, mal den Deutschen vorgehalten werden.
In das eigentliche Kernthema – Alkoholkonsum und Gewalt – führt der Autor ein mit der Analyse von „Archetypen“ (S. 24) der Verbindung von Trunkenheit und Gewalt im Alten Testament: der Wein als Verursacher, Begleiter von oder Aufforderer zur Gewalt; die Gewalt von oder an Betrunkenen oder – wie bei Noah – von wieder Ernüchterten zur Rache ihrer Entehrung im Zustand der Trunkenheit, verursacht wiederum durch die violentia vini. Die Macht oder Gewalt des Weines selbst gründet einerseits in der physiologischen Wirkung des Alkohols, genauso sehr aber im sozialen Zwang beim Trinken. In diesem Zusammenhang entwickelt Kaiser eine Typologie der „Grundformen“ des kollektiven Trinkens im Mittelalter (S. 136): 1. caritas (das Minnetrinken zum Gedenken an Lebende oder Tote), 2. potatio (das kollektive Trinken einer sozialen Gruppe), 3. convivium (das gemeinsame Trinken zum Herbeiführen oder Besie |
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| *Kalss, Susanne/Burger, Christina/Eckert, Georg, Die Entwicklung des österreichischen Aktienrechts. Geschichte und Materialien. Linde, Wien 2003. 1012 S. Besprochen von Werner Schubert. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Kalss, Susanne/Burger, Christina/Eckert, Georg, Die Entwicklung des österreichischen Aktienrechts. Geschichte und Materialien. Linde, Wien 2003. 1012 S.
Das moderne Unternehmensrecht ist überwiegend vom Gesellschaftsrecht, insbesondere vom Aktien- und GmbH-Recht bestimmt. Für die Entwicklung des Aktienrechts fehlte bislang für Österreich eine umfassende Darstellung, die mit dem Werk von Kalss/Burger/Eckert nunmehr vorliegt. Es handelt sich hierbei um eine von Kalss aufgrund des START-Preises des Fonds für Wissenschaftliche Forschung begründeten Projekts: „Kapitalgesellschaftsrecht“. Im ersten Teil des Werkes ist die Entwicklung des österreichischen Aktienrechts seit dem 18. Jahrhundert bis heute nachgezeichnet, der zweite Teil (S. 447-998) bringt den Text der geltenden Fassung des österreichischen Aktiengesetzes von 1965 mit Wiedergabe der Stammfassung des 1938 in Österreich eingeführten Aktiengesetzes 1937 und der amtlichen Begründung sowie mit Wiedergabe der amtlichen Materialien zum Aktiengesetz 1965 und der nachfolgenden Novellen. Es fehlt auch nicht der Hinweis auf die jeweilige Regelung im Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, im deutschen Handelsgesetzbuch von 1897 (1938 in Österreich eingeführt) und auf das Aktienregulativ von 1900. Auf diese Weise hat der Leser einen vollständigen Überblick über das jeweils geltende österreichische Aktienrecht von 1862 an.
In den vergangenen 150 Jahren hatten das österreichische und das deutsche Aktienrecht denselben Ausgangspunkt, 1861 mit dem ADHGB, das allerdings landesrechtlich modifiziert werden konnte, und mit dem Aktiengesetz von 1937. Schon aus diesem Grunde ist die Darstellung der Verfasser rechtsvergleichend angelegt. Bei den Versuchen der vorletzten Jahrhundertwende, das Aktienrecht neu zu regeln, wurde stets auf den Vorbildcharakter der deutschen Regelungen verwiesen, jedoch wurden auch gleichzeitig die eigenständigen Ansätze der österreichischen Entwicklung hervorgehoben. Di |
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| *Karitzky, Holger, Eduard Kohlrausch - Kriminalpolitik in vier Systemen. Eine strafrechtshistorische Biographie (= Berliner juristische Universitätsschriften, Strafrecht 15). Berlin Verlag GmbH, Berlin 2002. XX, 558 S. Besprochen von Heinz Müller-Dietz. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Karitzky, Holger, Eduard Kohlrausch – Kriminalpolitik in vier Systemen. Eine strafrechtshistorische Biographie (= Berliner juristische Universitätsschriften, Strafrecht 15). Berlin Verlag GmbH, Berlin 2002. XX, 558 S.
Die voluminöse Studie, von der Berliner Humboldt-Universität 2002 als Dissertation angenommen, reiht sich ein in jene immer stattlicher werdende Zahl von Biografien, die zur Erhellung der Geschichte der Strafrechtswissenschaft im 20. Jahrhundert beitragen sollen. Dafür eignen sich Leben und Werk des Liszt–Schülers Eduard Kohlrausch (1874-1948) in besonderem Maße, weil dessen Wirken von der wilhelminischen Epoche über die Weimarer Zeit und die NS-Ära noch bis zu ersten Versuchen der Auseinandersetzung mit der Diktatur nach dem Zweiten Weltkrieg reicht. Kohlrausch hat sich 1902 in Heidelberg habilitiert, war seit 1905 Mitherausgeber der Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft, hat 1919 die Nachfolge auf dem Berliner Lehrstuhl Franz von Liszts angetreten, war seit 1931 Vorsitzender der Deutschen Landesgruppe der Internationalen Kriminalistischen Vereinigung (IKV), von 1933 bis 1936 Mitglied der Strafrechtskommission des Reichsjustizministeriums und von 1936 bis 1939 Mitglied der entsprechenden Großen Strafprozesskommission. Nach 1945 hat er seine wissenschaftliche Tätigkeit in Berlin – wenngleich nicht ohne Schwierigkeiten – bis zu seinem Tode fortgesetzt. Der Gelehrte ist in Fachkreisen nicht zuletzt durch seinen Kurzkommentar zum Strafgesetzbuch bekannt geworden, an dem später Richard Lange (1906-1995) mitgewirkt hat, der denn auch die letzte, 41. Auflage 1956 bearbeitet und herausgegeben hat. Kohlrausch gehört fraglos zu jenen Professoren, deren Biografien in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich sind: nicht nur hinsichtlich der Entwicklung seines Fachgebiets (Strafrecht) im Laufe verschiedener Epochen selbst, sondern auch in Bezug auf die Rolle der Wissenschaft in ganz verschiedenen Regierungssystemen überhaupt – wor |
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| *Kataster und moderner Staat in Italien, Spanien und Frankreich (18. Jh.). Cadastre et Etat moderne en Italie, Espagne et France (18e s.). Cadastre and Modern State in Italy, Spain and France (18th c.), hg. v. Mannori, Luca (= Jahrbuch für europäische Verwaltungsgeschichte 13). Nomos, Baden-Baden 2001. XII, 369 S. Besprochen von Peter Claus Hartmann. ZRG GA 121 (2004) |
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Kataster und moderner Staat in Italien, Spanien und Frankreich (18. Jh.). Cadastre et Etat moderne en Italie, Espagne et France (18e s.). Cadastre and Modern State in Italy, Spain and France (18th c.), hg. v. Mannori, Luca (= Jahrbuch für europäische Verwaltungsgeschichte 13). Nomos, Baden-Baden 2001. XII, 369 S.
Ohne Zweifel war die Existenz oder Nichtexistenz von Katastern zur Erhebung von Land- oder Grundsteuern ein wichtiges Kriterium für die Objektivierung der Abgaben und die Steuergerechtigkeit. Dies gilt z. B. für Frankreich für die taille réelle (mit Katastern als Grundlage) und die taille personnelle, die mangels Kataster relativ willkürlich nach der jeweiligen Vorjahressteuer erhoben wurde. Angesichts ihrer großen Bedeutung bildeten die Kataster und die im 18. Jahrhundert überall in Europa stattfindenden Auseinandersetzungen um das Kataster wichtige Forschungsthemen der Steuer- und Finanz- sowie der Staatsrechtsgeschichte. Wenn auch im 18. Jahrhundert viel in diesem Bereich diskutiert und experimentiert wurde, so schuf man im allgemeinen doch erst im 19. Jahrhundert die eigentlichen modernen Kataster, um auf diese Weise die völlige steuerliche Kontrolle im eigenen Land durchzusetzen. Dabei bildete die Anerkennung oder Ablehnung des Katasters schon im 18. Jahrhundert, wie Luca Mannori in der Einleitung mit Recht betont „die Scheidelinie zwischen jenen, die den Staat als eine Vereinigung von gleichberechtigten und dem Souverän gleichermaßen unmittelbar unterstellten Individuen zu sehen begannen, und jenen, die ihn weiterhin in einer schon vom Spätmittelalter übernommen Sichtweise verstanden“.
Wenn es auch schon da und dort Vorformen gab, so begannen im 18. Jahrhundert die Regierungen verschiedener Länder, Projekte für ein zentrales Steuerkataster zu entwickeln. Es ist deshalb von großem Interesse, dass in dem vorliegenden Sammelband dies am Beispiel von |
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| *Kawohl, Friedemann, Urheberrecht der Musik in Preußen 1820-1840 (= Quellen und Abhandlungen zur Geschichte des Musikverlagswesens 2). Schneider, Tutzing 2002. IX, 324 S., Ill. Besprochen von Rainer Nomine. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Kawohl, Friedemann, Urheberrecht der Musik in Preußen 1820-1840 (= Quellen und Abhandlungen zur Geschichte des Musikverlagswesens 2). Schneider, Tutzing 2002. IX, 324 S., Ill.
Mit dem Verlag und Vertrieb der Arbeiten berühmter Komponisten war im Deutschland des frühen 19. Jahrhunderts gutes Geld zu verdienen. Entsprechend groß war die Zahl derjenigen, die an den autorisierten Herausgebern vorbei und ohne große eigene Investitionen ins Geschäft kommen wollten. So wurden Originalmusikstücke ohne Genehmigung auszugsweise oder gar vollständig nachgedruckt („nachgestochen“), in Sammlungen aufgenommen, bearbeitet, aufgeführt. Die seinerzeit in Deutschland herrschende Rechtszersplitterung wie das niedrige Schutzniveau der Normen des Deutschen Bundes und der Gesetze der einzelnen Bundesstaaten gegen den „Nachdruck“ begünstigten diese Entwicklung.
Der Musikwissenschaftler Friedemann Kawohl behandelt in seiner an der Technischen Universität Berlin verfertigten Dissertation den für die Entwicklung (auch) des Rechts an Musikalien bzw. Werken der Musik interessanten Zeitraum der zwanziger und dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts. Unter Nutzung einer Anzahl von Ministerialakten aus dem Preußischen Geheimen Staatsarchiv, aber auch unter Verwendung anderweit lagernder Archivalien befasst er sich dabei nicht von ungefähr mit einen Zeitabschnitt, der in etwa begrenzt wird durch die Publikation des preußischen „Gesetzes zum Schutz des Eigenthums an Werken der Wissenschaft und Kunst gegen Nachdruck und Nachbildung“ vom 11. Juni 1837. Diese Norm hob jedenfalls für Preußen das Schutzniveau erheblich an und markiert gleichzeitig den Beginn der modernen deutschen Urheberrechtsgesetzgebung im Wortsinne (so M. Rehbinder, 150 Jahre Urheberrechtsgesetzgebung in Deutschland, in: Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht, Jg. 1987, S. 328f.).
Die mit einem umfangreichen Anlagenteil versehene Arbeit setzt fünf Schwerpunkte: Kawohl schildert zunächst den f |
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| *Klinger, Andreas, Der Gothaer Fürstenstaat. Herrschaft, Konfession und Dynastie unter Herzog Ernst dem Frommen (= Historische Studien 469). Matthiesen, Husum 2002. 399 S. Besprochen von Martin Siebinger. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Klinger, Andreas, Der Gothaer Fürstenstaat. Herrschaft, Konfession und Dynastie unter Herzog Ernst dem Frommen (= Historische Studien 469). Matthiesen, Husum 2002. 399 S.
Als „hervorragendsten Vertreter einer Fürstengeneration“ hat Fritz Hartung Ernst den Frommen (1601-1675) bezeichnet, der „in altväterischer Frömmigkeit und pflichtgetreuer Arbeit (...) nach den Verheerungen des Krieges auf die Wiederherstellung von bürgerlichem Wohlstand und christlicher Zucht wirkte“ (Deutsche Verfassungsgeschichte, 5. Aufl., 1950, S. 138). Entsprechend große Aufmerksamkeit hat die Person des Fürsten bis hin zur hagiographischen Verklärung im Schrifttum erfahren (vgl. S. 16f.). Anders verhält es sich mit dem von Ernst beherrschtem Herzogtum Sachsen-Gotha, das bislang nur unter dem Gesichtspunkt des - angesichts der Einführung einer allgemeinen Schulpflicht, der Herausgabe einer neuen, ernestinischen Lutherbibel und eines bald weit verbreiteten Gesangbuchs, sowie großer Bemühungen um die Erwachsenenkatechese - musterhaften „Kirchen- und Schulenstaats“ erschöpfend untersucht wurde.
Die von Georg Schmidt betreute Jenaer Dissertation schließt diese Lücke jedenfalls teilweise. Sie bietet ein durch die umfassende Auswertung einschlägigen Archivmaterials quellenmäßig solide erarbeitetes Bild einer frühneuzeitlichen Territorialstaatsbildung. Seine Darstellung konzentriert Klinger dabei allerdings auf die Anfangsphase der Regierung Ernst des Frommen, d. h. auf die Zeit von der nach Erlöschen der Coburger und der Eisenacher Linie erfolgten ernestinischen Landesteilung von 1640/41, bei der das Herzogtum Sachsen-Gotha neu gebildet wurde, bis etwa zur Testamentsniederschrift durch den Herzog im Jahre 1654. Die Konsolidierungsphase des neuen Staatsgebildes bis zum Tode Ernsts 1675, nach dem das Herzogtum, einem spezifisch protestantischem Denken über die Gleichheit der Nachkommenschaft entsprechend, unter seinen sieben überlebenden Söhnen aufgeteilt wurde, ble |
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| *Klostermann, Guido, Die niederländische privatrechtliche Stiftung. Das Stiftungsrecht der Gegenwart und seine Geschichte (= Niederlande-Studien 32). Waxmann, Münster 2003. 215 S. Besprochen von Viola Heutger. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Klostermann, Guido, Die niederländische privatrechtliche Stiftung. Das Stiftungsrecht der Gegenwart und seine Geschichte (= Niederlande-Studien 32). Waxmann, Münster 2003. 215 S.
Mit Band 32 der Niederlande Studien wurde in dieser bunten Reihe von Themen mit Bezug zu den Niederlanden wieder einmal eine juristische Arbeit aufgenommen. Guido Klostermann schrieb seine Dissertation über die geschichtliche Entwicklung des niederländischen Stiftungswesens. Der erste Teil des Werkes gleicht einem Streifzug durch die europäische und niederländische Geschichte. Der Leser erhält dort einen Überblick über die Entwicklungen im Stiftungsrecht in den vergangenen Jahrhunderten und über die Einzelprobleme der jeweiligen Zeitabschnitte. Der Leser erfährt auf angenehme Weise weit mehr über die Geschichte der Niederlande, als im Rahmen eine Dissertation zum Stiftungsrecht zu erwarten gewesen wäre. Richtig spannend liest sich der Geschichtsteil ab dem Spätmittelalter um die Entstehung der Niederlande im Jahre 1581. Auf die Zeit davor hätte der Autor vielleicht gar nicht eingehen müssen. Hier führt er in zu großen Bögen in die Geschichte ein und verspricht oft mehr, als er dann halten kann. So sagt er, dass es in der griechisch-römischen Antike Stiftungen oder doch stiftungsähnliche Rechtsgeschäfte bereits gab, geht dann aber im folgenden nur auf die römische Kaiserzeit ein. Entgegen seinem gewählten Titel über die privatrechtlichen Stiftungen geht Klostermann auch auf andere Stiftungsformen ab Seite 99 ein. Dieser sehr informative Teil hätte deutlich besser zur Erläuterung in die Einleitung gepasst. Aber immerhin gibt er so Anregungen zu vertieften Studien für zukünftige Dissertationsthemen.
Das Werk trägt einen rechtsvergleichenden Charakter. Allerdings nutzt Klostermann nur wenige Gelegenheiten zur aktiven Rechtsvergleichung. So werden zum Beispiel verschiedene Theorien zur Rechtspersönlichkeit (ab S. 45) aus der deutschen und niederländischen Litera |
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| *Köbler, Gerhard, Altdeutsch. Katalog aller allgemein bekannten altdeutschen Handschriften - Althochdeutsch, Altsächsich, Altniederfränkisch. Arbeiten zur Rechts- und Sprachwissenschaft Verlag, Gießen 2004. VI, 766 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 121 (2004) |
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| *Köbler, Gerhard, Jusnews 2003. Juristische Nachrichten des Jahres 2003 aus Deutschland und der Welt (= Arbeiten zur Rechts- und Sprachwissenschaft 51). Arbeiten zur Rechts- und Sprachwissenschaft Verlag, Gießen 2004. VI, 376 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 121 (2004) |
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| *Köbler, Gerhard, Sammlung altniederfränkischer Tradition - Texte (= Arbeiten zur Rechts- und Sprachwissenschaft 33). Arbeiten zur Rechts- und Sprachwissenschaft Verlag, Gießen 2003. XX, 213 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 121 (2004) |
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| *Köbler, Gerhard, Sammlung altniederfränkischer Tradition - Glossen (= Arbeiten zur Rechts- und Sprachwissenschaft 34). Arbeiten zur Rechts- und Sprachwissenschaft Verlag, Gießen 2003. LII, 27 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 121 (2004) |
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| *Kocka, Jürgen, Das lange 19. Jahrhundert (= Gebhardt, Bruno, Handbuch der deutschen Geschichte, Band 13). Klett-Cotta, Stuttgart 2001. 187 S. Besprochen von Eva Lacour. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Kocka, Jürgen, Das lange 19. Jahrhundert (= Gebhardt, Bruno, Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 13). Klett-Cotta, Stuttgart 2001, 187 S.
Die neue, zehnte Auflage des 1891 begründeten Gebhardt soll mit 24 Bänden bis 2005 vorliegen. Der dreizehnte Band führt „kurz und knapp“ in das 19. Jahrhundert ein (S. XV). Ereignisse stehen hier nicht im Mittelpunkt, sie sind kaum erwähnt, sondern „Entwicklungen“, Strukturen. Einzelheiten sind von den vier folgenden Bände zu erwarten. Angenehm sind die ausführliche Zeittafel im Anhang, die neben europäischen politischen Ereignissen auch Erfindungen und Kulturelles einbezieht, das Orts- und Sach-, sowie das getrennte Personenregister.
Jürgen Kocka ist hier eine konzise Darstellung gelungen, die beim Leser vor allem den Eindruck hinterlässt, die Umrisse der gesellschaftlichen und politischen Prozesse begriffen zu haben, die das 19. Jahrhundert seit der Französischen Revolution und bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges von den Zeiten davor und danach unterscheiden. Es war eine Epoche der Industrialisierung, der Herausbildung von Nationalstaaten, der Bevölkerungsexplosion und Bevölkerungswanderung und des Bürgertums. In vier Längsschnittdarstellungen untersucht Kocka diese Themenkomplexe. Dabei hebt er immer wieder die Einbettung der deutschen in die europäische Geschichte hervor.
Ein Defizit in der Demokratisierung gegenüber anderen europäischen Staaten vermag Kocka angesichts der ausgeprägten kommunalen Selbstverwaltung und des „kraftvoll entwickelten Vereins- und Verbändewesens“ nicht zu erkennen, lediglich eine „deutliche Blockierung der Parlamentarisierung, der entschiedene Verzicht nicht auf Repräsentation per se, wohl aber auf die parlamentarische Regierungsform bis Oktober 1918“ (S. 144), was im Ergebnis zu einer Verfestigung der „ohnehin ungemein starken bürokratischen Traditionen“ führte; Deutschland blieb „Beamten- und Obrigkeitsstaat“. Das Bürgertum war in Deutschland nicht ge |
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| *Kohler, Marius, Die Entwicklung des schwedischen Zivilprozessrechts. Eine rezeptionshistorische Strukturanalyse der Grundlagen des modernen schwedischen Verfahrensrechts (= Veröffentlichungen zum Verfahrensrecht 29). Mohr (Siebeck), Tübingen 2002. XXII, 598 S. Besprochen von Dieter Strauch. ZRG GA 121 (2004) |
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Diese rechtsvergleichende Arbeit über die Wurzeln und europäischen Bezüge des schwedischen Prozeßrechts hat sich nichts geringeres vorgenommen, als die schwedische Prozeßrechtsgeschichte bis zur Gegenwart auf ihre europäische Verwurzelung durchzusehen – ein Unterfangen, das über das gewöhnliche Maß einer Dissertation gewaltig hinausgeht. Kohler, der offenbar vom geltenden Recht herkommt, meinte, auch das mittelalterliche schwedische Prozeßrecht darstellen zu sollen, Das ist nur bedingt gelungen, und es hätte genügt, im Jahre 1734 zu beginnen. Es war nicht von ihm zu erwarten, daß er sich auch noch in das Altschwedische einarbeitet, so lebt er hier ganz aus zweiter Hand und zitiert die alten Quellen in der neuschwedischen Übersetzung von Holmbäck/Wessén, ohne zu bemerken, daß die wichtigsten mittelalterlichen Landschaftsrechte (Västgötalagen I, Östgötalagen, Upplandslagen) seit längerem in deutscher Übersetzung vorliegen. Auch das deutsche Schrifttum zum mittelalterlichen schwedischen Recht ist ihm weitgehend unbekannt geblieben. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf die verwendeten Begriffe. So spricht er durchgehend von Landschaftsgesetzen, obwohl bekannt ist, daß Västgötalagen, Östgötalagen und einige andere landschaftliche Rechtsquellen Rechtsbücher, also Privatarbeiten waren. Upplandslagen gilt zwar als Gesetzbuch, aber hier nennt er die confirmatio regis Birgeri (asw. staþfæstelse) eine ‚Veröffentlichung‘ und verkennt damit die rechtsetzende Befugnis des Königs, die ihm nach der Lehre der Kirche im Jahre 1296 bereits zukam; es hätte also ‚Bestätigung‘ heißen müssen. Die balkar übersetzt er mit ‚Kapitel‘, obwohl ‚Abschnitte‘ oder ‚Bücher‘ gängig ist. Und daß die balkar „alle zu ein |
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| *Kranz, Horst, Lütticher Steinkohlen-Bergbau im Mittelalter. Aufstieg - Bergrecht - Unternehmer - Umwelt - Technik (= Aachener Studien zur älteren Energiegeschichte 6). Shaker, Herzogenrath 2000. 454 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Kranz, Horst, Lütticher Steinkohlen-Bergbau im Mittelalter. Aufstieg – Bergrecht – Unternehmer – Umwelt – Technik (= Aachener Studien zur älteren Energiegeschichte 6). Shaker, Herzogenrath 2000. 454 S.
Quellen zum Lütticher Steinkohlen-Bergbau im Mittelalter. Urkunden – Register- und Rechnungseinträge – Bergrecht, bearb. v. Kranz, Horst (= Aachener Studien zur älteren Energiegeschichte 7). Shaker, Herzogenrath 2000. 407 S.
Die Arbeit ist eine im Wintersemester 1998 von der philosophischen Fakultät der Technischen Hochschule angenommene, von Dietrich Lohrmann betreute Habilitationsschrift. Ihr Textband beginnt mit einer umfassenden Bestandsaufnahme zur Geschichte des modernen kontinentaleuropäischen, in Europa zeitlich nur hinter Newcastle upon Tyne zurückstehenden Steinkohlenbergbaus. Angesichts der Vielzahl der einschlägigen Quellen beschränkt sich die Zielsetzung der Untersuchung auf die Anfänge im Mittelalter und verweist für die Folgezeit auf mögliche Folgebände.
Dieser ansprechenden Einleitung schließt sich eine Beschreibung der Kirchen, Bürgerschaft und Institutionen Lüttichs als der konkreten politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen an. Danach schildert der Verfasser das Lütticher Revier aus naturwissenschaftlicher Sicht. Auf dieser multidisziplinären Grundlage wendet er sich der geschichtlichen Entwicklung des schon der Antike und Außereuropa bekannten Steinkohlenbergbaus zu. Anscheinend als Folge einer erheblichen Verteuerung des Holzes greift man allmählich auf die literarisch erstmals im Jahr 1195 erwähnte terra nigra als Energiequelle zu. Seit 1305 ist der Bau von Schächten (Buren) bezeugt. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts stellen die Beschäftigten des Bergbaus die mitgliederstärkste berufliche Gruppe Lüttichs dar.
Dieser wirtschaftliche Erfolg zieht als rechtliche Folge das besondere Bergrecht nach sich, das der Verfasser als nächstes untersucht. Er beginnt mit de |
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| *Laeverenz, Judith, Märchen und Recht. Eine Darstellung verschiedener Ansätze zur Erfassung des rechtlichen Gehalts der Märchen (= Rechtshistorische Reihe 247). Lang, Frankfurt am Main 2001. 236 S. Besprochen von Christiane Birr. ZRG GA 121 (2004) |
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Die Arbeit von Judith Laeverenz ist als juristische Dissertation an der Universität München an der Schnittstelle zwischen Rechtsphilosophie und Rechtsgeschichte entstanden. Wie die Autorin im Untertitel klarstellt, handelt es sich nicht um einen weiteren Versuch, Beziehungen zwischen Märchen und Recht aufzudecken bzw. herzustellen. Vielmehr gibt die Arbeit einen Überblick über verschiedene methodische Ansätze zur Erfassung des rechtlichen Gehalts von Märchen, die aus so unterschiedlichen Disziplinen wie der Rechtsgeschichte, der Rechtsethnologie, der Rechtsphilosophie sowie der Kriminalpsychologie stammen. Das Spektrum reicht dabei von den romantischen Vorstellungen Jacob Grimms über die Verwandtschaft zwischen Poesie und Recht bis zu kriminalpsychologischen Überlegungen Klaus Lüderssens oder der Gerechtigkeitstheorie John Rawls‘. Diese Ansätze rechtlicher Märchenanalysen will die Autorin einer methodischen Kritik unterziehen, um ihre Tragfähigkeit bzw. ihre Schwächen aufzuzeigen. Bereits in der Literatur formulierte methodische Anforderungen sollen systematisch dargestellt, außerdem neue Anforderungen entwickelt werden. Die vielfältigen Bemühungen um die Erkenntnis eines Zusammenhangs zwischen Märchen und Recht kontrastiert Laeverenz mit einer Darstellung von „Konfrontationen zwischen Märchen und Recht in verspottenden Nachahmungen und Anspielungen (Parodie, Travestie, Karikatur, Cartoon)“ (S. 175ff.), die ihre Wirkung gerade aus der modernen Trennung beider Lebensbereiche beziehen.
Das Buch bietet einen Überblick über wissenschaftliche Thesen, die streckenweise kaum weniger phantasievoll anmuten als die Märchen selbst. Allerdings gelingt dabei die angestrebte kritische Bewertung der vorgestellten Methoden nicht immer. Erforderlich wäre e |
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| *Ländliche Rechtsquellen aus dem Kurmainzer Rheingau, bearb. v. Jeschke, Peter (= Geschichtliche Landeskunde 54). Steiner, Stuttgart 2003. XLII, 604 S. Besprochen von Peter Oestmann. ZRG GA 121 (2004) |
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Ländliche Rechtsquellen bilden seit mehreren Jahren einen Arbeitsschwerpunkt des Mainzer Instituts für geschichtliche Landeskunde. Bisher liegen Bände für das kurtrierische Amt Cochem (1986) und die kurmainzischen Ämter Olm und Algesheim (1996) vor. Der von Peter Jeschke bearbeitete Band über den kurmainzischen Rheingau bildet den Kern der 2002 angenommenen Dissertation des Verfassers. Für die Veröffentlichung wurde die Auswertung zugunsten der Edition auf eine knappe Einleitung gekürzt.
Der Rheingau umfaßt in der Definition Jeschkes die 20 Orte im Geltungsraum des Rheingauer Weistums von 1324. Damit ist zugleich eine historische Grenze bezeichnet, nämlich das sog. Gebück, eine befestigte Grenzhecke, die den Rheingau nach außen umschloß. Innerhalb dieser Einfriedung gab es eine seit dem 19. Jahrhundert so bezeichnete Rheingauer Freiheit, es existierte keine Leibeigenschaft. Als erstes geschlossenes Herrschaftsgebiet des Erzstifts Mainz verfügte der Rheingau über einen eigenen Landtag (seit 1324 belegt) mit einer Repräsentation der Landbürger. Diese außergewöhnliche Sonderstellung endete bereits 1527 weitgehend, als nach dem gescheiterten Bauernkrieg der Landesherr zahlreiche Vorrechte der Rheingauer Bevölkerung beseitigte und das Gebiet straffer in seinen Herrschaftsverband eingliederte. Über die verfassungsgeschichtliche Situation informiert die Einleitung Jeschkes ebenso zuverlässig wie vor allem über die Besetzung und Kompetenzen der zahlreichen Gemeindeämter. Auch die Abgrenzung zwischen einem aus Schultheiß und Schöffen bestehenden Ortsgericht und dem vom Adel mitgetragenen Haingericht zur Klärung von Aufsichtsaufgaben und Allmendefragen wird gut herausgearbeitet.
Die Edition enthält über 250 Rechtsquellen aus 20 Orten vom 14. Jahrhundert bis zum Ende des Alten Reiches. |
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| *Langbein, John H., The Origins of Adversary Criminal Trial (= Oxford Studies in Modern Legal History). Oxford University Press. Oxford 2003. XXII, 354 S. Besprochen von Susanne Jenks. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Langbein, John H., The Origins of Adversary Criminal Trial (= Oxford Studies in Modern Legal History). Oxford University Press. Oxford 2003. XXII, 354 S.
Im 18. Jahrhundert wurde im anglo-amerikanischen Recht der Wandel von einem anwaltfreien zu einem von Anwälten dominierten Strafverfahren vollzogen. Warum es Beschuldigten nun erlaubt wurde, sich eines Anwalts (counsel) zu bedienen und welche Entwicklungen dazu führten, ist Thema des Buches, dessen Hauptquelle die Old Bailey Session Papers sind, auf deren Quellenwert in Kapitel 4 eingegangen wird. Ergebnis der Untersuchung ist, dass die „lawyerization of the criminal trial“ keineswegs gezielt herbeigeführt wurde, sondern vielmehr – ungewolltes - Ergebnis der Bemühungen um ein faires Verfahren war.
Seit die Geschworenen nicht mehr aus der unmittelbaren Umgebung des Tatortes kamen und somit nicht mehr aus eigenem Wissen urteilen konnten, waren sie auf den Angeklagten als Informationsquelle angewiesen. Dieser musste dazu gebracht werden, alles preiszugeben, was er über die Tat wusste. Deshalb sollte er sich keines Anwalts bedienen dürfen. Dieses Anwaltsverbot sah man als durchaus vorteilhaft für den Beschuldigten an, der seine Interessen selbst am besten vertreten konnte, wie man meinte. Die notwendigen Informationen erhielten die Geschworenen also durch den „Schlagabtausch“ (altercation), der zwischen dem Angeklagten (citizen accused) und dem Kläger (citizen accuser) vor Gericht stattfand.
Die Strafverfolgung lag vornehmlich in der Hand von Privatklägern, denen aber von öffentlicher Seite Unterstützung zuteil wurde durch die Justices of the Peace (Marian Committal Statute 1555), die unter anderem Verhaftungsbefehlen ausstellen, Voruntersuchungen durchführen, Untersuchungshaft oder die Vorladung von Belastungszeugen anordnen konnten.
Dass Strafverfahren keineswegs immer fair waren, zeigte sich in den Hochverratsprozessen des 17. Jahrhunderts. Hier wurde deutlich, |
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| *Lasserre-Kiesow, Valérie, La technique législative. Étude sur les codes civils français et allemand, avec une préface de Pédamon, Michel (= Bibliothèque de droit privé 371). L. G. D. J., Paris 2002. 519 S. Besprochen von Filippo Ranieri. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Lasserre-Kiesow, Valérie, La technique législative. Étude sur les codes civils français et allemand, avec une préface de Pédamon, Michel (= Bibliothèque de droit privé 371). L. G. D. J., Paris 2002. 519 S.
Das Spannungsverhältnis zwischen dem deutschen und dem französischen Zivilrecht, begleitet und charakterisiert zugleich, seit dem 19. Jahrhundert durch gegenseitige Bewunderung und Ablehnung, durch Rezeptionsanstrengungen und zugleich unterschiedliche Entwicklungsstränge, die Geschichte des Privatrechts in Kontinentaleuropa seit der napoleonischen Zeit. Der Einfluss des französischen Zivilrechts in den romanischen Ländern, welche ihre nationalen Gesetzbücher an die französische Kodifikation seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts angelehnt hatten einerseits, und die Ausstrahlung der Pandektistik und später der deutschen Zivilrechtskodifikation des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Europa seit dem Ende des 19. Jahrhunderts andererseits, begleiten wie zwei rote Fäden die Entwicklung des kontinentaleuropäischen Zivilrechts bis heute. Nicht so sehr die einzelnen Sachlösungen in den gesetzlichen Bestimmungen und in der Judikatur, sondern vor allem die Argumentationstechnik und die Denkweise der deutschen und der französischen Zivilrechtler unterscheiden sich bis heute grundlegend. Gerade aus diesen Gründen war die Lektüre der thèse von Frau Lasserre-Kiesow für den Rezensenten mit großen Erwartungen verbunden. Die Arbeit ist zudem gerade von Michel Pédamon betreut worden, welcher in der französischen juristischen Literatur bereits mit vielen Titeln zum deutschen Vertragsrecht hervorgetreten ist. Die thèse selbst ist ferner durch eine Reihe von französischen Auszeichnungen prämiert worden.
Zunächst sei einiges zu Struktur und Inhalt der Untersuchung mitgeteilt. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts haben zahlreiche französische Zivilisten die Entstehung und die Einführung des neuen deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs mit Interesse und gelegent |
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| *Laubach, Ernst, Ferdinand I. als Kaiser. Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V. Aschendorff, Münster 2001. 783 S. Besprochen von Maximilian Lanzinner. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Laubach, Ernst, Ferdinand I. als Kaiser. Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V. Aschendorff, Münster 2001. 783 S.
Die hier gedruckte Habilitationsschrift (Universität Münster) wurde noch von Fritz Dickmann angeregt. Daß der Autor sie nach drei Jahrzehnten zum Abschluß und zum Druck gebracht hat, ist hoch zu respektieren. Die Zielsetzung, eine Teilbiographie eines Herrschers zu schreiben, genauer die auswärtige Politik Ferdinands I. von1555 bis 1564 zu untersuchen, muß auch heute nicht „altmodisch“ sein, wie der Autor fürchtet. Die Darstellung konzentriert sich auf das Handeln gegenüber dem Reich und der Kurie und setzt beim Augsburger Religionsfrieden 1555 ein. Die Begründung ist, daß Ferdinand seit 1555 ein „Eigenprofil“ (13) bewiesen habe, was freilich schon für das Jahr 1552 gelten könnte. Die Reichstage (1555, 1556, 1559) und Kurfürstentage (1558, 1562) bilden neben den Auseinandersetzungen mit der Kurie um Kaisertum und Kirchenreform die Schwerpunkte der gesamten Untersuchung. Ausgeblendet ist die innere Politik, sind die Probleme der Integration der österreichischen, böhmischen und ungarischen Territorien, ausgeblendet sind auch die Fragen der Konfession und Staatsbildung. Daher wird die Bestimmung der „Herrscherauffassung“, die der Untertitel programmatisch angekündigt, nur von der Reichspolitik her entworfen. Demgemäß sah Ferdinand sich „in einer eigenständigen Verantwortung neben dem Papst für die gesamte Christenheit und die Kirche“ (738). Wie Karl V. sei Ferdinand von der führenden Position Habsburgs in der Christenheit überzeugt gewesen, wie Karl V. habe er die Einheit der Christianitas wiederherstellen wollen, im Unterschied zu ihm jedoch mit der Priorität eines Friedens zwischen den Konfessionsparteien. Die Studie bestätigt hier die bisherige Forschungsmeinung, fördert aber eine Fülle von neuen Einzelaspekten zur Politik des Wiener Hofs zutage, da sie unmittelbar aus den Quellenbeständen gearbeitet ist. Die ge |
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| *Legal Cultures, Legal Doctrine. A Collection of Papers from the Fifteenth British Legal History Conference held at Aberystwyth, July 2001, hg. v. Ireland, Richard W. (= The Cambrian Law Review 33 [2002]). 2003. 114 S. Besprochen von Susanne Jenks. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Legal Cultures, Legal Doctrine. A Collection of Papers from the Fifteenth British Legal History Conference held at Aberystwyth, July 2001, hg. v. Ireland, Richard W. (= The Cambrian Law Review 33 [2002]. 2003. 114 S.
Dieser Sonderband des Cambrian Law Review umfasst, neben der amüsant geschriebenen Einleitung Richard W. Irelands, sieben Beiträge unterschiedlichster Natur. Sally Hadden (New Directions in the Study of Legal Cultures, S. 1-21) beschreibt, wie Historiker und Rechtshistoriker den Begriff „legal cultures“ definieren und innerhalb ihres jeweiligen Arbeitsgebietes konzeptionell anwenden und gibt Anregungen für zukünftige Forschungen. Richard A. Cosgrove (The Culture of Academic Legal History: Lawyers’ History and Historians’ Law 1870-1930, S. 23-34) untersucht die Gründe für den zeitweisen Ansehensverlust der englischen Rechts- und Verfassungsgeschichte innerhalb der englischen Geschichtswissenschaft und findet sie in der unterschiedlichen Bewertung der Bedeutung von Archivstudien durch Historiker und Juristen. Ann Lyon (From Dafydd ap Gruffydd to Lord Haw-Haw: The Concept of Allegiance in the Law of Treason, S. 35-66) meint, dass die Beschuldigten in allen Hochverratsfällen vor 1351 in einer feudalen Abhängigkeit zum Monarchen standen, während dies in der Folgezeit nicht mehr der Fall war, woraus abzulesen sei, dass sich das Konzept der „allegiance“ (Gefolgschaft) in seiner nicht-feudalen Form im 16. und 17. Jahrhundert entwickelte. Jonathan Rose (Early Occupational Defamation and Disloyal Lawyers: „He is Ambodexter. There Cannot be a Greater Slander“, S. 53-66) beschäftigt sich mit 45 frühneuzeitlichen Verleumdungsklagen, in denen Anwälten illoyales Verhalten gegenüber ihren Klienten vorgeworfen wurde, und untersucht deren Auswirkungen auf Verleumdungsklagen gegen andere Berufsgruppen seit dem frühen 17. Jahrhundert. N. G. Jones (The Use Upon a Use in Equity Revisited, S. 67-80) kann eine von John H. Baker 1977 veröffentlichte Ans |
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| *Lenz, Martin, Konsens und Dissens. Deutsche Königswahl (1273-1349) und zeitgenössische Geschichtsschreibung (= Formen der Erinnerung 5). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2002. 296 S. Besprochen von Armin Wolf. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Lenz, Martin, Konsens und Dissens. Deutsche Königswahl (1273-1349) und zeitgenössische Geschichtsschreibung (= Formen der Erinnerung 5). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2002. 296 S.
An dieser gewiß überdurchschnittlichen Dissertation aus dem Fachbereich Geschichte der Universität Gießen überrascht als erstes die originelle Gliederung. Das Werk ist nicht, wie der Titel erwarten läßt, nach den deutschen Königswahlen von 1273 bis 1349 chronologisch mit den Dissensen Ottokar von Böhmen – Rudolf von Habsburg, Konrad von Teck – Adolf von Nassau, Adolf von Nassau – Albrecht von Österreich, Friedrich von Österreich – Ludwig der Baier, Ludwig der Baier – Karl IV. und schließlich Karl IV. – Günther von Schwarzburg eingeteilt. Es behandelt vielmehr in sechs Kapiteln eine Reihe von Regionen der Geschichtsschreibung: Köln, Elsass, Magdeburg, Österreich, Bayern und Böhmen. Diese Gliederung ergibt sich aus dem Ziel, weniger die Königswahl selbst zu untersuchen als deren Deutung in der Geschichtsschreibung dieses Zeitabschnitts. Dabei greift die Arbeit sowohl inhaltlich als auch zeitlich über die Königswahlen dieser Epoche hinaus. Sie untersucht nicht nur das Institut der Wahl, sondern z. B. auch die Krönung des Königs. Bei der Herkunft des Krönungsrechts des Kölner Erzbischofs wird bis ins 11. Jahrhundert (S. 28) und bei den Auffassungen über den Ursprung des Königswahlrecht bis in die Zeit der Konstantinischen Schenkung, Karls des Großen oder Ottos III. zurückgegriffen (z. B. S. 37-39, 100, 122, 254, 259). Bei Magdeburg bestand das Problem, daß aus der behandelten Zeit kein chronikalisches Zeugnis überliefert ist. Der Verfasser untersucht daher dort Werke, die aus der Zeit vor 1273 oder nach 1349 stammen (S. 126-128).
„Ausgangshypothese“ ist, daß das „Interpretationsraster“ der Reichsverfassung stark regional geprägt war (S. 14). Der Verfasser will die Frage überprüfen, inwieweit die zeitgenössischen Geschichtsschreiber einer Region eine hi |
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| *Lepsius, Susanne, Der Richter und die Zeugen. Eine Untersuchung anhand des Tractatus testimoniorum des Bartolus von Sassoferrato. Mit Edition (= Ius commune, Sonderhefte, Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 158). Klostermann, Frankfurt am Main 2003. XVIII, 439 S. Besprochen von Gunter Wesener. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Lepsius, Susanne, Der Richter und die Zeugen. Eine Untersuchung anhand des Tractatus testimoniorum des Bartolus von Sassoferrato. Mit Edition (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 158). Klostermann, Frankfurt am Main 2003. XVIII, 439 S.
Der Tractatus testimoniorum (tractatus de testibus)[1] des Bartolus zählt zu dessen Spätwerken und ist stark philosophisch geprägt. Die Forschung hat sich bisher nur auf die gedruckten Ausgaben des Textes gestützt (S. 105).
Die Verfasserin, eine Schülerin von Gerhard Dilcher, hat nun eine vorzügliche, textkritische Edition dieses Werkes vorgelegt und dazu eine eingehende Analyse verfasst. Mehrfach[2] wird auf eine weitere, schon im Druck befindliche Untersuchung verwiesen: „Von Zweifeln zur Überzeugung. Der Zeugenbeweis im gelehrten Recht ausgehend von der Abhandlung des Bartolus von Sassoferrato“. In diesem Folgeband soll eine genaue dogmatische Einordnung des Textes „in den Fluß des gelehrten Beweisrechts erfolgen (p. X); es soll hier „der dogmatische und philosophische Hintergrund, vor dem Bartolus schrieb“, dargestellt werden (S. 193).
Im ersten Kapitel (S. 3-46) des Teiles A („Annäherungen an einen Text“) gibt die Verfasserin eine knappe Darstellung des gerichtlichen Beweisverfahrens von der Antike bis zur Gegenwart (S. 7ff.). Sie stellt hier die drei Begriffe Rationalität, Wahrheit und Freiheit in den Vordergrund und unternimmt eine systematische und theoretische Betrachtung dieser Eckbegriffe (S. 36ff.). Sie äußert Bedenken gegen die „Fortschrittsgeschichte“ des Beweisrechts; nach herrschender Lehre habe sich das Beweisrecht seit der Völkerwanderungszeit kontinuierlich aufwärts entwickelt. Die Einführung bzw. Wiederentdeckung der Zeugen als echter Wahrnehmungszeugen wird von der Literatur als bedeutende Rationalisierung durch das römisch-kanonische Prozessrecht gewürdigt (S. 14). Die irrationalen Beweismittel des germanischen Rechts (Leumundszeugen, Eid, Gottesurteile) seien me |
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| *Lepsius, Susanne, Von Zweifeln zur Überzeugung. Der Zeugenbeweis im gelehrten Recht ausgehend von der Abhandlung des Bartolus von Sassoferrato (= Ius commune, Sonderhefte, Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 160). Klostermann, Frankfurt am Main 2003. XXII, 494 S. Besprochen von Gunter Wesener. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Lepsius, Susanne, Von Zweifeln zur Überzeugung. Der Zeugenbeweis im gelehrten Recht ausgehend von der Abhandlung des Bartolus von Sassoferrato (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 160). Klostermann, Frankfurt am Main 2003. XXII, 494 S.
Kurze Zeit nach dem Erscheinen des Buches „Der Richter und die Zeugen“[1] von S. Lepsius mit der Edition des Tractatus testimoniorum des Bartolus de Sassoferrato liegt nun auch der angekündigte Folgeband „Von Zweifeln zur Überzeugung“ vor, eine Untersuchung über den Zeugenbeweis im gelehrten Recht, ausgehend von Bartolus’ Zeugentraktat. Diese Abhandlung wird nun nach inhaltlichen Gesichtspunkten interpretiert (Vorwort p. XV) und in das mittelalterliche gelehrte Beweisrecht eingeordnet.
Die Arbeit gliedert sich in vier Kapitel. Im ersten Kapitel (S. 2-52) nimmt die Verfasserin eine „dogmatische Einhegung“ von Bartolus vor. Zunächst gibt sie einen Überblick über das römisch-kanonische Verfahren (S. 2ff.). Auf den Prozessablauf wird eingegangen (S. 24ff.). Die ordines iudiciarii sehen eine Gliederung des Prozesses in Verfahrensabschnitte auf Grund der Terminbestimmungen vor. K. W. Nörr[2] hat Reihenfolgeprinzip und Terminsequenz aufgezeigt und die Frage der Schriftlichkeit des Verfahrens behandelt. Bei manchen mittelalterlichen Autoren finden sich sieben, viel häufiger aber zehn Verfahrensabschnitte. Auch bei Bartolus findet sich die zehnteilige Gliederung des Prozesses (S. 25ff.) Vier Termine davon sind für die Beweisaufnahme bestimmt. Bartolus befasst sich in seinem Traktat hauptsächlich mit den Zeugenaussagen, den dicta testium, und der Erörterung derselben durch die Anwälte; diese erfolgte im achten Verfahrensabschnitt (tempus allegationum) (S. 29)[3]. Der spätmittelalterliche Prozess war teils mündlich, teils schriftlich.
Während die herrschende Lehre für das mittelalterliche gelehrte Recht eine strenge Bindung des Richters durch ein festes Beweissystem, eine „Hierarchie der Beweise |
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| *Litewski, Wiesław, Der römisch-kanonische Zivilprozess nach den älteren ordines iudicarii. Wydawnictwo Uniwersytetu Jagiellonskiego (Jagiellonian University Press), Krakau 1999. Band 1 344 S., Band 2 345-652 S. Besprochen von Gunter Wesener. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Litewski, Wieslaw, Der römisch-kanonische Zivilprozess nach den älteren ordines iudicarii. Wydawnictwo Universytetu Jagiellonskiego (Jagiellonian University Press), Krakau 1999. Band 1 344 S., Band 2 345-652 S.
Franz Wieacker[1] hat die große Wirkung der Aufnahme des „gelehrten Prozesses“ auf das deutsche und europäische Rechtsdenken aufgezeigt. Die Rezeption des römisch-kanonischen Prozessrechtes ging zumeist der des materiellen römisch-gemeinen Rechtes voraus. Eine Gesamtdarstellung des römisch-kanonischen Zivilprozesses im hohen Mittelalter hat bisher gefehlt; nur einzelne Rechtsinstitute wurden behandelt, so etwa die Litiskontestation durch Rudolf Sohm[2], die Nichtigkeitsbeschwerde durch Arthur Skedl[3], die Appellation des kanonischen Rechts durch W. Litewski[4]. Eine knappe Darstellung des Verfahrens, vorwiegend aufgrund des Speculum iudiciale des Duranti, hat Wilhelm Endemann[5] geboten. Einen Abriss des Verfahrens aufgrund des Ordo iudiciarius des Tancred von Bologna gibt L. Chevailler im Artikel Tancredus[6].
Eine umfassende systematische Darstellung des römisch-kanonischen Zivilprozesses aufgrund der älteren ordines iudiciarii bietet nun W. Litewski im vorliegenden Werk[7]. Eine wichtige Vorarbeit leistete Linda Fowler-Magerl mit ihrem Repertorium der Prozessrechtsliteratur[8] (vgl. Verf. S. 20).
Ein instruktives Geleitwort (S. 9-13) stammt von Andreas Wacke, der Litewskis Arbeit auch in sprachlicher Hinsicht betreut hat.
Als Quellengrundlage (Kap. I, S. 15-48) dienen die älteren ordines iudiciarii[9] seit der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts bis zum Jahre 1234, zum Erscheinen der Dekretalen Gregors IX. (S. 19). Zitiert werden die ordines jeweils nach ihrem Incipit, so dass der Verfasser derselben in den Hintergrund tritt (Quellenverzeichnis S. 593-596). Bei vielen ordines lässt sich der Verfasser aber gar nicht feststellen. Zahlreiche Prozessschriften lassen sich nicht eindeutig der Legistik oder Kan |
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| *Lorenz, Maren, Kriminelle Körper - Gestörte Gemüter. Die Normierung des Individuums in Gerichtsmedizin und Psychiatrie der Aufklärung. Hamburger Edition HIS Verlagsgesellschaft, Hamburg 1999. 495 S. Besprochen von Eva Lacour. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Lorenz, Maren, Kriminelle Körper – Gestörte Gemüter. Die Normierung des Individuums in Gerichtsmedizin und Psychiatrie der Aufklärung. Hamburger Edition HIS Verlagsgesellschaft, Hamburg 1999. 495 S.
Maren Lorenz untersucht in ihrer Saarbrücker geschichtswissenschaftlichen Dissertation ärztliche Gutachten aus sämtlichen gedruckt vorliegenden Sammlungen des 18. Jahrhunderts, 35 an der Zahl.
Seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wuchs die Bedeutung gerichtsmedizinischer Gutachten bei verdächtigen Todesfällen, Sexualdelikten und Gewaltverbrechen dort, wo Gutachtergremien erreichbar waren. Aber auch in Ehescheidungsklagen oder bei Entscheidungen über Einweisung und Militärpflicht wurden ärztliche Untersuchungen durchgeführt. Da zu dieser Zeit in Deutschland weder der Beruf des Gerichtsmediziners noch forensische Lehrstühle existierten, wirkten Amtsphysici als Gutachter; die Disziplin entwickelte sich direkt aus der gutachtlichen Praxis. Die gedruckten Fallsammlungen dienten somit neben der Vermittlung medizinischer Erkenntnisse auch der Qualifikation des ärztlichen Nachwuchses. Die neue Methode der Einzelfallbeschreibung wurde nach den Recherchen der Autorin demnach nicht von „den Galionsfiguren deutscher Medizingeschichte und Absolventen der progressiven Universität Jena Friedrich Hoffmann (1660–1742) und Georg Ernst Stahl (1660–1734)“ eingeführt (S. 44), sondern zuvor u. a. von dem Leipziger Professor Paul Ammann bei forensischen Gutachten benutzt und bereits 1670 in einer Sammlung von 100 Fällen publiziert.
Die Anatomie und – gerade in Deutschland – die antike Humoralpathologie stellten noch bis nach 1800 die Basis der akademischen Ärzteausbildung dar. Der Einfluss dieser Säftelehre ist denn auch in den meisten Gutachten spürbar; mit den Säften, vor allem dem Blut, sehr häufig aber auch gelber oder schwarzer Galle, konnten sämtliche psychischen und organischen Phänomene erklärt werden. Dem Individuum war aus dieser – a |
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| *Mammeri-Latzel, Maria, Justizpraxis in Ehesachen im Dritten Reich. Eine Untersuchung von Prozessakten des Landgerichts Berlin unter besonderer Berücksichtigung der Ideologie des Nationalsozialismus (= Schriftenreihe Justizforschung und Rechtssoziologie 6). Berlin-Verlag, Berlin 2002. 308 S. Besprochen von Werner Schubert. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Mammeri-Latzel, Maria, Justizpraxis in Ehesachen im Dritten Reich. Eine Untersuchung von Prozessakten des Landgerichts Berlin unter besonderer Berücksichtigung der Ideologie des Nationalsozialismus (= Schriftenreihe Justizforschung und Rechtssoziologie 6). Berlin-Verlag, Berlin 2002. 308 S.
1990 fanden sich auf dem Dachboden des Berliner Gerichtsgebäudes in der Littenstraße bisher für die Forschung unzugängliche Gerichtsakten aus der Zeit von 1830 an. Zu diesen Akten gehören auch 14.800 Prozessakten in Ehesachen des Landgerichts Berlin und des Kammergerichts vornehmlich aus den Jahren 1943 bis Anfang 1945. Im Interesse einer Stoffbegrenzung hat die Verfasserin zwei Kategorien von Akten für ihre Untersuchungen ausgewählt. Die Fallgruppe I umfasst 233 Verfahren, in denen das Kammergericht das landgerichtliche Urteil abgeändert hat. Zur zweiten Fallgruppe gehören 89 „auffällige“ Verfahren (jüdische Prozessparteien; Staatsanwalt als Kläger oder Antragsteller; sog. Erbkrankheiten; sonstige auffällige Verfahren). Die Verfasserin untersucht anhand der Prozessakten die Justizpraxis in Ehescheidungssachen als Teil des zivilrechtlichen Gerichtsalltags vornehmlich in der späteren Kriegszeit. Hierbei richtet sie besonderes Augenmerk auf die Präsenz der Ideologie des Nationalsozialismus (Vorrang bevölkerungspolitischer Belange der „deutschblütigen, erbgesunden Volksgemeinschaft“ vor Individualinteressen; Antisemitismus/Deutschtum; Bedeutung des „Führers“ der „nationalsozialistischen Weltanschauung“ und der NS-Organisationen in der Scheidungspraxis). In einem eigenen Kapitel schildert die Verfasserin die rechtlichen Grundlagen der Justizpraxis in Ehesachen (u. a. Ehegesetz von 1938; Richterbriefe). Für die Detailuntersuchungen geht die Verfasserin für beide Fallgruppen von einer ausführlichen Darstellung von drei bzw. vier Verfahren aus. Sodann folgt eine weitgehend quantitative Erschließung der Urteilsgruppen nach folgenden Kriterien: Verfahrensmerkmale, |
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| *Martí i Castell, Juan, Estudi lingüístic dels Usatges de Barcelona. El codi a mitjan segle XII (= Textos i Estudis de Cultura Catalana 86). Curial Edicions Catalanes, Publicacions de l’Abadia de Montserrat, Barcelona 2002, 185 S. Besprochen von Thomas Gergen. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Martí i Castell, Juan, Estudi lingüístic dels Usatges de Barcelona. El codi a mitjan segle XII (= Textos i Estudis de Cultura Catalana 86). Curial Edicions Catalanes, Publicacions de l’Abadia de Montserrat, Barcelona 2002, 185 S.
Die Usatges de Barcelona bilden ein wichtiges Rechtsbuch, dessen Grundlagen in verschiedenen Jahrhunderten ausgebildet wurden und die sowohl in lateinischer als auch altkatalanischer Sprache (Versionen bereits aus dem 13. Jahrhundert) überliefert sind[1]. Die Usatges wurden anlässlich von Hoftagen verkündet und nachträglich zu einem Ganzen zusammengestellt[2]. Über die Spuren, die die Usatges von der mittelalterlichen Friedensbewegung aufweisen, welche in Katalonien mit dem Konzil von Toulouges (1027) Einzug hielt, hat insbesondere der katalanische Historiker Gener Gonzalvo i Bou geforscht[3]; letzterer widmete sich vor allem den verschiedenen katalanischen Versionen der Friedenstexte. Die Usatges de Barcelona sind aber nicht nur für Linguisten, sondern gleichermaßen für Historiker von hohem Interesse.
Juan Martí i Castell, ordentlicher Professor an der Universität Rovira i Virgili und Mitglied der philologischen Sektion des Instituts d’Estudis Catalanes, präsentiert mit diesem Werk eine wertvolle Analyse der Sprache der Usatges, so wie sie in der katalanischen Version basierend auf dem Manuskript der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstand und im Archiv der aragonesischen Krone konserviert ist und unter der Leitung von Joan Bastardas[4] herausgegeben wurde. Es handelt sich um ein archaisches und nicht literarisches Katalanisch, welches in allen linguistischen Hauptsparten untersucht wird, nämlich der Phonetik, der Phonologie, der Morphologie, der Syntax und der Lexik. Die feststehende Datierung des Manuskriptes erlaubt es obendrein, gewisse sprachliche Formen, die bisher von etlichen Philologen anders datiert wurden, neu zu bestimmen. Auch gelingt es dem Autor eindrucksvoll, aufzuzeigen, inwiewei |
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| *Meder, Stephan, Rechtsgeschichte. Eine Einführung (= UTB 2299 S). Böhlau, Köln 2002. XIII, 370 S. Besprochen von Marcel Senn. ZRG GA 121 (2004) |
Ganzen Eintrag anzeigen Meder, Stephan, Rechtsgeschichte. Eine Einführung (= UTB 2299). Böhlau, Köln 2002. XIII, 370 S.
Eine neue Rechtsgeschichte in Taschenbuchformat liegt vor, verfasst vom Hannoveraner Rechtshistoriker und Privatrechtler Stephan Meder. Sie umfasst 20 Kapitel. Die ersten vier Kapitel sind dem römischen Recht mit Zwölftafelgesetz, Mündlichkeit und Schriftlichkeit in der römischen Rechtskultur, dem Prinzipat sowie der Spätzeit bis zur justinianischen Kodifikation gewidmet. Dann folgen zwei Kapitel zu den Stammesrechten und den Rechtsbüchern, das erste von der Spätantike bis zur Teilung des karolingischen Reiches und eines zu den Rechtsaufzeichnungen des Hoch- und Spätmittelalters. Kapitel 7 thematisiert das kanonische Recht. Die folgenden vier Kapitel befassen sich mit der Rezeptionsgeschichte, den Universitätsgründungen, dem Humanismus sowie den Stadt- und Feudalrechten. Kapitel 12 und 13 haben die Naturrechtsschule und die Kodifikationsbewegung zum Gegenstand. Die folgenden vier Kapitel greifen einige Aspekte des 19. Jahrhunderts, so die historische Rechtsschule, die erste Generation der Savigny-Schüler, die deutsche Rechtswissenschaft in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und die Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf. Die Kapitel 18-20 befassen sich mit der Freirechtsschule und der Interessenjurisprudenz, dem Nationalsozialismus und den Rechtsbildungen nach 1945. Jedes Kapitel schließt mit einer Auswahlbibliographie.
Der Autor setzt sich zwei Ziele: 1. Romanistik und Germanistik mit Bezug auf die modernen Kodifikationen, namentlich das Bürgerliche Gesetzbuch integrativ zu behandeln, und 2. in didaktischer Hinsicht von „möglichst geringen Voraussetzungen auszugehen“ (Vorwort). An diesen beiden Zielsetzungen ist das Buch zu messen. Vorweg kann festgehalten werden: Der Autor erreicht seine Zielsetzungen.
Mit Blick auf eine spätere Überarbeitung lassen sich indes auch einige Wünsche vielleicht schon vormerken: Thematisch |
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| *Meier, Anke, Die Geschichte des deutschen Konkursrechts, insbesondere die Entstehung der Reichskonkursordnung von 1877 (= Rechtshistorische Reihe 268). Lang, Frankfurt am Main 2003. XI, 230 S. Besprochen von Wolfgang Forster. ZRG GA 121 (2004) |
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Die 1999 in Kraft getretene Insolvenzordnung hat unter Zusammenführung von Konkurs und Vergleich die Rechtseinheit von alten und neuen Bundesländern hergestellt. Mit ihr hat das deutsche Insolvenzrecht auch terminologisch mit der Reichskonkursordnung von 1877, der „Perle der Reichsjustizgesetze“ (1 mit Zitat Uhlenbruck), gebrochen. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist, „die Entstehungsgeschichte der Reichkonkursordnung darzustellen sowie ihren Verlauf zu erklären und zu begründen.“ (2) Dazu greift die Verfasserin insbesondere auf die Auswertung unveröffentlichten Archivmaterials (V) zurück.
Auf diese kurze Zielbestimmung folgt etwas unvermittelt eine Darstellung der Geschichte des europäischen Konkursrechts schlechthin (3-85) mit den Stationen des römischen Rechts, des italienischen Statutarrechts, des spanischen Rechts sowie der Rechtsentwicklung in Deutschland bis zur preußischen Konkursordnung von 1855 (35-85). Dazu verwertet die Autorin umfassend die einschlägige Literatur, die vorwiegend aus dem 19. Jahrhundert stammt. Die Darstellung bewegt sich dabei ganz in den Bahnen von Josef Kohlers Ausführungen in seinem „Lehrbuch des Konkursrechts“ (1891) und seinem „Leitfaden des Deutschen Konkursrechts“ (2. Auflage 1903). Dabei beruht diese Übereinstimmung wohl weniger auf direkter Abhängigkeit als auf dem enormen Einfluss, den Kohlers Darstellung gewinnen konnte. Dieser erklärt sich aus seiner materialreichen, mit der griffigen Dichotomie von gläubigerautonomen und obrigkeitlichem Verfahren durchgeführten und auf fassliche Rechtskreise (Italien, Spanien, Niederlande, Frankreich) zugeschnittenen Darstellung. Ihrer suggestiven Kraft konnten sich die nachfolgenden Autoren kaum entziehen (vgl. zum Beispiel 27 mit Fn. 200). Besonders ärgerlich ist |