5541 | Rachinburge (lat.-afrk. rachinburgius M.) ist vom 6. bis zum 8. Jh. der erfahrene Franke, der auf dem Malberg gemeinschaftlich mit meist 6 anderen Rachinburgen das Urteil findet. Er wird teils als Ratsbürge, teils als Rechenbürge erklärt. Zwischen 770 und 780 ersetzt König Karl der Große die Rachinburgen durch ständige →Schöffen. Lit.: Kroeschell, DRG 1; Köbler, DRG 86; Sohm, R., Die fränkische Reichs- und Gerichtsverfassung, 1871, 372; Hübner, R., Gerichtsurkunden der fränkischen Zeit, 1891; Nehlsen-von Stryk, K., Die boni homines, 1981, 50; Weitzel, J., Dinggenossenschaft und Recht, 1985; Köbler, G., Wörterbuch des althochdeutschen Sprachschatzes, 1993 |
5542 | Radbruch, Gustav Lambert (Lübeck 21. 11. 1878-Heidelberg 23. 11. 1949), Kaufmannssohn, wird nach dem Rechtsstudium in München, Leipzig (Sohm, Binding) und Berlin in Heidelberg (Lilienthal) außerordentlicher Professor, danach ordentlicher Professor in Königsberg, 1919 in Kiel, 1926 in Heidelberg sowie nach Ende der im Mai 1933 angeordneten Entlassung aus dem öffentlichen Dienst 1945 wieder in Heidelberg. 1921/1922 und 1923 wirkt er als sozialdemokratischer Reichsjustizminister, der sich für Sicherung und Reso-zialisierung als Strafzwecke einsetzt. In seinen neukantianischen Grundzügen der Rechtsphilosophie betont er zunächst unter Verneinung des Naturrechts Rechtssicherheit, Gerechtigkeit und soziale Zweckmäßigkeit, nach 1945 vor allem den Vorrang des übergesetzlichen Rechtes vor dem mit Hilfe eines Gesetzes geschaffenen Unrecht (Radbruch’sche Formel: [dass] zumindest dann der Gerechtigkeit der Vorrang vor der Rechtssicherheit einzuräumen [sei], wenn der Widerspruch des positiven Rechtes zur Gerechtigkeit ein so unerträgliches Maß erreicht hat, dass das formalistische Gesetz als ‚unrichtiges Recht‘ der Gerechtigkeit zu weichen hat). Lit.: Köbler, DRG 236; Radbruch, G., Rechtsphilosophie, 8. A. 1973; Spendel, G., Gustav Radbruch, 1967; Otte, H., Gustav Radbruchs Kieler Jahre 1919-1926, 1982; Radbruch, G., Gesamtausgabe, Bd. 1ff. 1987ff.(Bd. 20 Gesamtregister 2003); Adomeit, K., Gustav Radbruch, NJW 1999, 3465; Durth, H., Der Kampf gegen das Unrecht, 2001; Wiegand, M., Unrichtiges Recht, 2004; Klein, M., Demokratisches Denken bei Gustav Radbruch, 2007 |
5543 | Rädelsführer ist, wer eine führende Rolle in einer kleineren Gruppe von Menschen (Straftätern) einnimmt. Der R. wird in der Neuzeit in einzelnen Straftatbeständen besonders hervorgehoben. |
5544 | Rädern ist die jedenfalls bereits im Frühmittelalter bezeugte, unter Verwendung eines Rades entweder durch Brechen des Rückgrats oder der Körperglieder erfolgende →Todesstrafe. Lit.: Mommsen, T., Römisches Strafrecht, 1899, Neudruck 1961; His, H., Das Strafrecht des deutschen Mittelalters, Bd. 1 1920, 496; Amira, K. v., Die germanischen Todesstrafen, 1922, 106, 204; Scheele, F., di sal man alle radebrechen, Bd. 1 1992; Am Anfang war das Rad, hg. v. Kemper, P., 1997 |
5545 | Radfahrer ist der Nutzer des in Mannheim 1817 von Karl Drais erfundenen Fahrrads. Lit.: Schubert, W., Die Anfänge eines modernen Verkehrsrechts im Radfahrrecht um 1900, ZRG GA 122 (2005), 194 |
5546 | Radizierung (F.) Verdinglichung, Verknüpfung mit einem Recht an einer Liegenschaft |
5547 | Radolfzell am Bodensee wird 1100 Begünstigter eines von Kaiser Heinrich IV. dem Abt von Reichenau für R. verliehenen Marktrechts. 1267 wird es Stadt. Am 18. 12. 1506 erlässt König Maximilian für die im 14. Jh. an Habsburg gelangte Stadt eine handschriftlich überlieferte, die malefitz-Recht benannte Halsgerichtsordnung, die eine Indizienlehre für die Folter noch nicht kennt. Lit.: Albert, P., Geschichte der Stadt Radolfzell, 1896; Ruoff, F., Die Radolfzeller Halsgerichtsordnung von 1506, 1912; Die maximilianischen Halsgerichtsordnungen, hg. v. Schmidt, E., 1949; Geschichte der Stadt Radolfzell, hg. v. Götz, F., 1967 |
5548 | Raetia →Rätien |
5549 | Ragusa Lit.: Bjelovučič, H., The Ragusan republic, 1970; Mitić, I., Die Republik Ragusa, ZRG GA 101 (1984), 301; Steindorff, L., Noch einmal Dubrovnik, ZRG GA 103 (1986), 248 |
5550 | Raiffeisengenossenschaft ist die von Friedrich Wilhelm Raiffeisen (Hamm/Sieg 30. 3. 1818-Neuwied 11. 3. 1888) nach 1847 gegründete ländliche Selbsthilfekreditgenossenschaft. Lit.: Köbler, DRG 174, 177; Werner, W., Zur Vorgeschichte der österreichischen Raiffeisenbewegung, 1993; Klein, W., Werk und Nachwirkung des Genossenschaftsgründers Friedrich Wilhelm Raiffeisen, 1997 |
5551 | Raimundus Lullus (Ramon Lull bzw. katalanisch Llull) ist der auf Palma de Mallorca zwischen 1232 und 1235 geborene, länger am Hof des Königs von Aragonien lebende, 1315 oder 1316 verstorbene Gelehrte, dessen in 280 bekannten echten Werken enthaltene Philosophie und Methodik die Rechtswissenschaft beeinflusst (z. B. Liber principiorum iuris [Buch der Rechtsgrundsätze], ars iuris [Kunst des Rechtes], ars de iure [Kunst vom Recht], ars brevis quae est de inventione mediorum iuris civilis [Kurze Kunst über die Erfindung von Mitteln des Zivilrechts, liber de modo applicandi novam logicam ad scientiam iuris et medicinae [Buch über die Art der Anwendung der neuen Logik auf die Wis-senschaft des Rechtes und der Medizin]). Lit.: Platzeck, E., Raimund Lull, Bd. 1f. 1962ff.; Lange, H./Kriechbaum, M., Römisches Recht im Mittelalter, Bd. 2 2007, 487; Raimundus Lullus, hg. v. Fidora, A./Rubio, J, 2008 |
5552 | Raimund von Peniaforte →Raymundus de Penyafort |
5553 | Rainerius de Forlivio ist ein wohl am Ende des 13. Jahrhunderts in Forli geborener, in Bologna ausgebildeter, in Castel San Piero, Pisa und Padua lehrender, 1358 verstorbener Jurist (Kommentare, additiones, repetitiones, Traktate, consilia). Lit.: Lange, H./Kriechbaum, M., Römisches Recht im Mittelalter, Bd. 2 2007, 734 |
5554 | Raitkammer (Rechnungskammer, Finanzbehörde König Maximilians in Tirol 1491) |
5555 | Raleigh, William (†1250) wird 1214 Schreiber bei dem Richter Martin Pateshul, 1229 Richter, 1234 Richter an King’s Bench, 1239 Bischof von Norwich und 1252 Bischof von Winchester. Er gilt teilweise als bedeutendster Richter des mittelalterlichen →England. Lit.: Meekings, C., Studies in the 13th Century justice, 1981 |
5556 | Randa, Antonín (1834-1914) wird nach dem Rechtsstudium in Prag dort 1862 außerordentlicher Professor, 1868 ordentlicher Professor und 1904 Minister. Er ist der wichtigste Vertreter der tschechischen Rechtswissenschaft des 19. Jh.s. Lit.: Randa jubilejni památnik, 1934; Antologie ceské právní vedy, 1993, 113 |
5557 | Rang (Wort 1670) ist die bestimmte Stufe innerhalb einer Ordnung. Bedeutsam ist dabei vor allem auch ein R. eines Sachenrechts für die Reihenfolge der Befriedigung bei zur Befriedigung aller Gläubiger nicht ausreichendem Vermögen des Schuldners in der Einzelzwangsvollstreckung. Hier gilt bereits im römischen Recht der Grundsatz der Priorität (einer bestimmten vom Recht dafür festgelegten Handlung), der allerdings durch-brochen werden kann. Im geltenden deutschen Recht dient auch die →Vormerkung der Sicherung des Ranges. Lit.: Kaser §§ 31 I 1c, 31 III 3; Hübner; Hedemann, J., Die Fortschritte des Zivilrechts im 19. Jahrhundert, Bd. 2, 2, 1935, 5, 21, 78 u. ö.; Coing, H., Europäisches Privatrecht, Bd. 1f. 1985ff.; Köbler, U., Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechtswortschatzes, 2010 |
5558 | Ranshofen am Inn ist Ort einer bayerischen Pfalz, in der 985/995 ein Gesetz (lat. F. constitutio) des Herzogs erlassen wird, das sich mit der Flucht und den Handlungen Unfreier befasst. Lit.: Wohlhaupter, E., Hoch- und Niedergericht, 1929, 167; Scherr, L., Studien zur Geschichte des Augustiner Chorherrenstiftes Ranshofen am Inn und seines Archivs, Mitt. d. Oberöst. Landesarchivs 21 (2008), 143 |
5559 | Rantzau bei Plön ist Sitz einer reichsunmittelbaren Grafschaft, in deren Gut Ascheberg der Graf 1739 mit der Abschaffung der Leibeigenschaft beginnt. Lit.: Köbler, DRG 174; Ranert, M., Die Grafschaft Rantzau, 1840 |
5560 | Ranulf de →Glanvill |