5281 | Politbüro (politisches Büro) ist das oberste Führungsorgan kommunistischer Parteien im 20. Jh. (z. B. Sowjetunion seit 1917). |
5282 | Politik ist das auf die Gestaltung des (öffentlichen) Lebens gerichtete Verhalten. Zunächst vor allem Gesellschaftslehre (Platon, Aristoteles, Thomas von Aquin) wird P. seit der frühen Neuzeit (Machiavelli) zur Machttechnik. Lit.: Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 4 1978, 789; Groß, L., Die Reichspolitik der Habsburger, N. Jb. f. dt. Wiss. 13 (1937); Schmidt, E., Die Justizpolitik Friedrichs des Großen, 1962; Kunisch, J., Staatsverfassung und Mächtepolitik, 1979; Fricke, K., Politik und Justiz in der DDR, 1979; Vormbaum, T., Politik und Gesinderecht, 1981; Rückert, J., Idealismus, Jurisprudenz und Politik bei Friedrich Carl von Savigny, 1984; Classen, C., Recht – Rhetorik - Politik, 1985; Karniel, J., Die Toleranzpolitik Kaiser Josephs II., 1986; Ribhegge, W., Konservative Politik in Deutschland, 1989; Eisfeld, R., Ausgebürgert und doch angebräunt, 1991, 2. A: 2013; Lexikon der Politik, hg. v. Nöhlen, D. u. a., Bd. 1ff. 1992ff.; Angermeier, H., Politik, Religion und Reich bei Kardinal Melchior Khlesl, ZRG GA 110 (1993), 249; Das Publikum politischer Theorie im 14. Jahrhundert, hg. v. Miethke, J., 1992; Althoff, G., Spielregeln der Politik im Mittelalter, 1997; Henning, O., Geschichte des politischen Denkens, 1998; Klassiker des politischen Denkens, hg. v. Maier, H. u. a., Bd. 1f. 2001; Bleek, W., Geschichte der Politikwissenschaft in Deutschland, 2001; Berg-Schlosser, D./Stammen, T., Einführung in die Politikwissenschaften, 7. A. 2003; Pfetsch, F., Theoretiker der Politik, 2003, 2012; Schultheiß-Heinz, S., Politik in der europäischen Publizistik, 2004; Geschichte des politischen Denkens, 2004; Ottmann, H., Geschichte des politischen Denkens, Bd. 2, Teilbd. 2 Das Mittelalter, 2004; Porträtgalerie der politischen Denker, hg. v. Mayer-Tasch, P. u. a., 2004; Biographisches Handbuch der deutschen Politik, hg. v. Jahn, B., 2004; Botsch, G., Politische Wissenschaft im zweiten Weltkrieg, 2005;;Schorn-Schütte, L., Historische Politikforschung, 2006; Miethke, J., Mittelalterliche Politiktheorie, 2007; Politik und Sprache im fühneuzeitlichen Europa, hg. v. Nicklas, T. u. a., 2007; Miethke, J., Politiktheorie im Mittelalter, 2008; Science politique et droit public dans les facultés de droit européennes, hg. v. Krynen, J. u. a., 2008; Das Politische, hg. v. Gangl, M., 2008; Hölkeskamp, K., Mythos und Politik, HZ 288 (2009), 1; Studien zur politischen Kultur Alteuropas, hg. v. Gotthard, A. u. a., 2009; Politik und Kommmikation, hg. v. Bulst, N., 2009; Ladwig-Winters, S., Ernst Fraenkel, 2010; Dietz, A., Das Primat der Politik, 2011; Pfennig, W., Definitionen. Moderne Politikwissenschaft, 2011; Henkel, M., Hermann Hellers Theorie der Politik und des Staates, 2011; Hefty, G., Das deutsche Politikroulette, 2013; Politics, Law, Society, History and Religion in the Politica (1590s-1650s, hg. v. Friedeburg, R. v., 2013 |
5283 | politisch, Adj. die Allgemeinheit und die in ihr vertretenen Zielsetzungen betreffend |
5284 | Politische Justiz ist allgemein die nach politischen Gesichtspunkten handelnde, parteipolitsch abhängige →Justiz, im engeren Sinn die den Prozess zu politischen Zwecken missbrauchende Justiz. Lit.: Kroeschell, DRG 3; Kroeschell, 20. Jh.; Hannover, H./Hannover, E., Politische Justiz 1918-1933, 1966; Politische Strafjustiz 1951-1968, hg. v. Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, 1998; Weber, P., Justiz und Diktatur, 2000 |
5285 | Politische Klausel ist seit dem 19. Jh. die Klausel in Konkordat oder Kirchenvertrag, die es dem Staat ermöglicht, staatspolitische Einwendungen gegen einen von der Kirche für ein Führungsamt in Aussicht Genommenen zu erheben. Lit.: Weber, W., Die politische Klausel in den Konkordaten, 1940; Kaiser, J., Die politische Klausel der Konkordate, 1949; Feine, H., Kirchliche Rechtsgeschichte, 1950, 5. A. 1972, 737; Erler, A., Kirchenrecht, 5. A. 1983, 105 |
5286 | Politische Partei ist die auf Teilhabe an der →Politik ausgerichtete →Partei. Sie tritt in England seit 1832 deutlicher hervor (Carlton Club 1832, Reform Club 1836, Complete Suffrage Union 1865). Im →Deutschen Bund erscheinen örtliche Vereinigungen zur Unterstützung von Kandidaten bereits vor 1848, doch zeigen sich fraktionsähnliche Clubs erst in der Frankfurter Paulskirchenversammlung von 1848 (Demokratische Linke, liberale Mitte, Konservative). Lit.: Bergsträsser, L./Mommsen, W., Geschichte der politischen Parteien in Deutschland, 11. A. 1965; Seifert, K., Die politischen Parteien, 1975 |
5287 | Politischer Prozess ist der zu politischen Zwecken missbrauchte Prozess. Er findet sich schon sehr früh an vielen Orten. Üblich wird die Benennung im 19. Jh. Lit.: Hannover, H./Hannover, E., Politische Justiz 1918-1933, 1966; Jacta, M. [Schwinge, E.], Berühmte Strafprozesse, 1967ff.; Tolksdorf, M., Politische „Prozesse“ der Merowinger, 1980 |
5288 | Polizei, Policey, ist im klassischen Sinn die Gesamtheit der auf Abwehr von Gefahren und Beseitigung von Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gerichteten Staatstätigkeit, im institutionellen Sinn die Gesamtheit der durch die im Vollzugsdienst beschäftigten Dienstkräfte ausgeführten Staatstätigkeiten. Um 1500 (1464) wird P. (Policey) als zu (griech. [F.]) politeia gebildetes Lehnwort (aus Frankreich [14. Jh., Übersetzung Aristoteles’ durch Nicolas Oresme 1371], unmittelbare Übernahme in ordonnances des Königs, rezipiert) über die burgundische Kanzlei (?) in die deutsche Sprache eingeführt. Unter der guten Ordnung und P. ist dabei alle auf die Wahrung und Förderung des geordneten Zustands des Gemeinwesens gerichtete, sich im Absolutismus erheblich verdichtende, durchaus auch von unten her angeregte Staatstätigkeit zu verstehen. Darunter können die verschie-densten Angelegenheiten vereinigt werden (Fluchen und Schwören, Sittlichkeit und Ehe, Luxus, Spiel, Wirtshaus, Gesundheit, Markt, Preis, Straßenbau). Allerdings engt sich bereits im 18. Jh. dieser Polizeibegriff wohl unter dem Einfluss der Gewaltenteilungslehre, des Physiokratismus und anschließend des Liberalismus sachlich auf einen Teilbereich der Verwaltung (Gefahrenabwehr) und institutionell auf eine Behörde und deren Mitglieder ein. Johann Stephan →Pütter (1725-1807) beschränkt die Zuständigkeit der P. auf die Abwehr von Gefahren. Dem folgt das preußische Allgemeine Landrecht von 1794 (II, 17 § 10). Dieser aufgeklärte Polizeibegriff wird in Preußen aber schon 1808 wieder aufgegeben. Dagegen erlassen Bayern (1861), Baden (1863) und Württemberg (1871) rechtsstaatlich geprägte Polizeistrafgesetzbücher. In Österreich wird die Polizei unter Maria Theresia (1740-1780) gegründet, unter ihrem Sohn Joseph II. ausgebaut und 1848 um die Gendarmerie (bis 2006) ergänzt, die an Stelle der Grundherrschaften für die öffentliche Sicherheit zuständig ist und zur Unterstützung der Justiz Recherchen unmittelbar übernehmen soll. In Preußen spricht das Oberverwaltungsgericht 1882 im sog. →Kreuzbergurteil der P. die Zuständigkeit für Maßnahmen der Wohlfahrtspflege, sofern nicht eine spezielle rechtliche Grundlage vorliegt, ab. Nach dem Polizeibeamtengesetz (1927), dem Polizeikostengesetz (1929) und dem Gesetz über die Aufhebung veralteter Polizei- und Strafgesetze von 1931 schafft Preußen am 31. 1. 1932 mit seinem Polizeiverwaltungsgesetz einen wichtigen einheitlichen modernen Baustein für ein deutsches Verwaltungsrecht. Im Dritten Reich dient die P. der Durchsetzung totalitärer Herrschaft. Nach 1945 wird unter dem Einfluss der alliierten Besatzungsmächte die innere Verwaltung entpolizeilicht und weitgehend neuen Ordnungsbehörden übertragen. Lit.: Kroeschell, DRG 2, 3; Köbler, DRG 134, 151, 198, 203, 233, 234; Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 4 1978, 875; Delamare, N., Traité de la police, 1705ff.; Westphal, E., Das deutsche Staatsrecht, 1784, 358; Berg, H. v., Handbuch des deutschen Polizeirechts, Bd. 1ff. 1799ff.; Mayer, H., Polizeigewalt in Hessen, 1951 (Diss.); Schmucker, H., Das Polizeiwesen im Herzogtum Württemberg, Diss. jur. Tübingen 1957; Knemeyer, F., Polizeibegriffe, Archiv f. öff. Recht 92 (1967), 153; Lieberich, H., Die Anfänge der Polizeigesetzgebung, FS M. Spindler, 1969, 307; Götz, V., Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 1971, 13. A. 2001; Schulze, R., Die Polizeigesetzgebung, 1978; Siemann, W., Deutschlands Ruhe, Sicherheit und Ordnung, 1980; Maier, H., Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre, 2. A. 1980, 98, 4. A. 2009; Schulze, R., Policey und Gesetzgebungslehre im 18. Jahrhundert, 1982; Kroeschell, K., Justizsachen und Polizeisachen, FS H. Thieme, 1983; Preu, P., Polizeibegriff und Staatszwecklehre, 1983; Der „Polizeiverein“ deutscher Staaten, hg. v. Siemann, W., 1983; Siemann, W., Deutschlands Ruhe, Sicherheit und Ordnung. Die Anfänge der politischen Polizei 1806-1866, 1985; Gessner, K., Geheime Feldpolizei, 1986; Harnischmacher, R./Semerak, A., Deutsche Polizeigeschichte, 1986; Naucke, W., Vom Vordringen des Polizeigedankens im Recht, FS A. Erler, 1986, 177; Schulze, R., Polizeirecht im 18. Jh., FS A. Erler, 1986, 199; Leßmann, P., Die preußische Schutzpolizei, 1989; Just, S., Polizeibegriff und Polizeirecht im Nationalsozialismus, Diss. jur. Würzburg 1990; Härter, K., Entwicklung und Funktion der Policeygesetzgebung, Ius commune 20 (1993), 61; Gebhardt, H., Die Grazer Polizei 1786-1850, 1992; Philipp, M., Das Regentenbuch des Mansfelder Kanzlers Georg Lauterbeck, 1996 (erste umfassende Lehre der guten policey); Policey in Europa, hg. v. Stolleis, M., 1996; Die deutsche Polizei und ihre Geschichte, hg. v. Nitschke, P., 1996; Durand, B., La notion de police en France, 1996; Wilhelm F., Die Polizei im NS-Staat, 1997; Hachenberg, K., Die Entwicklung der Polizei in Köln, 1997; Knöbl, W., Polizei und Herrschaft im Modernisierungsprozess, 1998; Banach, J., Heydrichs Elite, 3. A. 2002; Winter, M., Politikum Polizei, 1998; Kissling, P., „Gute Policey“ im Berchtesgadener Land, 1999; Jäger, J., Die informelle Vernetzung politischer Polizei nach 1848, ZRG GA 116 (1999), 266; Matsumoto, N., Polizeibegriff im Umbruch, 1999; Wilhelm, F., Die Polizei im NS-Staat, 2. A. 1999; Stahlschmidt, J., Policey und Fürstenstaat, Diss. jur. Bochum 1999; Jäger, J., Die informelle Vernetzung politischer Polizei, ZRG 116 (1999), 266; Policey und frühneuzeitliche Gesellschaft, hg. v. Härter, K., 2000; Landwehr, A., Policey im Alltag, 2000; Wüst, W., Die „gute“ Policey im Reichskreis, Bd. 1ff. 2001ff.; Policey in lokalen Räumen. Ordnungskräfte und Sicherheitspersonal in Gemeinden und Territorien vom Spätmittelalter bis zum frühen 19. Jahrhundert, hg. v. Holenstein, A. u. a., 2002; Wagner, P., Hitlers Kriminalisten, 2002; Gute Policey als Politik im 16. Jahrhundert, hg. v. Blickle, P. u. a., 2003; Naas, S., Die Entstehung des preußischen Polizeiverwaltungsgesetzes von 1931, 2003; Lindenberger, T., Volkspolizei, 2003; Holenstein, A., Gute Policey und lokale Gesellschaft, 2003; Iseli, A., Bonne police, 2003; Gut, F., Mit der Pranke und dem Zürcher Schild, 2003; Napoli, P., La naissance de la police moderne, 2003; Weinhauer, K., Schutzpolizei in der Bundesrepublik, 2003; Simon, T., Gute Policey, 2004; Eibich, S., Polizei, „Gemeinwohl“ und Reaktion, 2004; Sälter, G., Polizei und soziale Ordnung in Paris, 2004; Schmelz, C., Die Entwicklung des Rechtswegestaates, 2004; Curilla, W., Die deutsche Ordnungspolizei und der Holocaust im Baltikum und in Weißrussland 1941-1944, 2005; Härter, K., Policey und Strafjustiz in Kurmainz, 2005; Schwegel, A., Der Polzeibegriff im NS-Staat, 2005; Möller, C., Medizinalpolizei, 2005; Polizei, Recht und Geschichte, hg. v. Gebhardt, H, 2006; Die lokale Policey, hg. v. Wüst, W., 2008; Landesordnung und gute Policey, hg. v. Gehringer, H. u. a., 2008; Iseli, A., Gute Policey, 2009; Brunner, H., Polizeigesetzgebung im Herzogtum Bayern 1508-1598, 2009; Selowski, H., Die Berliner Kriminalpolizei zwischen 1811 und 1885, 2011 |
5289 | Polizeigesetzgebung →Polizei, Polizeiordnung |
5290 | Polizeiordnung ist die in der frühen Neuzeit zur Wahrung und Schaffung der guten →Polizei erlassene →Ordnung. Sie findet sich in Ansätzen bereits in der spätmittelalterlichen Stadt (Nürnberg 1281). Durch sie sorgt die Obrigkeit für gute →Ordnung und →Polizei, sei es bewahrend, sei es gestaltend. Einer ihrer wichtigsten Gegenstände sind die Luxusverbote. Im Laufe der frühen Neuzeit verlagert sich das Schwergewicht vom religiös-moralischen zum wirtschaftlich-rationalen Bereich. In Bayern werden vom Herzog zwischen 1478 und 1598 nahezu 1000 Landgebote erlassen. Lit.: Kroeschell, DRG 2; Köbler, DRG 113, 138, 139; Segall, J., Geschichte und Strafrecht der Reichspolizei-ordnungen, Diss. jur. Gießen 1914; Schmelzeisen, G., Polizeiordnungen und Privatrecht, 1955; Quellen zur neueren deutschen Privatrechtsgeschichte, Bd. 2 Landes- und Polizeiordnungen, hg. v. Schmelzeisen, G., 1968ff.; Dorf-Policey-Ordnung und Instruction für die Dorf-Scholzen für das Herzogthum Schlesien, hg. v. Wacke, G., 1971; Brauneder, W., Das Strafrecht in den österreichischen Polizeiordnungen, (in) Wege europäischer Rechtsgeschichte, hg. v. Köbler, G., 1987, 1; Buchholz, W., Anfänge der Sozialdisziplinierung, ZHF 18 (1991); Härter, K., Entwicklung und Funktion der Policeygesetzgebung, Ius commune 20 (1993), 61; Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter, K. u. a., Bd. 1ff. 1996ff.; Rigaudière, A., Les ordonnances de police, 1996; Weber, M., Die schlesischen Polizei- und Landesordnungen, 1996; Weber, M., Bereitwillig gelebte Sozialdisziplinierung, ZRG GA 115 (1998), 420; Linck, S., Der Ordnung verpflichtet, 2000; Weber, M., Die Reichspolizeiordnungen von 1530, 1548 und 1577, 2002; Brück, A., Die Polizeiordnung Herzog Christians von Braunschweig-Lüneburg vom 6. Oktober 1618, 2003; Brunner, H., Polizeigesetzgebung im Herzogtum Bayern 1508-1598, 2010; Berkvens, A., Plakkaten, Ordonnanties en Circulaires voor Pruisisch Gelre 1713-1798, 2012 |
5291 | Polizeirecht ist das die →Polizei betreffende →Recht. Lit.: Köbler, DRG 259; Berg, H. v., Handbuch des deutschen Polizeirechts, Bd. 1ff. 1799ff.; Schulze, R., Polizeirecht im 18. Jahrhundert, FS A. Erler, 1986, 199; Geschichte der deutschen Volkspolizei, 2. A. 1987; Hartleif, W., Das Polizeirecht in Düsseldorf, Diss. jur. Köln 1990; Just, S., Polizeibegriff und Polizeirecht im Nationalsozialismus, Diss. jur. Würzburg 1990; Popp, R., Disziplinierung durch Polizeirecht, Diss. jur. Regensburg 1995; Handbuch des Polizeirechts, hg. v. Lisken, H. u. a., 2. A. 1996; Weber, M., Bereitwillig gelebte Sozialdisziplinierung, ZRG GA 115 (1998), 420; Pauly, J., Die Entstehung des Polizeirechts als wissenschaftliche Disziplin, 2000; Bastian, D., Westdeutsches Polizeirecht unter alliiertser Besatzung (1945-1955), 2010 |
5292 | Polizeistaat ist in jeweils verschiedenem Sinn der von der →Polizei geprägte Staat des aufgeklärten Absolutismus (Wohlfahrtsstaat) wie der totalitären Diktatur (Unrechtsstaat). Lit.: Kroeschell, DRG 3; Vollmer, B., Volksopposition und Polizeistaat, 1957; Strafjustiz und Polizei im Dritten Reich, hg. v. Reifner, U. u. a., 1984; Gutmann, T., Paternalismus, ZRG GA 122 (2005), 150 |
5293 | Polizeiwissenschaft ist die in der späteren Aufklärung erwachsende Wissenschaft von der →Polizei (bzw. Verwaltung). Lit.: Kroeschell, DRG 3; Justi, J. v., Ausführliche Vorstellung der gesamten Polizeiwissenschaft, Bd. 1f. 1760f., Neudruck 1965; Pfeiffer, J. v., Polizeiwissenschaft, 1779, Neudruck 1970; Maier, H., Die ältere deutsche Verwaltungslehre (Polizeiwissenschaft), Politica 13 (1966) |
5294 | Pollock, Sir Frederick (1845-1937), wird nach dem Studium in Cambridge und der Rechtsausbildung in Lincoln’s Inn 1871 Anwalt. 1876 veröffentlicht er (engl.) Principles of Contract (Vertragsgrundsätze). Von 1883 bis 1903 ist er Professor in Oxford und lehrt zeitweise auch an den Inns of Court und in Indien. 1895 verfasst er ein Kapitel von →Maitlands History of English Law. Lit.: Simpson, A., Biographical Dictionary of the Common Law, 1984, 421 |
5295 | Polnisches Recht ist das in →Polen geltende Recht. Es ist lange Zeit ein niemals vollständig aufgezeichnetes Gewohnheitsrecht (Landrecht), zu dem nur wenige privatrechtliche Gesetze (z. B. [lat.] Formula [F.] processus 1523, Hypothekengesetz 1588, Wechselgesetz 1775), aber mehrere partikulare Rechtsfestlegungen (z. B. Statuten Masowiens 1532, 1540, preußische Korrektur 1598, litauische Statuten 1529, 1566, 1588) kommen. Streitig ist dabei die Frage des Einflusses des →deutschen Rechtes. Jedenfalls in den Städten ist er nachweisbar (Magdeburger Recht, Neumarkter Recht, Kulmer Recht, Lübecker Recht). Im 16. Jh. stellt der Krakauer Jurist Bartholomäus Groicki aus dem heimischen, römischen und sächsischen Recht ein (lat.) ius (N.) municipale Polonicum (polnisches Stadtrecht) zusammen und bearbeitet 1559 die (lat.) →Constitutio (F.) Criminalis Carolina (1532) für Polen. 1772 wird Polen geteilt. Am 3. 5. 1791 gibt sich Polen erstmals ein grundlegendes Verfassungsgesetz, wird aber 1793 und 1795 zwischen Russland, Preußen und Österreich weiter aufgeteilt. Von 1807 bis 1815 gilt im Herzogtum Warschau französisches Recht. Das 1818 geschaffene Strafgesetzbuch des Königreichs Polen folgt österreichischem Vorbild, das gleichzeitige Hypothekengesetz preußischem. 1847 wird das Strafgesetzbuch erneuert. Im Übrigen gelten die bisherigen Regeln fort. 1928 wird nach der Erneuerung Polens (1918) durch ein Strafprozessgesetzbuch, 1930 durch ein Zivilprozessgesetzbuch, 1932 durch ein Strafgesetzbuch und 1933 durch ein Obligationengesetzbuch und ein Handelsge-setzbuch das Recht vereinheitlicht und neu gestaltet. 1945/1946 wird das Privatrecht vereinheitlicht und 1964 in einem Zivilgesetzbuch sowie einem Familien- und Vormundschaftsgesetzbuch neu gefasst. Lit.: Kutrzeba, S., Geschichte der Quellen des alten polnischen Rechts, 1926 (polnisch); Koranyi, K., Podstawy średniowiecznego prawa spadkowego (= Die Grundlagen des mittelalterlichen Erbrechts), 1930; Wojciechowski, Z., Das Ritterrecht in Polen, 1930; Matuszewski, J., Das älteste polnische Gewohnheitsrechtsbuch, 1959 (mitteldeutsch um 1300?); (Urteile der Obergerichte großpolnischer Städte aus dem 15. und 16. Jahrhundert), hg. v. Maisel, W., 1959; Bardach, J., Historia panstwa i prawa Polski, 2. A. 1964; Polish Law throughout the Ages, hg. v. Wagner, W., 1970; Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, hg. v. Coing, H., Bd. 2, 2 1976, 3,2,1982; Bardach, J. u. a., Historia panstwa i prawa polskiego, 1976; Sporn T., Die Stadt zu polnischem Recht, 1978; Studien zur Geschichte des sächsisch-magdeburgischen Rechts in Deutschland und Polen, hg. v. Willoweit, D./Schick, W., 1980; Maisel, W., Archelogia prawna Polski (Polnische Rechtsarchäologie), 1982; Sliwowski, J., Der Einfluss der Franziskana auf das erste polnische Strafgesetzbuch von 1818, ZRG GA 100 (1983), 284; Kren, J., Polnisches Recht und preußisches Recht, ZNR 1983, 147; Schnur, R., Einflüsse des deutschen und österreichischen Rechts in Polen, 1985; Ebel, F., Poloniae historia iuris – Neuere Literatur zur polnischen Rechtsgeschichte, ZRG GA 105 (1988), 331; Matuszewski, J., Chan (der Adelserschlei-chung Überführter), 1991; Lityński, A., Die Kodifikationskommission und ihre Arbeiten am Strafgesetzbuch der zweiten polnischen Republik, ZRG GA 112 (1995), 382; Najstarszy zwod prawa polskiego, hg. v. Matuszewski, J. u. a., 1995; Die polnische Verfassung vom 3. Mai 1791, hg. v. Reinalter, H., 1997; Normdurchsetzung in ost-europäischen Nachkriegsgesellschaften, Bd. 3, hg. v. Mohnhaupt, H., 1997 |
5296 | Polygamie (griech.) ist die Mehrehe oder Vielehe. Sie ist bei den Germanen zulässig. Das Christentum schließt sie aus. Das Naturrecht hält sie für möglich, doch setzt sich dies in den naturrechtlichen Kodifikationen nicht durch. Lit.: Freisen, J., Geschichte des kanonischen Eherechts, 2. A. 1893, Neudruck 1963, 364; Joyce, G., Die christliche Ehe, 1934; Müller-Lindenlauf, H., Germanische und spätrömisch-christliche Eheauffassung, Diss. jur. Freiburg im Breisgau 1969; Mildenberger, G., Sozial- und Kulturgeschichte der Germanen, 1972, 63; Brundage, J., Law, Sex and Christian Society, 1987 |
5297 | Polyptychon (N.) vielfältiges (Verzeichnis z. B. St. Germain-des-Prés 825/828) Lit.: Das Polyptychon von Saint-Germain-des-Prés, hg. v. Hägermann, D., 1993; Elmshäuser, K./Hedwig, A, Studien zum Polyptychon von Saint-Germain-des-Prés, 1993 |
5298 | Pommerellen Lit.: Kasiske, K., Das deutsche Siedelwerk des Mittelalters in Pommerellen, 1938 |
5299 | Pommern ist das beiderseits der Mündung der Oder in die Ostsee liegende, zu 1046 als P. benannte Gebiet, das nach Abzug der Germanen im 6./7. Jh. von →Slawen besiedelt wird und in dem die Herrschaft der →Greifen 1181 als Herzogtum des deutschen Reiches anerkannt wird. 1648 bzw. 1815 gelangt es an Brandenburg, 1945/1990 im östlichen Teil an Polen. Besonders bedeutsam sind dementsprechend nacheinander lübisches, gemeines und preußisches Recht. Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Brünneck, W. v., Die Leibeigenschaft in Pommern, ZRG GA 9 (1888), 104; Linke, L., Die pommerschen Landesteilungen im 16. Jahrhundert, Diss. phil. Greifswald 1935, Dokumentation der Vertreibung der Deutschen, hg. v. Schieder, T., 1953f.; Grundriss der deutschen Verwaltungsgeschichte 1815-1945, hg. v. Hubatsch, W., 1975f.; Benl, R., Die Gestaltung der Bodenrechtsverhältnisse in Pommern, 1986; Buchholz, W., Öffentliche Finanzen und Finanzverwaltung, 1992; Pommern, hg. v. Lucht, D., 1995; Pommersches Wörterbuch, hg. v. Hermann-Winter, R. u. a., Bd. 1f. 1997ff.; Pommern, hg. v. Buchholz, W., 1999; Justitia in Pommern, hg. v. Alvermann, D. u. a., 2004; Schmidt, R., Das historische Pommern, 2006; Kurzer Abriss der mecklenburgischen und vorpommerschen Verfassungsgeschichte, verantw. v. Kuhn, H., 2007; Die Herzöge von Pommern. Zeugnisse der Herrschaft des Greifenhauses, hg. v. Buske, N., 2012; Biographisches Lexikon für Pommern, hg. v. Alvermann, D. u. a., Bd. 1ff. 2012 (60 Menschen); Die historische Kommission für Pommern 1911-2011, hg. v. Jörn, N., 2012; Biographisches Lexikon für Pommern, hg. v. Alvermann, D., Bd. 2013 |
5300 | Pomponius, Sextus (Mitte des 2. Jh.s n. Chr.) ist ein römischer, über seine 300 Bücher hinaus kaum bekannter Jurist. Drei Kommentare betreffen die Darstellung des römischen Rechtes durch Mucius Scaevola (39 Bücher), durch →Sabinus (35 bzw. 36 Bücher) und das →Edikt. In dem auszugsweise in den →Digesten überlieferten Einführungslehrbuch Enchiridion stellt P. kurz und klar die Geschichte der römischen Rechtsquellen bis zur eigenen Gegenwart, die römischen Ämter und die römischen Juristen bis Julian dar. Lit.: Söllner § 16; Köbler, DRG 39; Kunkel, W., Herkunft und soziale Stellung der römischen Juristen, 2. A. 1967, 170; Schulz, F., Geschichte der römischen Rechtswissenschaft, 1961, 203; Harke, J., Argumenta Pomponiana, 2014 |