Köbler, Gerhard

 

Die Häufigkeit der zur Darstellung des Altsächsischen verwendeten Buchstaben

 

Das altsächsische Sprachgebiet umfasst räumlich den Bereich zwischen den Slawen - jenseits von Merseburg, Halle, Magdeburg, Lüneburg und Bardowiek - im Osten, der Eider im Norden, der Geestgrenze, der Südgrenze Ostfrieslands und der Groninger Ommelande im Nordwesten, den noch sächsischen Stiftern Essen und Werden im Südwesten, dem Rothaargebirge und dem Südharz im Süden. Zeitlich gehören zum Altsächsischen alle Texte vom (8. bzw.) 9. bis zum 12. Jahrhundert (bzw. 1150). (Damit sind die 1927/1928 entdeckten und in ihrer Echtheit heftig umstrittenen sog. Weserrunen [550-600] als voraltsächsisch ausgeschlossen.) Sprachlich ist das wesentliche - mit [dem Westfränkischen,] dem Altniederfränkischem, dem Altfriesischen, dem Altenglischen und dem Altnordischen sowie dem Gotischen gemeinsame - Merkmal das Fehlen der zweiten, sog. althochdeutschen Lautverschiebung der Konsonanten. Die Abgrenzung zum Altniederfränkischen - und in gewissem Umfang auch zum Altmittelfränkischen wie dem sonstigen Althochdeutschen - ist im Einzelnen sehr umstritten und kaum sicher festzulegen.

 

Altsächsische Schreiborte waren vermutlich Essen, Werden, Freckenhorst, Münster, Osnabrück, Herzebrock, Herford, Korvei, Hameln, Fischbek, Paderborn, Minden, Gandersheim, Lamspringe, Dorstadt, Wendhausen, Quedlinburg, Hildesheim, Halberstadt, Merseburg, Magdeburg, Lüneburg, Bardowiek, Wildeshausen, Meppen, Bremen, Verden und Bosau. Allerdings sind die bischöflichen Skriptorien und Bibliotheken von Münster, Osnabrück, Paderborn, Minden, Verden und Bremen verschollen und haben von den sächsischen Klöstern der frühen Zeit nur Werden und Corvey (Korvei) Handschriften hinterlassen. Außerdem sind die meisten der in diesen Schreiborten verfertigten Texte (Annalen, Chroniken, Nekrologien, Viten usw.) lateinisch abgefasst und liefern für das Altsächsische nur Personennamen und Ortsnamen.

 

Innerhalb des Altsächsischen lässt sich mit einiger Sicherheit nur das Westfälische absondern, das bei den Vokalen der fränkischen Schreibweise nahe steht (Essener Heberegister, Beichtspiegel, [Beda-]Predigt, Freckenhorster Heberegister, Werdener Heberegister, Essener Evangeliarglossen, Prudentiusglossen aus Werden, Gregoriusglossen, Prudentiusglossenfragmente, altwestfälisches Taufgelöbnis, Psalmenauslegung). Aus einer Gegend östlich davon dürften die Psalmenübersetzung aus Lublin, die Straßburger Glossen, die Merseburger Glossen, die Lamspringer Glossen, die Pariser Prudentiusglossen, die Vergilglossen aus Oxford, eine Münze sowie die Gandersheimer Glossen stammen. Die Zuordnung der Heliandhandschriften ist streitig.  

 

In den 8235 erfassten Ansätzen und Verweisen sind 53728 Zeichen enthalten. Daraus errechnet sich eine durchschnittliche Ansatzlänge von 6,5243 Zeichen. Zur Darstellung des Altsächsischen ist grundsätzlich das Buchstabensystem (Alphabet) des klassischen Lateinischen verwendet, das aber in bestimmten Hinsichten auf Besonderheiten des Altsächsischen angepasst werden muss.

 

Ausgangspunkt sind also die 24 Zeichen des lateinischen Alphabets (a, b, c, d, e. f, g, h, i, k, l, m, n, o, p, q, r, s, t, u, v, x, y, z). Hinzu kommen als altsächsische Zusatzzeichen gegenüber dem Lateinischen j und w. Hieraus ergibt sich eine Gesamtzeichenzahl von 26 Zeichen.

 

Die Häufigkeit ihrer Verwendung hat mich schon von Beginn meiner Beschäftigung mit dieser Sprache besonders interessiert. Ich habe aber in der Literatur hierzu bislang keine besonderen genauen Angaben vorgefunden. Deswegen habe ich sie mit Hilfe eines von Josef Schönegger freundlicherweise für mich entwickelten Sortierprogramms selbst ermittelt.

 

Dieses gelangt unter der in der elektronischen Datenverarbeitung selbverständlichen Vereinzelung aller 26 Buchstaben (z. B. a, b, c, d usw.) und 60 Buchstabenvarianten (z. B. a, á, à usw.) zu folgenden Erkenntnissen:

 

Asc

Hex

Zeichen

Häufigkeit

97

61

a

5503

65

41

A

2

257,774

101,0306

ā̆

1

257

101

ā

692

226

0

â

27

230

0

æ

1

98

62

b

1035

66

42

B

1

384

180

ƀ

388

99

63

c

38

67

43

C

1

100

64

d

2219

101

65

e

1468

69

45

E

3

279

117

ė

854

275

113

ē

109

234

00EA

ê

593

102

66

f

1129

70

46

F

4

103

67

g

2315

71

47

G

3

104

68

h

2680

72

48

H

2

105

69

i

5253

73

49

I

1

237

00ED

í

1

299

012B

ī

874

238

00EE

î

1

106

006A

j

35

74

004A

J

3

107

006B

k

1928

75

004B

K

1

108

006C

l

2895

109

006D

m

1346

77

004D

M

1

110

006E

n

4839

78

004E

N

1

111

006F

o

2299

79

004F

O

2

333

014D

ō

680

244

00F4

ô

452

112

70

p

621

80

50

P

1

113

71

q

35

114

72

r

3792

82

52

R

4

115

73

s

2689

83

53

S

10

116

74

t

2968

84

54

T

3

117

75

u

1651

85

55

U

1

363

016B

ū

338

251

00FB

û

5

118

76

v

451

119

77

w

1447

87

57

W

8

120

78

x

1

121

79

y

3

122

007A

z

19

Hieraus lassen sich folgende Häufigkeiten ermitteln:

Zeichen

Varianten

Häufigkeit

Prozent

A

a A ā̆ ā â æ

6226

11,60%

B

b B ƀ

1424

2,70%

C

c C

39

0,10%

D

d

2219

4,10%

E

e E ė ē ê

3027

5,60%

F

f F

1133

2,10%

G

g G

2318

4,30%

H

h H

2682

5,00%

I

i I í ī î

6130

11,40%

J

j J

38

0,10%

K

k K

1929

3,60%

L

l

2895

5,40%

M

m M

1347

2,50%

N

n N

4840

9,00%

O

o O ō ô

3433

6,40%

P

p P

622

1,20%

Q

q

35

0,10%

R

r R

3796

7,10%

S

s S

2699

5,00%

T

t T

2971

5,50%

U

u U ū û

1995

3,70%

V

v

451

0,80%

W

w W

1455

2,70%

X

x

1

0,00%

Y

y

3

0,00%

Z

z

19

0,00%

Summe

53727

100%

 

 

 

Ordnet man die Buchstaben nach ihren Häufigkeiten, so entsteht folgende Reihung

A

a A ā̆ ā â æ

6226

11,60%

I

i I í ī î

6130

11,40%

N

n N

4840

9,00%

R

r R

3796

7,10%

O

o O ō ô

3433

6,40%

E

e E ė ē ê

3027

5,60%

T

t T

2971

5,50%

L

l

2895

5,40%

S

s S

2699

5,00%

H

h H

2682

5,00%

G

g G

2318

4,30%

D

d

2219

4,10%

U

u U ū û

1995

3,70%

K

k K

1929

3,60%

W

w W

1455

2,70%

B

b B ƀ

1424

2,70%

M

m M

1347

2,50%

F

f F

1133

2,10%

P

p P

622

1,20%

V

v

451

0,80%

C

c C

39

0,10%

J

j J

38

0,10%

Q

q

35

0,10%

Z

z

19

0,00%

Y

y

3

0,00%

X

x

1

0,00%