Votýpka, Vladimir, Rückkehr des böhmischen Adels, aus dem Tschechischen von Reichel, Walter/Reichel, Simin. Böhlau, Wien 2010. 400 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Das seit dem 6. Jahrhundert von Slawen an der Stelle abziehender Germanen besiedelte, unter Ottokar II. ab 1251 mit Österreich kurz verbundene und 1526 auf Grund von Erbansprüchen Ferdinands I. mit Zustimmung des heimischen Adels an Österreich gelangte Böhmen trennte sich erst am Ende des ersten Weltkriegs mit weiteren Gebieten von Österreich in der Form der Tschechoslowakei ab. Obwohl in ihr noch viele Familien deutscher Herkunft lebten, führte der spätestens seit 1848 deutlich sichtbar werdende Nationalismus am Ende des zweiten Weltkriegs zu Vertreibung und Flucht. Mit der Europäisierung Europas als Folge der europäischen Gemeinschaften wurde jedoch wieder ein friedlicher Ausgleich möglich.

 

In seinem Prolog beschreibt der Verfasser kurz, wie die Ereignisse vom Jahresende 1989 für das Leben in der Tschechoslowakei eine Reihe von Veränderungen bewirkten, die auch die Rechtsordnung umgestalteten. In der Folge kamen verschiedene Mitglieder des ehemaligen böhmischen Adels nach Böhmen, teils erstmals in ihrem Leben, teils auch nur zeitweise. Vielen von ihnen begegnete der Verfasser, der dies zum Anlass für insgesamt drei Bücher über den böhmischen Adel nahm, von denen das erste die Schicksale während der Herrschaft des Kommunismus behandelte und 2007/2008 unter dem Titel Böhmischer Adel - Familiengeschichten in deutscher Übersetzung erschien, während aus den folgenden beiden Bänden eine Auswahl der interessantesten Kapitel im vorliegenden Band getroffen wurde.

 

Erfasst sind dabei die Familien Mladota, Schwarzenberg, Battaglia, Mensdorff-Pouilly, Dobrzensky, Troskov, Kinsky, Belcredi, Dlauhowesky, Coudenhove-Kalergi, Lobkowicz, Czernin, Kolowrat und Razumovsky. Ihre Geschichten werden in vielen bunten Schilderungen einfühlend journalistisch dargestellt. Damit werden europäisch bedeutsame Fäden wieder verknüpft, die Böhmen und damit auch die gesamte Habsburgermonarchie über lange Zeit bedeutsam geprägt haben.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler