Amend-Traut, Anja, Die Spruchpraxis der höchsten Reichsgerichte im römisch-deutschen Reich und ihre Bedeutung für die Privatrechtsgeschichte (= Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung Heft 36). Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung e. V., Wetzlar 2008. 32 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Anja Amend-Traut, schon während des Studiums der Rechtswissenschaft in Frankfurt am Main seit 1992 bei Hans-Peter Benöhr tätig, 1997 mit der von Hans-Peter Benöhr betreuten Dissertation über die Kunst, eine Steuerfrage aus einer Parteifrage in eine Finanzfrage zu verwandeln, promoviert, danach wissenschaftliche Assistentin, 2007 unter der Betreuung durch Albrecht Cordes mit der grundlegenden Habilitationsschrift über Wechselverbindlichkeiten vor dem Reichskammergericht (2009) für deutsche Rechtsgeschichte, bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht und Rechtsvergleichung habilitiert und seit 2009 in Würzburg Professorin, hielt im Rahmen ihres Habilitationsverfahrens am 28. November 2007 ihre Antrittsvorlesung über die Spruchpraxis der höchsten Reichsgerichte im römisch-deutschen Reich und ihre Bedeutung für die Privatrechtsgeschichte. In erweiterter Fassung legte sie diese Studie wenig später im Rahmen der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung vor. Dies erscheint eine sehr gelungene Verbindung, obwohl der Vortrag über das Reichskammergericht hinaus auf die Spruchpraxis der höchsten Reichsgerichte insgesamt ausgreift.

 

Ausgangspunkt ist die Suche nach Frieden durch Recht, die Reichskammergericht und Reichshofrat, die beiden höchsten Reichsgerichte, nach den Eingangsworten der Verfasserin mit ihrer Amtsaufnahme 1495 leisten sollten. Vorrangig sollte in diesem Zusammenhang bei den Streitigkeiten des täglichen Lebens Frieden durch Recht geschaffen werden. Inwieweit dies wirklich gelang, versucht die Verfasserin in Füllung einer bisher bestehenden Forschungslücke rechtstatsächlich zu klären.

 

Dies gelingt ihr im Rahmen ihrer kurzen, mit anschaulichen Beispielen und Bildern ausgestatteten Studie mit großer Überzeugungskraft. Dabei findet sie in ihrer Schatztruhe etwa Konflikte aus der Abwicklung von Warenhandelsgeschäften unterschiedlichster Art, verschiedenste Aspekte des Zahlungsverkehrs, Besitzstreitigkeiten, Ehesachen, Vormundschaftssachen, Erbschaftsauseinandersetzungen, Anstellungsverhältnisse, besondere Handelsgeschäfte und Handelsgesellschaften, Versicherungen, Konkurse oder Vermietung und Verpachtung. Insgesamt kann die Verfasserin eindrucksvoll zeigen, dass der durch Recht initiierte Friede in einem geregelten Streitverfahren stets wieder auf Neue erkämpft werden musste, und abschließend nachdrücklich darauf hinweisen, dass die Frage, wie die höchstrichterlichen Prozessakten für die Erforschung der Geschichte der Rezeption des gelehrten Rechtes als gemeines Privatrecht in Deutschland fruchtbar gemacht werden können, in Zukunft noch sehr intensiv zu untersuchen sein wird.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler