Zweihundert (200) Jahre Wirtschaftsanwälte in Deutschland, hg. v. Pöllath, Reinhard/Saenger, Ingo, bearb. v. Heukamp, Markus. Nomos, Baden-Baden 2009. 319 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Woher kommen und wohin gehen die Wirtschaftsanwaltsfirmen in und aus Deutschland? fragt zu Beginn des vom Verlag leider für einen festen Rezensenten nicht zur Verfügung gestellten und deshalb ersatzweise vom Herausgeber nach Ausleihe angezeigten Werkes Reinhard Pöllath von P+P Pöllath und Partners. Nach seiner Ansicht gibt es seit 200 Jahren oder länger deutsche Wirtschaftanwaltsfirmen. Seit 1989 leben sie nach Beseitigung des Verbots der überörtlichen Grenzen und der Öffnung des eisernen Vorhangs in einer Welt ohne Grenzen, in der ihnen auch der durch die Schranken gewährte Schutz fehlt.

 

Als Kennzeichen des Wirtschaftsanwalts nennt er im Anschluss hieran die Spezialisierung auf das Rechtliche, die Erfahrung in solchen Vorgängen aus der Tätigkeit für andere und die Unabhängigkeit vom einzelnen Arbeitgeber. Danach legt er Grundthemen der Entwicklung deutscher Wirtschaftsanwälte dar (Aufbrüche und Einbrüche, räumliche Zerbrochenheit, Größe, Branchen-Konsolidierung). Seine anschließende Geschichte deutscher Wirtschaftsanwälte in Grundzügen behandelt drei Gründungswellen im 19. Jahrhundert (1822 Hamburg Knauth, 1840 Hamburg Noak, 1844 Hamburg Schroeder, 1858 Hamburg Israel (Cohen), 1873 Hamburg May, Mittelstrass, 1884 Hamburg Pels, 1890 Berlin Axster, 1895 Hamburg Utescher, 1895 Bielefeld Cramer, 1900 Frankfurt am Main Rohde), nach 1918 und nach 1945, angelsächsische Übernahmen und deutsche Ursprünge, regionale Verteilung, Kriege, Politik, Emigration, freiberufliche Hindernisse, hergebrachte Internationalität deutscher Wirtschaftsanwälte, Anwälte als Unternehmensleiter, Anwälte als Politiker, Wirtschaftsanwältinnen, Väter, Söhne und Verwandte, mit denen er den Kreis schließt, in dem deutsche Wirtschaftsanwälte seit 200 Jahren Bestandteil weltweiter gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklungen waren.

 

Dem folgen Einzelbetrachtungen zu 22 einzelnen Unternehmen. Sie reichen von Aulinger über Brandi Dröge Piltz Heuer & Grönemeyer, Clifford Chance, CMS Hasche Sigle, Esche Schümann Commichau, Freshfields Bruckhaus Deringer, Gleiss Lutz Hootz Hirsch, Göhmann, Harmsen Utescher, Heinemann & Partner, Hengeler Mueller, Latham & Watkins, Linklaters, Lovells, Nörr Stiefenhofer Lutz, P + P Pöllath + Partners, Redeker Sellner Dahs & Widmaier, SZA Schilling Zutt & Anschütz, Taylor Wessing, Graf von Westphalen, White & Case bis zu WilmerHale und bieten zahllose interessante Einzelheiten. Am Ende fragt Ingo Saenger Was heißt Wirtschaftsanwalt und zu welchem Ende studiert man Wirtschaftsrecht?

 

Der Anhang bietet ein siebzehnseitiges Literaturverzeichnis, eine Zeitleiste (ab 1743 Freshfields London, 1782 Taylor & Humbert London, 1802 Coward Chance London, 1822 Deuchler Krauel Commichau Hamburg, 1840 Stegemann Sieveking Lutteroth), die heutigen Kanzleien nach dem Jahr ihrer Gründung in Deutschland (von 1822 Esche Schümann Commichau Hamburg bis P + P Pöllath + Partners 1997 in München), die beschriebenen Kanzleien nach Orten, eine Liste der beschriebenen heutigen Kanzleien nach Größe (ab Freshfields Bruckhaus Deringer), ein Verzeichnis der Gespräche, ein Register der Sozietäten und Kanzleiverbünde und ein Personenregister. In jedem Fall werden dadurch die Wirtschaftsanwälte hervorragend ins Licht gerückt. Goldener Glanz fällt dabei schon vom Einband her auf die ideengebenden Herausgeber der vielfältige Aufschlüsse bietenden Sammeldarstellung.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler