Von der Ordnung zur Norm - Statuten in Mittelalter und früher Neuzeit, hg. v. Drossbach, Gisela. Schöningh, Paderborn 2010. 385 S., 11 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die seit 1997 durch Schriften über Konrad von Megenberg, christliche caritas, Hospitäler, die collectio Francofurtana und Zentrum und Netzwerk hervorgetretene, am Stephan Kuttner Institut für mittelalterliches kanonisches Recht in München tätige Herausgeberin legt in diesem Sammelband das Ergebnis einer internationalen Tagung vor, die an der Universität München vom 12. bis zum 14. Oktober 2006 stattfand. Träger war das Projektforum Mittelalter und frühe Neuzeit, das sich mittlerweile als Zentrum für Mittelalter- und Renaissancestudien mit dem Ziel neu konstituiert hat, als Zusammenschluss der an der Universität München im Bereich Mittelalter und Renaissance (600-1600) Lehrenden und Forschenden das interdisziplinäre Gespräch über die Grenzen der Fächer und Fakultäten hinweg zu fördern. Wie Claudia Märtl im kurzen Vorwort mitteilt, sind Ausarbeitung des Tagungskonzepts, Organisation und Betreuung des Tagungsbands wesentlich der Herausgeberin zu verdanken.

 

Die in München versammelten 30 Mitwirkenden auch aus Italien, Großbritannien und den Vereinigten Staaten befassten sich mit ihrem Thema aus historischer, rechtshistorischer, kunsthistorischer, sprachhistorischem musikhistorischer und philosophiehistorischer Sicht. Sie behandelten dabei den Raum von England bis nach Mallorca und von Paris bis Preußen. Gegliedert war die Tagung in sieben Sektionen.

 

Im Prolog der vom Reiz der Vielfalt geprägten Zusammenkunft erörtert Peter Landau kurz die Wiederentdeckung der Gesetzgebung im 12. Jahrhundert, während Kenneth Pennington ausführlicher die Beziehungen zwischen römischem Recht, dem Recht des 12. Jahrhunderts und der Gesetzgebung darlegt. Danach ist vor allem nach Institutionen  eingeteilt. Dabei folgen Kirche, Papsttum, Landesherren, Städte, Adel und Bruderschaften aufeinander.

 

Behandelt werden etwa Saint-Ruf, Deutscher Orden, die neuen Medien des 15. Jahrhunderts, spätmittelalterliche päpstliche Kanzleiregeln, Kirchenstaatsstatuten, englisches Mittelalter (Martin Kaufhold), Statut und Policeyordnung (Karl Härter, an Hand von 27834 Gesetzen siebener Reichsstädte zu 53527 Materien und 63047 Gesetzen zehner Territorien mit 116581 Gesetzen), Dorf (Christiane Birr), der codice rurale Marianos IV. von Arborea, Bologna (Robert Gibbs), italienische Städte (Mario Ascheri), Stadtstatuten deutscher Städte (Felicitas Schmieder mit Intervention Hans-Georg Hermanns), die Universität von Paris, jüdische Gemeinden, geistliche Ritterorden, Jakobs III. mallorcanische Leges palatinae, Armenhausstatuten, Bruderschaftsstatuten, der Medienmarkt von Lyon und karnevaleske Statuten im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Frankreich. Dabei zeigen sich vielfältige neue Einzelerkenntnisse, welche die Herausgeberin in einem Resümee einer Ordnung zuzuführen versucht. Dabei zeigt sich, dass ein eindeutiger Weg von der Ordnung zur Norm nicht klar ersichtlich ist, weswegen bei verblüffender Funktionalität und statuarischer (!) Modernität der Parallelität von Ordnung und Norm vielleicht der Vorzug gebührt.

 

Innsbruck                                            Gerhard Köbler