Volz, Günther, Kleine Geschichte der Stadt Bergzabern (= Regionalgeschichte - fundiert und kompakt). Braun/DRW-Verlag Weinbrenner GmbH & Co. KG, Karlsruhe/Leinfelden-Echterdingen 2009. 277 S. Besprochen von Karsten Ruppert.

 

Die erste Stadtgeschichte der kleinen südpfälzischen Stadt Bergzabern ist bereits 1730 erschienen, es folgten weitere Versuche von Gesamtdarstellungen, Untersuchungen zu einzelnen Aspekten und Stadtgeschichten in der Form persönlicher Erinnerungen; dazu die zu den Jubiläen üblichen Festschriften. Eine wissenschaftlich fundierte Gesamtdarstellung fehlt nach wie vor und auch der Autor des vorliegenden Buches, ein ausgewiesener Regionalforscher, hat diesen Ehrgeiz nicht. Er will vielmehr einen soliden Überblick für alle Interessierten bieten. Verständlich ist die Entscheidung, die Hälfte dem 19. und 20. Jahrhundert zu widmen, da dieser Zeitraum bisher kaum zusammenhängend beschrieben wurde. Der Intention der Werkes entsprechend ist es reich illustriert, dazu ist der Text mit anschaulichen Quellenzitaten, Statistiken und Tabellen in Kästen durchsetzt.

 

Für die aus einer römischen Taberna am Berg hervorgegangene Siedlung ist die Grenzlage zum Geschick geworden. Das begann schon in der Völkerwanderung, als Franken und Alemannen um den herrenlosen Raum kämpften und die Siedlung den Franken zufiel, von dem südlichen Alemannenland nur durch den Hagenauer Forst getrennt. Damit war die durch die römische Verwaltungseinteilung schon vorgezeichnete Orientierung nach Speyer und nicht Straßburg, endgültig entschieden. Die Franken trieben den Landesausbau durch Klöster voran, von denen Weißenburg (Speyerer Gründung) und Klingenmünster (Mainzer Gründung) die für die Südpfalz prägenden wurden. Nicht deutlich wird, wie der Flecken in den Besitz der Zweibrücker Grafen kam, deren Treue zu Habsburg unter anderem dadurch belohnt wurde, das das Dorf Zabern 1286 von Kaiser Rudolf im Rahmen von dessen Städtepolitik zur Stadt erhoben wurde; das schlug sich im Stadtbild unter anderem in der Befestigung und dem Bau einer Stadtkirche nieder.

 

Da die Zweibrücker Grafen stets im Schatten des mächtigeren kurpfälzischen Nachbarn gestanden hatten, war es nur konsequent, dass sie diese beerbten und die Stadt Bergzabern an eine Nebenlinie fiel, die Herzöge von Pfalz-Zweibrücken. Unter ihnen wurde auch nach einigem Schwanken in Stadt und Territorium die Reformation eingeführt und dieses unter Herzog Wolfgang zu einem lutherischen Musterland, besonders im Schulwesen, ausgebaut. Wie der Verfasser in einem instruktiven Kapitel unterstreicht, blieb die Stadt aber nicht wie viele monokonfessionell, sondern wurde eine Gemeinde, in der am Ende des Alten Reiches aufgrund mehrmaligen Herrscherwechsels und Zuwanderung alle drei Konfessionen lebten. Schon im 18. Jahrhundert kam es, durch Geistliche vor Ort betrieben, zu einer Annäherung zwischen den dominierenden Kalvinisten und Lutheranern. Dadurch wurde die Stadt zur Vorreiterin der für die pfälzische Kirchengeschichte so wichtigen Union beider Konfessionen zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Unterbelichtet bleibt die enge Beziehung des Herzoghauses zum schwedischen Königshaus, obwohl Territorium und Stadt es dieser Verbindung verdanken, dass sie nicht der inzwischen nahe herangerückten französischen Monarchie einverleibt wurden, die das mehrmals versuchte. Nach der Revolution konnte es dann allerdings die politische Elite der Stadt gar nicht erwarten, sich der „Republik der Franken“ anzuschließen, da sie mit ihr ein neues Zeitalter des Menschengeschlechts heraufkommen sah. Die Herrschaft der Jakobiner und Napoleons sorgten dann aber für Ernüchterung. Etwas blass bleiben in diesem ersten Teil des Buches die Vorgänge in der Stadt selbst, die zu oft nur in deren Spiegelung auf der Ebene des Territoriums in den Blick kommen. Diese Methode wird auch im zweiten Teil etwas überstrapaziert, wo man oft mehr über die pfälzische und deutsche Geschichte als über die Bergzaberns lesen kann.

 

Es war eine Laune der Genealogie, dass Maximilian Joseph, der männliche Spross der kleinsten pfalz-wittelsbachischen Linie, der von Pfalz-Birkenfeld, 1795 Herzog von Pfalz-Zweibrücken wurde, dort aber nie seine Herrschaft antreten konnte; dann allerdings die Kurfürstentümer Pfalz und Bayern erbte und schließlich als König von Bayern 1816 mit der gesamten „Rheinpfalz“ auch wieder zu seinem Herzogtum und der Residenzstadt Bergzabern kam.

 

Im Vormärz geht Volz zwar auf einige profilierte Vertreter des rheinpfälzischen Liberalismus aus ein, die v. a. kalvinistischer Konfession waren, doch wieder zu sehr entlang der Vorgänge in der Pfalz. Hier wie bei der Revolution von 1848/1849 und der pfälzischen Reichsverfassungskampagne wäre für die Stadt mehr möglich gewesen.

 

Schon vor der Jahrhundertwende von Erholungsuchenden und Rentiers entdeckt, leitete die Stadtverwaltung durch den Bau von Kurhäusern die bis heute folgenreiche Entwicklung zu einem Badeort ein. Sie wurde auch durch den Eisenbahnanschluss gefördert, der schon seit den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts bestand. Damit einher ging eine Abwanderung aus Stadt und Umland, getrieben von wirtschaftlicher Not, zunächst nach Amerika, dann in die naheliegenden Industriezentren. Was sich politisch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Stadt abspielte, bleibt weitgehend ausgeblendet.

 

In den Kapiteln über die Weimarer Republik und das nationalsozialistische Reich werden mehr die Stationen der allgemeinen Politik rekapituliert und gelegentlich deren Niederschlag in Stadt und Umland geschildert: die erstaunlich unproblematische französische Besatzungszeit nach dem Krieg, Machtverfall der Demokratie und Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, Ausgrenzung der Juden und Zerstörung der Synagoge. Wirtschaftlich positiv wirkte sich der Westwallbau und die Aufrüstung aus, die der Stadt auch wieder Soldaten bescherte und mit ihnen die „Mackensen-Kaserne“, eine bis heute beibehaltene und umstrittene Namensgebung. Ein besonderes Schicksal der Stadt war die fast vollständige Evakuierung der Bevölkerung in der Zeit des deutsch-französischen „Sitzkrieges“ an der Jahreswende 1939/1940.

 

In den Kapiteln über die bis an die Gegenwart herangeführte Nachkriegsepoche wird dem politischen Aufbau gebührender Platz eingeräumt, doch finden sich daneben anschauliche Ausführungen zu Alltag, Kultur, Wirtschaft wie Religion. Deutlich wird, in welchem Umfang Bergzabern von dem Aufschwung der Bundesrepublik profitierte durch den Anstieg der Wirtschaftsleistung, den Ausbau der Infrastruktur mit einem deutlichen Schwerpunkt auf dem Tourismus und der Expansion des Bildungswesens.

 

Insgesamt hätte man gern etwas mehr über die Stadt und Region und weniger über die allgemeine Geschichte von 2000 Jahren erfahren; zumal sich beim Blick über die Region hinaus einige Fehler einschleichen und manche Unsicherheit zu merken ist. Da auch die Politik etwas überbetont wird, bleiben die Besonderheiten der städtischen Gemeinschaft doch etwas blass; freilich muss man dem Autor zugute halten, dass die Forschungslage manchmal auch nicht mehr hergibt. Instruktiv in dieser gut lesbaren Geschichte der Stadt Bergzabern sind die in den Gang der Erzählung eingestreuten Betrachtungen und Illustrationen.

 

Eichstätt                                                                                                         Karsten Ruppert