Staats, Cornelia, Die Entstehung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 15. März 1974 (= Rechtshistorische Reihe 388). Lang, Frankfurt am Main 2009. XX, 375 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Werner Schubert angeregte und betreute, im Oktober 2008 abgeschlossene und im Wintersemester 2008/2009 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie widmet sich einer modernen und drängenden, von Lobbyisten gerne verdrängten und verharmlosten Problematik. Zur Lösung ihrer Aufgabe verwendet sie auch reichhaltige archivalische Bestände des Bundesarchivs in Koblenz und des Parlamentsarchivs in Berlin.

 

Die in fünf Teile gegliederte Arbeit beginnt mit einem Überblick über den Immissionsschutz in Preußen (seit dem Allgemeinen Landrecht von 1794) und im übrigen Deutschland bis 1945, weil in Preußen bereits 1810 die Gewerbefreiheit eingeführt wurde und mit der 1845 erlassenen Allgemeinen preußischen Gewerbeordnung und der darin verankerten Genehmigungspflicht für bestimmte gewerbliche Anlagen die ersten immissionsschutzrechtlichen Regelungen geschaffen wurden. Der den menschlichen Wohlstand vermehrende Übergang von der Landwirtschaft zur Industrie hatte neben Vorteilen eben auch Nachteile. Deswegen erwies es sich als notwendig, die Bevölkerung vor Immissionen zu schützen.

 

Über die Reichsgewerbeordnung von 1871, der gegenüber die Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes vom 21. 6. 1869 zurücktreten muss, das Bürgerliche Gesetzbuch von 1896/1900 (§ 906) und den Nationalsozialismus (Reichsstelle für Wasser- und Luftgüte, Anerkennung des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses durch das Reichsgericht, Bodenrechtsausschuss der Akademie für deutsches Recht) gelangt die Verfasserin zum Immissionsschutz und ersten Entwürfen in Deutschland von 1945/1949 bis 1966, wobei sie kurz auch den Immissionsschutz in der Deutschen Demokratischen Republik anspricht. Sehr ausführlich geht sie auf den international beeinflussten Weg zum Bundesimmissionsschutzgesetz von 1974 (ab 1966) ein. Danach stellt sie die einzelnen Regelungen, die Durchführungsvorschriften und das besondere nordrhein-westfälische Immissionsschutzrecht dar und würdigt das Gesetz als modernes Umweltschutzgesetz, das bei entsprechenden Risiken bereits im Vorfeld von Gefahren zum Handeln zwingt.

 

Im fünften Teil beschreibt sie die anschließende Entwicklung unter Berücksichtigung des europäischen Immissionsschutzrechts und befasst sich im Ausblick mit dem geplanten, bisher jedoch an Widerständen gescheiterten Umweltgesetzbuch. Im Anhang werden zwei wichtige Entwürfe abgedruckt. Insgesamt arbeitet die Verfasserin eine bedeutsame, von der Gegenwart zu sehr auf Kosten der Zukunft zurückgedrängte Problematik sachlich überzeugend aus rechtsgeschichtlicher Perspektive auf.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler