Selbstverwaltung in der Geschichte Europas in Mittelalter und Neuzeit. Tagung der Vereinigung für Verfassungsgeschichte in Hofgeismar vom 10. bis 12. März 2008, hg. v. Neuhaus, Helmut (= Beiheft zu „Der Staat“ 19). Duncker & Humblot, Berlin 2010. 359 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der Band enthält die in der evangelischen Akademie Hofgeismar auf der Tagung der Vereinigung für Verfassungsgeschichte vom 10. bis 12. März 2008 gehaltenen, für den Druck überarbeiteten und mit Fußnoten versehenen Vorträge. Bedauerlicherweise lag der Vortrag Ludwig Vones’ über das Thema Der verwaltete Andersgläubige. Juden und Muslime zwischen Segregation, Administration und Vertreibung im spanischen Spätmittelalter zu Beginn der Drucklegung nicht vor. Dementsprechend wird auch der zugehörige Diskussionsmitschnitt nicht wiedergegeben.

 

Insgesamt enthält das Werk neun Referate, die von der mittelalterlichen Stadt bis zur europäischen Integration reichen. Sie sind im Wesentlichen chronologisch geordnet. Sie betreffen vielfach besondere Einzelfragen.

 

Umfassend äußert sich zu Beginn Gerhard Dilcher zum Verhältnis von Autonomie, Schriftlichkeit und Ausbildung der Verwaltung der mittelalterlichen Stadt, die für die Entwicklung der Selbstverwaltungsidee von besonderer Bedeutung ist. Danach wendet sich Ludwig Elle den Sorben zu, Matthias Asche den Hugenotten und Waldensern und Friedrich J. Battenberg den jüdischen Gemeinden und Landjudenschaften im Heiligen römischen Reich, deren Autonomie die landesherrliche Kontrolle gegenübersteht. Besondere Fragen der Neuzeit werden von Christoph Schönberger hinsichtlich des Kampfes der Parlamente mit dem Königtum in Frankreich vor der Revolution, von Jörg-Detlef Kühne hinsichtlich des Freiherrn vom Stein, von Hans-Christof Kraus hinsichtlich der englischen lokalen Selbstverwaltung im 18. und 19. Jahrhundert, von Thomas Simon hinsichtlich des Kaisertums Österreich nach 1860 und von Dieter Kugelmann hinsichtlich der Idee und Realität von Selbstverwaltung in der europäischen Kooperation und Integration behandelt.

 

Insgesamt erweist sich die Selbstverwaltung als ein bekannt facettenreicher wichtiger Baustein der Verwaltungsgeschichte im gesamten europa. Ihn bereichern die Referate und Diskussionsbeiträge um bedeutsame neue Einsichten. Leider werden sie nicht durch ein Sachregister zusätzlich aufgeschlossen.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler