Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit. Band 10 Reichsstädte 4 Speyer, Wetzlar, Worms, hg. v. Mahlerwein, Gunter/Rölle, Thomas/Schieber, Sigrid. (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 251). Klostermann, Frankfurt am Main 2010. VIII, 755 S. Besprochen von Werner Schubert.

 

Band 10 des Repertoriums der Policeyordnungen der frühen Neuzeit erschließt die Gesetzgebung der drei Reichsstädte Speyer, Wetzlar und Worms, die zum Oberrheinischen Rechtskreis gehörten. Die jeweiligen Policeyordnungen werden zunächst in chronologischer Reihenfolge nachgewiesen. Die inhaltliche Erschließung erfolgt nach einem in Band 1 der Reihe (1996) festgelegten Gliederungsschema und nach einem alphabetischen Sachregister („Materien und Sachbetreffs“). Die Einleitungen der Herausgeber befassen sich vornehmlich mit der verfassungsrechtlichen Entwicklung der drei Reichsstädte unter Einbeziehung der allgemeinen Geschichte. Thomas Rölle behandelt für Speyer insbesondere die verfassungsrechtlichen Konfliktlagen zwischen den jeweiligen Bischöfen und der Stadt sowie mit dem landesherrlich regierten Umland. Anschließend geht Rölle noch auf die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt und das Gerichtswesen näher ein. Es ist zu bedauern, dass ein Überblick über die 3386 ermittelten Verordnungen (1195-1797) fehlt, wie ihn Sigrid Schieber für die Verordnungen der Stadt Wetzlar bringt (S. 489ff.). Hier bestanden nicht nur Spannungen zwischen der Stadt und dem Schutzherrn (Hessen-Darmstadt), sondern nach der Übersiedlung des Reichskammergerichts (Wiedereröffnung 1693) auch mit dem Kameralen (S. 480ff.). Die zeitliche Verteilung der 429 ermittelten Dekrete und Verordnungen zeigt „eine Tendenz zur Zunahme, jedoch keine explosionsartige Vermehrung der Verordnungen im Lauf der frühen Neuzeit“ (S. 490). 57 % der Verordnungen betreffen den Bereich der Wirtschafts-, Arbeits- und Berufsordnung. Aufwand- und Luxusordnungen fehlen fast völlig. Etwas umfangreicher ist die Zahl der nachweisbaren Verordnungen für Worms (1394 Einheiten), für dessen innere Verfassung wie bei Speyer Verfassungskämpfe zwischen dem Bischof und der Stadt bestanden (Mahlerwein, S. 551f.). Die historisch-verfassungsrechtliche Einleitung ist insgesamt nicht sehr umfangreich und stärker systematisch ausgerichtet. Die Überlieferung der Verordnungen ist besonders für die Zeit vor 1700 lückenhaft. Eine inhaltliche Erschließung der Quellen bringt die Einführung leider nicht.

 

Alle drei Beiträge enthalten ein Quellenverzeichnis und ein Verzeichnis der gedruckten Quellen und Literatur. Für Wetzlar weist Schieber den Druck der Verordnungen bzw. deren inhaltliche Erschließung insbesondere bei Scotti, Sammlung der Gesetze und Verordnungen, „welche in den vormaligen – Wetzlar’schen nunmehr preußischen Landes-Gebieten … ergangen sind“ (1836) nach. Für die Städte Worms und Speyer existieren keine gedruckten Sammlungen von Polizeigesetzen. Gleichwohl wäre es hilfreich gewesen, wenn Rölle und Mahlerwein darauf hingewiesen hätten, wo in der Literatur einzelne Verordnungen behandelt worden sind. Speyer und Worms wurden 1797 dem französischen Staatsgebiet eingegliedert, das überkommene Stadtrecht dürfte nach 1814 keine Rolle mehr gespielt haben, da Bayern, zu dem Worms kam, und Hessen-Darmstadt, zu dem Speyer kam, das französische Recht aufrecht erhielten. Wetzlar war in der napoleonischen Zeit Teil des Großherzogtums Frankfurt und kam 1815 an Preußen, das die Einführung des Code Napoléon rückgängig machte. Mit Band 10 der Policeyordnungen der frühen Neuzeit wird ein weiterer wichtiger Teil der Quellen zur Rechts- und Sozialgeschichte des späten Mittelalters und vor allem der frühen Neuzeit nachgewiesen, der zur inhaltlichen, auch rechtsvergleichenden Erschließung der Rechtsordnungen der freien Reichsstädte und der Territorien des Deutschen Reichs einlädt.

 

Kiel

Werner Schubert