Neumann, Sarah, Der gerichtliche Zweikampf. Gottesurteil - Wettstreit - Ehrensache. Thorbecke, Ostfildern 2010. 268 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Franz Irsigler angeregte, von Holbach betreute, im Sommersemester 2008 von der Fakultät für Human- und Gesellschaftswissenschaften der Universität Oldenburg angenommene Dissertation der Verfasserin. Nach ihr ist der gerichtliche Zweikampf nur bedingt eine Auseinandersetzung Mann gegen Mann. Die Kombattanten brauchten wie eine Promovendin Hilfe, Beistand und Menschen, die ihnen die Stange hielten, wofür ihnen Danksagung gebührt.

 

Ziel der Untersuchung sind nicht absolute Vollständigkeit und letztgültige Antworten, sondern eine als Grundstock für Ergänzungen und Modifikationen nutzbare Bestandsaufnahme der Bedeutungsvarianten des gerichtlichen Zweikampfes und eine Re-Interpretation des duellum unter kulturwissenschaftlichen Vorzeichen, die jederzeit um andere Räume, andere Quellentypen und andere Zeiten ergänzt werden kann. In diesem Sinne stellt die Verfasserin nach einer vielfältigen Einleitung vier  Fragen nach wo, wie, warum und wer. Sie betreffen Gerichtshoheiten und Schauplätze, Regelwerke und Verlaufsprotokolle, Delikte und Konflikte sowie Delinquenten und Kombattanten, wobei die Normen eher am Rande stehen.

 

Am Ende gelangt die Bearbeiterin zu Fundamenten und dynamischen Potentialen des Redens über den Zweikanpf, die diesem Rechtsinstitut auch im erzählerischen Entwurf eine ungemein lange Lebensdauer bescheren. Dies sind als Rechtsvorstellungen Konflikt, Konsens und Herrschaft, als Gesellschaftsbilder Bindung, Abgrenzung und Identität, als Positionen Zuspruch, Ablehnung und Freiheit sowie als Ausdrucksformen Körper, Komik und Rhetorik. Insgesamt erkennt die in Duisburg 1974 geborene, seit Herbst 2008 als Lehrkraft für besondere Aufgaben und Koordinatorin für Studium und Lehre an der Universität Oldenburg tätige Verfasserin in der Sprache einen großen Teil der Schlagkraft des duellum, welche die erfolgreiche Transformation des Rechtsinstituts Zweikampf in eine kulturelle Praxis belegt und seinen Bestand während des Mittelalters und auch für weitere Jahrhundert sichert.

 

Innsbruck                                            Gerhard Köbler