Knöfel, Anne-Simone, Dynastie und Prestige. Die Heiratspolitik der Wettiner (= Dresdner historische Studien 9). Böhlau, Köln 2009. XII, 614 S., Graf., Tab. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Bella gerant alii, tu felix Austria nube - dieser bekannte Satz beschreibt den Kern der im Ergebnis ziemlich erfolgreichen Politik der Habsburger. Seit ihrer Untersuchung ist die Heiratspolitik von Dynastien ein wichtiger Bereich der politischen Geschichte. Die bisher fehlende Befassung mit der Heiratspolitik der Familie der Wettiner holt die von Reiner Pommerin betreute, 2007 von der philosophischen Fakultät der Technischen Universität Dresden angenommene Dissertation nach.

 

Gegliedert ist die Arbeit in eine Einleitung, zwei Teile, eine Zusammenfassung, einen umfangreichen Anhang und ein ausführliches Quellen- und Literaturverzeichnis. In der Einleitung beschreibt die Verfasserin ihre Thematik, ihr methodisches Vorgehen und ihre Gliederung, gibt Hinweise zu den Quellen (Schriftquellen, abstrakte Quellen, Sachquellen) und legt den Forschungsstand dar. Da sich nach ihren Worten im Vorfeld der heiratspolitischen Untersuchung eine statistische Analyse des Konnubiums erforderlich macht, um Informationen über den Umfang und die Verteilung zu sammeln sowie Tendenzen herauszufiltern, bietet sie eine Übersicht der 102 Vermählungen der Albertiner zwischen 1459 und 1918 (13 mit Ernestinern, 11 mit Habsburgern und 10 mit Oldenburgern) und der 204 Vermählungen der Ernestiner zwischen 1460 und 1918 (16 morganatisch,15 mit Hohenzollern und Welfen, 14 mit Ernestinern, Hessen und Fürstentümern, 13 mit Albertinern, 11 mit Mecklenburgern und Grafschaften sowie 10 mit Askaniern).

 

Danach erörtert sie allgemein Aspekte der adeligen Familienpolitik. Dazu zählt sie die Organisation höfischer Diplomatie, das Verhältnis von Individuum und dynastischer Räson, Erbteilungen und Kleinstaatlichkeit, Religionspolitik, Fraternisierungen, Friedensstiftungen. Ihre Systematisierung führt sie zu den übergeordneten Zielen Hausmachtpolitik, Bündnispolitik und Friedenssicherung, wobei mit dem Niedergang des dynastischen Prinzips allgemein die Heiratspolitik zwischen französischer Revolution und Vormärz ihr (unscharfes) Ende erlebte.

 

Im Mittelpunkt der Arbeit stehen danach die Familiennetzwerke der Albertiner und Ernestiner, welche die Verfasserin von Sachsens Kontakten zur europäischen Elite im Spätmittelalter bis zu den Ernestinern im 19. Jahrhundert als „Gestüt Europas“ detailliert verfolgt. Dabei sind auch 12 Ehescheidungen zu verzeichnen, die allerdings kein eindeutiges Muster verfolgen. Insgesamt zeigt die ansprechende Untersuchung, dass es bei den Wettinern keine langfristige politische Strategie gab, so dass alle erheirateten Gewinne wegen vielfältiger Teilung zu keinem mit Habsburg vergleichbaren Zuwachs führten.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler