Kakoschke, Andreas, Die Personennamen in der römischen Provinz Rätien (= Alpha-Omega, Reihe A Lexika, Indizes, Konkordanzen zur klassischen Philologie 252). Olms, Hildesheim 2008. IV, 326 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Rätien ist das Siedlungsgebiet der nichtindogermanischen Räter am Inn, das im Jahre 15. vor Christus von den Römern erobert wird und im Zuge der Völkerwanderung im 5. Jahrhundert an die Alemannen übergeht. Zum 6. Jahrhundert wird von dem aus dem Balkanraum stammenden, nach 552 gestorbenen römisch-gotischen Geschichtsschreiber Jordanes erstmals das vielleicht aus Bojern, Alemannen und Romanen erwachsene Volk der Bayern erstmals genannt. Von daher besteht auch für die Rechtsgermanistik ein Interesse an der in der römischen Provinz Rätien namentlich nachgewiesenen Bevölkerung.

 

Der in Osnabrück 2001 über Ortsfremde in den römischen Provinzen Germania inferior und Germania superior an Hand der Inschriften des 1. bis 3. Jahrhunderts promovierte Verfasser bietet im vorliegenden Band einen Überblick über alle namentlich fassbaren Personen, die in Rätien ansässig waren oder sich dort länger oder kürzer aufhielten. Im Mittelpunkt stehen dabei die Steininschriften des 1. bis 3. Jahrhunderts, doch hat der Verfasser auch das sonstige einschlägige Material nach Möglichkeit verwertet. Sein 219 Gentilnomina und 742 Cognomina sowie die vorhandenen Namensbruchstücke des Raumes zwischen Simplon, Aalen, Passau und Brenner erfassendes Werk ersetzt den Index der 1915 erschienenen Inschriftensammlung Inscriptiones Baivariae Romanae.

 

Wer den Inhalt der verdienstvollen Sammlungen durchgeht, kann erkennen, dass wohl die lateinischen Namen leicht überwiegen. Daneben finden sich aber auch zahlreiche keltische Namen samt dem Hinweis „wohl ein Einheimischer aus Rätien oder dem benachbarten keltischen Raum“. Einige Namen sind griechisch, wenige Namen semitisch, syrisch, illyrisch (Gentilla, Lavinianus, Stato), thrakisch, punisch oder keltiberisch (Vironius).

 

Ganz selten erscheint ein klarer oder möglicher germanischer Bezug (Arbitio, Attonius/Atto, Libino, Mattua, Nevitta, Ruto, überwiegend bei Ammianus). Noch seltener wird ein rätisch-vindelikischer Bezug erwähnt (Cuses, Munnis). Umso bemerkenswerter erscheint, dass am Ende der Völkerwanderungszeit die Bayern sich als mehr oder weniger einheitliches Volk im Voralpenraum östlich des Lechs gegenüber Romanen wie Einheimischen aus Rätien oder dem benachbarten keltischen Raum wohl weitgehend durchgesetzt haben.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler