Inventar der pfälzischen Reichskammergerichtsakten. Landesarchiv Speyer Best. E 6, bearb. v. Armgart, Martin/Weber, Raimund J., hg. v. Hausmann, Jost, 4 Bände (= Veröffentlichungen der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz 111). Landesarchiv Rheinland-Pfalz,  Koblenz 2010. S. CD-ROM. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Das Reichskammergericht als eines der beiden Höchstgerichte des Heiligen römischen Reiches hat lange unter dem sanglosen Untergang seines Trägers am 6. August 1806 gelitten. Seine Bestände im Umfang von etwa 72000 Akten wurden mangels Fortbestands eines einheitlichen Rechtssubjekts bis auf einen geringen unteilbaren Bestand auf die mittelbar fortsetzenden Glieder verteilt. Die Schaffung des zweiten Deutschen Reiches hat diesen bedauerlichen Vorgang nicht rückgängig gemacht und hätte dies wegen seiner kleindeutschen Lösung auch gar nicht vollständig machen können.

 

Auf Grund der verbesserten technischen Möglichkeiten, der zeitweise ausreichend sprudelnden Steuermittel und nicht zuletzt auch auf Grund der wissenschaftlichen Fürsorge Bernhard Diestelkamps für den wissenschaftlichen Pflegefall ist im Laufe der Jahre das Interesse am Reichskammergericht jedoch wieder deutlich gewachsen. Dies hat zwar nicht die Rückführung in ein Zentralarchiv mit sich gebracht. Immerhin haben zahlreiche Einzelarchive ihren Aktenbestand in modernen Inventaren bekannt gemacht oder sind gerade noch dabei.

 

In der namenlosen Einführung wird dieser Vorgang für das Landesarchiv Speyer näher geschildert. Am Beginn steht dabei die Erkenntnis, dass es einen Archivbestand pfälzische Reichskammergerichtsakten nach den Prinzipien der Verteilung der Reichskammergerichtsakten auf die Staaten des Deutschen Bundes (1847-1852) gar nicht gebe, weil das niemals geschlossene und stets in Gemengelage mit anderen Herrschaften bestehende Gebiet der Pfalz als „Staat“ im Heiligen römischen Reich tatsächlich bereits vor dessen Untergang durch die Besetzung des linken Rheinufers durch Frankreich nach dem Frieden von Campo Formio und rechtlich nach dem Frieden von Lunéville und dem Reichsdeputationshauptschluss des Jahres 1803 aufgehört hatte zu bestehen. Die deswegen im Rahmen von rund 16000 an Bayern überstellten Betreffen nach München gelangten Akten wurden als Spätfolge der Abtrennung der bayerischen Rheinpfalz von Bayern am Ende des zweiten Weltkriegs durch Vertrag zwischen Bayern und dem u. a. aus der Rheinpfalz entstandenen Land Rheinland-Pfalz vom Juni 2002 als Leihgabe an das Landesarchiv Speyer abgegeben.

 

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft nahm 2003 die Erschließung dieses Bestandes in ihr Förderprogramm auf. Für die Bearbeitung konnten Martin Armgard und Raimund J. Weber gewonnen werden. Am Ende ihrer mühevollen Tätigkeit steht der Forschung der vordem unbenutzbare Archivbestand (im Umfang von anscheinend 2475 Bestellnummern) in vier Bänden aufgeschlossen zur Verfügung.

 

Geordnet sind die Akten alphabetisch nach Klägern von A bis Z. Den drei Sachbänden sind erfreulicherweise sehr umfangreiche Register beigefügt. Mit Hilfe der beigegebenen CD-ROM wird sich vieles sogar noch leichter als früher finden lassen, so dass das Werk künftig eine gute Grundlage für Arbeiten über das Verhältnis der Pfalz und ihrer Bewohner zum Reichskammergericht bieten wird und vielleicht auch ohne übergroße Mühe in ein elektronisches Gesamtverzeichnis eingefügt werden kann.

 

Innsbruck                                            Gerhard Köbler