Hofer, Dirk Henning, Karl Konrad Werner Wedemeyer (1870-1934). Ein Juristen- und Gelehrtenleben in drei Reichen. Eine Biographie (= Rechtshistorische Reihe 399). Lang, Frankfurt am Main 2009. 257 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Rudolf Meyer-Pritzl betreute, 2009 von der juristischen Fakultät der Universität Kiel angenommene Dissertation des in Berlin 1941 geborenen, von 1970 bis 2006 in Flensburg als Rechtsanwalt und Notar tätigen Verfassers. Dieser erklärt im Vorwort, dass der Titel seiner Biographie insofern nicht ganz richtig sei, als Professor Wedemeyer genau genommen in vier Reichen gelebt habe, weil er im September 1870 geboren sei und als Kleinkind den - nach dem „deutschen Krieg Preußen gegen Österreich“ entstandenen - Norddeutschen Bund, den man herkömmlicherweise freilich nicht als Reich bezeichnet, erlebt habe. Außerdem meint er gestehen zu müssen, dass - der hervorragende Rechtslehrer und Wissenschaftler - Professor Wedemeyer ihm vor dieser Arbeit gänzlich unbekannt war, obwohl dies vielen Doktoranden ähnlich ergehen wird, doch hat ihn das, was er -etwa über Corpsbrüder des Corps Hasso Nassovia - über Professor Wedemeyer ermitteln konnte - insbesondere seine wenigen wissenschaftlichen Arbeiten - sehr beeindruckt und davon überzeugt, dass der Versuch einer Biographie über diesen integren und beispielhaften Hochschullehrer für die rechts- und staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Kiel unverzichtbar ist.

 

Werner Wedemeyer, dessen Biographie der Verfasser in seine drei Reiche gliedert, wurde in Hameln am 17. September 1870 als einziger Sohn des einer  „hübschen“ hannoverschen Familie (Burgvogt von Eldagsen) entstammenden Obergerichtsanwalts Dr. Georg Carl Haimar Wedemeyer geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters (1874), dem Besuch der Volksschule in Dannenberg, des Gymnasiums Johanneum in Lüneburg - längeren bebilderten Ausführungen des Verfassers zu Thibaut, Feuerbach, Savigny und Jhering - und dem Studium der Rechtswissenschaft in Marburg, Berlin und Göttingen sowie der ersten und zweiten juristischen Staatsprüfung wurde er am 27. 12. 1898 Gerichtsassessor in Berlin mit Tätigkeit in Göttingen. Am 14. Oktober 1903 wurde er in Marburg mit einer Dissertation über Auslegung und Irrtum in ihrem Zusammenhange promoviert und war seit dem 23. Oktober 1903 als Privatdozent tätig, „nachdem er die venia legendi für römisches und bürgerliches Recht am 04. November 1903 erhalten hatte“.

 

1908 wurde Wedemeyer außerordentlicher Professor in Kiel, 1916 ordentlicher Professor, in des Verfassers zweitem Reich (Weimarer Republik) 1923 Rektor und erhielt am 17. 09. 1930 die Ehrendoktorwürde durch die Universität Heidelberg, an welcher nach seinem Wechsel von Kiel seit 1926 sein Freund Gustav Radbruch und nach seinem Wechsel von Kiel seit 1930 auch sein Freund Walter Jellinek wirkte. Nach der Machtergreifung Adolf Hitlers beantragte er seine vorzeitige Emeritierung zum 1. Oktober 1933, wobei ihm nach den Worten des Verfassers seine sportliche Betätigung beim Golfspielen (in Kitzeberg) half, mit seiner veränderten Lebenssituation fertig zu werden, bis er beim Golfspielen einen Herzinfarkt erlitt, an dessen Folgen er am 23. Mai 1934 in seiner Wohnung verstarb (mutige persönliche Trauerrede Karl August Eckhardts). In jedem Fall bietet die von verständlichen Schwächen nicht freie Untersuchung vielfältige Einblicke in die deutsche Hochschullandschaft des frühen 20. Jahrhunderts.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler