Gräf, Dieter, Im Namen der Republik. Rechtsalltag in der DDR. Herbig, München 2009 255 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der 1944 geborene Verfasser studierte Rechtswissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena, war nach der mit 26 Jahren abgeschlossenen Ausbildung ab 1970 Rechtsanwalt in Weimar, ab wissenschaftlicher Mitarbeiter und Verwaltungsjurist in einer kirchlichen Einrichtung in Magdeburg, wechselte 1984 in die Bundesrepublik Deutschland, legte dort nach dem Vorbereitungsdienst die zweite juristische Staatsprüfung ab und wirkte ab 1988 als Rechtsanwalt sowie von 1991 bis 2009 in einer Bundesoberbehörde im Rahmen von Restitutionsverfahren in den neuen Bundesländern. Sein Werk verfasste er noch in der Deutschen Demokratischen Republik, in der es verboten war, das Regierungssystem, die führende Sozialistische Einheitspartei Deutschlands sowie das Rechtssystem zu kritisieren und Unrecht zu beschreiben. Deshalb verfremdete er Namen  und Orte verfremden, um Betroffene vor Verfolgung zu schützen.

 

In dieser anonymisierten Vorgangsweise berichtet er ohne jeden wissenschaftlichen Apparat von seinen Erlebnissen in zehn Fällen. Sie reichen von der Strafsache Keller mit einem im Dunkel bleibenden Straftatbestand bis zur Demonstration für die Ausreisefreiheit in der Innenstadt von Rudolstadt mittels zweier 65 x 40 cm großer Transparente. Regelmäßig steht hier die Macht über dem Recht, so dass das mit einigen über das an sich geltende Recht unterrichtende, als unverändertes Zeitdokument neu herausgegebene Werk insgesamt als eindeutige Ablehnung verklärender Nostalgie wirken will, soll und kann.

 

Die Diener des Rechts dienen als Richter, Staatsanwälte oder auch Rechtsanwälte in Wirklichkeit vor allem der Macht. Rechtsprechung hat Machterhaltung zum Ziel. Wohl dem, der das hilflose Ausgeliefertsein an die Macht nicht persönlich erleben musste.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler