Fritz Gerlich - Ein Publizist gegen Hitler. Briefe und Akten 1930-1934. Briefe und Akten 1930-1934, bearb. v. Morsey, Rudolf (= Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe A Quellen 56). Schöningh, Paderborn 2010. 387 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Fritz Gerlich wurde in Stettin am 15. Februar 1883 als ältester dreier Söhne eines calvinistisch geprägten Fischgroßhändlers geboren und begann in München 1902 das Studium der Mathematik und Naturwissenschaften, aus dem er nach drei Semestern zu Geschichte und Anthropologie wechselte. !907 promovierte er bei Karl Theodor Heigel über das Testament Heinrichs VI. zum Doktor der Philosophie und trat danach in den Staatsdienst Bayerns als Archivar ein. Von 1920 bis 1928 war er Chefredakteur der Münchner Neuesten Nachrichten, denen später die Süddeutsche Zeitung folgte.

 

Ursprünglich der nationalsozialistischen Bewegung eher zugetan, wurde er nach dem Hitlerputsch von 1923 entschiedener Gegner Adolf Hitlers. 1927 geriet er unter den Einfluss Therese Neumanns von Kunnersreuth und wechselte zum katholischen Glauben. Er trat wieder in den Archivdienst ein und gab seit 1930 die Wochenschrift Illustrierter Sonntag bzw. an 1932 die von Erich Fürst von Waldburg-Zeil finanzierte Publikation Der gerade Weg heraus, wobei er die Wendung gebrauchte Nationalsozialismus heißt: Lüge, Hass, Brudermord und grenzenlose Not.

 

Am 9. März 1933 wurde er in den Redaktionsräumen des Geraden Weges von der Sturmabteilung verhaftet und am 30. Juni 1934 im Zusammenhang mit dem Röhm-Putsch in Dachau erschossen. In der Literatur wird er meist nur beiläufig erwähnt. Dementsprechend schließt der Herausgeber mit seiner 199 Nummern umfassenden, durch Einführung, Vita, Verzeichnisse und Register sehr gut erschlossenen Edition, in deren Mittelpunkt der durch amtliches Schriftgut, Zeugnisse von Leidensgefährten und ausländische Presseberichte ergänzte Briefwechsel aus Gerlichs Nachlass steht, eine bedeutsame Lücke in den Zeugnissen über Gegner und frühe Opfer Adolf Hitlers.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler