European Private Law - A Handbook, hg. v. Bussani, Mauro/Werro, Franz, Band 1. Stämpfli, Bern u. a. 2009. XIV, 586 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg bestand trotz der vielfach erwiesenen grundsätzlichen Aggressivität des Menschen in Europa weitgehende Einigkeit darüber, dass ein dritter Weltkrieg, wenn irgend möglich, vermieden werden sollte. Das wichtigste Ergebnis dieser bisher erfolgreichen Bestrebungen ist die Europäische Union mit derzeit 27 Mitgliedstaaten. Im Gegensatz zur weitgehenden politischen und wirtschaftlichen Einigung ist eine rechtliche Vereinheitlichung bisher nur in Ansätzen erfolgt.

 

Wie schon im berühmten deutschen Kodifikationsstreit des Jahres 1814 stehen sich auch heute Befürworter und Gegner einer Rechtseinheit gegenüber. Wer sich für Vergemeinschaftung ausspricht, muss auf partikulare Identität verzichten. Dies fällt naturgemäß dem Träger gestalterischer Macht schwer, weil er damit an individuellen Möglichkeiten verliert.

 

Gleichwohl zeichnet sich seit nunmehr rund sechzig Jahren eine allmähliche Europäisierung auch des Rechtes ab. Wenn dabei die nationalen Hoheitsträger auch retardierend wirken, werden sie die allgemeine Entwicklung in einem in vielerlei Hinsichten sich verdichtenden Raum kaum auf Dauer aufhalten können. Deswegen sind wissenschaftliche Überblicke über den jeweiligen Stand dieser wichtigen rechtlichen Vorgänge in jedem Zeitpunkt von Vorteil.

 

In diesem Sinne ist der erste Band eines zweibändigen, von Mauro Bussani (Triest) und Franz Werro (Freiburg im Üchtland) betreuten Handbuchs des europäischen Privatrechts sehr zu begrüßen. Es stellt durchgehend in englischer Sprache nach einem einleitenden Vorwort insgesamt 14 bisher in dieser Form noch nicht veröffentlichte Studien zusammen. Sie betreffen das Verhältnis der Grundrechte zum europäischen Privatrecht (Samantha Besson), das westliche Eigentumsrecht (Antonio Gambaro), die vertragliche Übertragung des Eigentums an beweglichen Sachen (Rodolfo Sacco), das westliche Schuldrecht (Geoffrey Samuel), das westliche Vertragsrecht (Carla Sieburgh), das östliche Vertragsrecht im Übergang am Beispiel der baltischen Staaten, Ungarns und Polens (Norbert Reich), das europäische Verbraucherrecht (Thomas Wilhelmsson, Geraint Howell, Hans-W. Micklitz), das westliche Recht der unerlaubten Handlungen (Gert Brüggemeier), das östliche Recht der unerlaubten Handlungen (Attila Menyhárd), das Restitutionsrecht aus westeuropäischer Sicht (Anne-Catherine Hahn), das Sicherungsrecht in den westeuropäischen Staaten (Francesca Fiorentini), das Sicherungsrecht in Mitteleuropa und Osteuropa in den letzten zehn Jahren (Tibor Tajti), das Familienrecht (Esin Örücü) und das Erbrecht (Antoni Vaquer).

 

Grundsätzlich steht dabei das geltende Recht als Grundlage für eine künftige Vereinheitlichung im Vordergrund. Gleichwohl werden dabei auch viele geschichtliche Züge sichtbar. Aus diesem Grund können die jeweils mit Gliederung, Anmerkungen, Zusammenfassungen und bibliographischen Nachweisen versehenen Studien auch für eine einheitliche europäische Privatrechtsgeschichte von beträchtlichem Nutzen sein.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler