Die Regesten des Kaiserreiches unter Lothar III. und Konrad III., zweiter Teil Konrad III. 1138 (1093/94)-1152 (nach Böhmer, Johann Friedrich neu) bearb. v. Niederkorn, Jan Paul/Hruza, Karel (= Böhmer, Johann Friedrich, Regesta imperii, hg. v. der österreichischen Akademie der Wissenschaften – Regesta imperii – und der deutschen Kommission für die Bearbeitung der Regesta imperii bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur zu Mainz. IV. Ältere Staufer, erste Abteilung, zweiter Teil ). Böhlau, Wien 2008. XII, 453 S. Besprochen von Gudrun Pischke.

 

177 Jahre nachdem Johann Böhmer in seinen chronologisch-diplomatischen Regesten der Urkunden der Römischen Könige und Kaiser von Konrad I. bis Heinrich VII. 911-1313 Konrad III. 122 Einträge (S. 114-121/Nr. 2177-2298), angereichert mit – ohne Quellenbelege – Festtagsaufenthalten und einigen weiteren Ereignissen –, gewidmet hat und 39 Jahre nach Erscheinen der Diplome Konrads III. (298 Urkunden) erhält mit Konrad III. der erste staufische König „seine“ Regestensammlung. Sein Vorgänger Lothar III., der mit dem ersten Teilband der ersten Abteilung unter den Staufern vereinnahmt wird, der aber im strengen Sinne das die Regesten einteilende Schema der Dynastien durchbricht, hat 14 Jahre zuvor den Regestenband erhalten. Mit dem Band zu Konrad III. wird die Lücke der für die Forschung so nötigen Regestenbänden kleiner. Bis 1313 fehlt immer noch Heinrich V.

 

Neben den Urkunden, deren Kenntnisstand seit Böhmer (1831) durch DK III (1969) bereits erheblich erweitert worden ist, fanden chronikalische Quellen Aufnahme wie auch Literatur, so dass nun ein vollständigeres Bild der Regierungszeit Konrads III. gezeichnet werden kann. Darüber hinaus ist die Forschung bei erzählenden Quellen nicht mehr vorrangig auf die Jahrbücher der deutschen Geschichte von Wilhelm Bernhardi zu Konrad III. angewiesen. Konrad III. ist nicht länger als glückloser, beinahe inkompetenter Herrscher zu sehen, sondern eher als Wegbereiter seines Neffen (so im Geleitwort). Insgesamt umfasst der Band einschließlich zweier a-Nummern (120a, 360a) 792 Regesten (S. 3-342), dazu Quellen- und Literaturverzeichnis (S. 343-412), Register der Orts- und Personennamen (S. 413-450) und die Konkordanztafel (S. 451-453).

 

Aus der Zeit vor Konrads Wahl zum König gibt es  82 Regesten. Sie bringen persönliche und familiäre Informationen und belegen neben seiner Präsenz in Herrschernähe besonders sein Gegenkönigtum zu Lothar III. Hinsichtlich des Gegenkönigtums wird auf die ausführlichen Kommentare im Regestenband zu Lothar III. verwiesen und nur in einigen Fällen neue Literatur aufgenommen. Mit Regestennummer 83 zur Erhebung zum König am 7. März 1138 beginnt die Regierungszeit Konrads III., die mit seinem Tod am 15. Februar 1152 endet (Regest 789). Der letzte Eintrag gilt seiner Beisetzung im Bamberger Dom. Mehr als 30 Regesten aus der fast 14jährigen Regierungszeit sind als Fälschung, wegen späterer Überlieferung oder fehlender Informationen zeitlich nicht genau einzuordnen, wobei in einigen Fällen die Reihung nicht ganz einsichtig ist. Rein rechnerisch fallen in jedes seiner zwölf kompletten Regierungsjahre 52 Einträge; den Spitzenwert mit 107 Einträgen brachte das Jahr 1147, in dem er sich auf dem Kreuzzug befand, die wenigsten Zeugnisse stammen mit 21 Regesten aus dem Jahr 1141; das waren noch elf weniger als nach seinem Herrschaftsbeginn im März 1138 und nur fünf mehr als in den sechs Wochen vor seinem Ableben im Jahr 1152. Zwischen dem 30. März 1147, dem Tag der Königskrönung seines zehnjährigen Sohnes, bis zu dessen Tod (etwa September 1150) betreffen mehr als zwanzig Regesten diesen Heinrich (VI.). Es sind auch einige Regesten über  wichtige Ereignisse in Bezug auf Sachsen und die Welfen aufgenommen, auf die Konrad III. reagierte oder die mit seinem Vorgehen in Bezug gebracht werden, wie die Versammlung sächsischer Fürsten in Quedlinburg Anfang Februar 1138 (82), die Ächtung Heinrichs des Stolzen nach Fürstenurteil im Juli 1138 (108), Kämpfe in Sachsen 1138 und 1139 (113, 126), der Tod Heinrichs des Stolzen 1139 in Quedlinburg (160) und der Anspruch Albrechts des Bären, Herzog von Sachsen zu sein (161), der Anspruch Welfs VI. auf das Herzogtum Bayern in Nachfolge seines Bruders Heinrichs des Stolzen (222), das Kreuzzugsgelübde Welfs VI. (421) oder der gewaltsame Tod des sächsischen Grafen Hermann von Winzenburg Ende Januar 1152 (783).

 

Die weitaus meisten Nachrichten – 198 – betreffen Belange von Klöstern oder Stiften und Äbten, 39 weitere Wibald von Stablo, den besonderen Vertrauten des Königs. Es folgen 57 zu Erzbistümern und Bistümern bzw. Erzbischöfen und Bischöfen; jeweils von der Einsetzung der Amtsperson über Bestätigungen von Besitzungen und Rechten bis hin zur Klärung von Streitfällen. Über Belange von einzelnen weltlichen Fürsten entschied Konrad III. in 45 Regesten. Andere soziale Stände sind wenig vertreten: Freie fünfmal und Ministeriale, Einwohner (Schwyz) sowie Juden je einmal. In 30 Regesten wird über Kämpfe (18), Feldzüge (7) und Opposition (5) gegen den König berichtet. Während italienische Städte des Öfteren Königsurkunden erhielten, waren es im Deutschen Königreich nur je einmal Dortmund, Duisburg und Regensburg. Das Königreich Italien betreffen 51 Regesten, acht Rom und den Papst 32; hier gibt es ab 1150 Korrespondenz hinsichtlich Italienzug und Kaiserkrönung. Um Belange des Königreichs Burgund geht es in sechs Regesten; vom Kreuzzug wird in 106 Regesten berichtet. Teile des Reiches werden – außer in Kämpfen und ähnlichen Auseinandersetzungen – mehrmals nur mit Sachsen (4) und Böhmen (8) genannt sowie Nordelbien einmal. Zu benachbarten Königreichen bestand wenig Kontakt. Die Außenbeziehungen gingen eher nach Osten – Polen  (6), Ungarn (4) – und Südosten (Byzanz  24), weniger nach  Süden – Venedig (1), Sizilien (4) – und Westen – Spanien (1) und, abgesehen von Kontakten auf dem Kreuzzug, Frankreich (2) – und Norden – Dänemark (3), Irland  (1).

 

Wie den beiden Einleitungen zu entnehmen ist, wirkten die beiden Bearbeiter nacheinander an der Erstellung des Regestenbandes, wobei Paul Niederkorn das Sammeln und Erstellen der Regesten bewerkstelligte und das Literaturverzeichnis erstellte, wohingegen Karl Hruza die – undankbare – Aufgabe von Redaktion und Herausbringen oblag. Dieses Nacheinander scheint nicht ganz ohne Problematik abgelaufen zu sein, wozu auch finanzielle Engpässe beigetragen zu haben scheinen. Irgendwie untergegangen – Zeitnot?  Geldknappheit? – aber sind im Register geografische Zuordnungen. Sie tauchen nur hin und wieder auf oder die Zuordnung folgt anderen Kriterien. Bei Fredelsloh beispielsweise ist der Hinweis „Stift, s. Mainz“ zu finden (S. 423). Dem Stichwort ‚Mainz‘ ist als Unterpunkt neben Bistum, Burggraf, Erzbischof, Erzbischöfe (hier Verweis auf namentliche alphabetische Einordnung), Propst s. Bertram, St. Peter auch Fredelsloh, Stift (und dazu Bruder s. Johannes von Fredelsloh) eingeordnet (S. 435). Daraus ist nicht ersichtlich, dass das Stift Fredelsloh „w. Northeim, Reg-Bez. Hildesheim NdS“ – so in DK III, S. 665 –  liegt, also weit ab von Mainz. Ohne möglichst genaue geografische Zuordnung eben im Register aber ist die Benutzbarkeit des an sich begrüßenswerten Regestenbandes doch eingeschränkt. Böhmer erschien es 1831 „nicht zweckmäßig“ sich „allzulange bei Einzelheiten [wie geografischen Erläuterungen]aufzuhalten“, denn er wollte „nur überhaupt einmal eine Grundlage“ gewinnen (a. a. O., S. 12) und beließ es für Königshöfe und Gaue bei einem Hinweis auf im Jahr 1800 erschienene Literatur. Hinsichtlich der in den Regestenband aufgenommenen Urkunden Konrads III. kann auf das Register im Diplomata-Band zurückgegriffen werden. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass einige Verwaltungsreformen die dortigen Angaben obsolet gemacht haben: Fredelsloh liegt immer noch westlich Northeims und in Niedersachsen, Regierungsbezirke allerdings gibt es hier seit 2004 nicht mehr. An Bearbeiter und Herausgeber der ausstehenden und auch weiteren Regestenbände kann nur appelliert werden, zurückzufinden zu einem informativem Register, wie es Wolfgang Petke im Regestenband zu Lothar III. auch mit geografischen Erläuterungen bei den Orten, Wüstungen, Bergzügen u. ä. geliefert hat.

 

Bovenden                                                                               Gudrun Pischke