Danckelmann, Volker von, Aus- und Absonderung im deutschen Konkursrecht: eine Untersuchung über die Entwicklung des Verständnisses von Verwaltung und Verwertung fremdrechtbelasteter beweglicher Sachen und Immobilien im deutschen Konkursrecht seit 1855 (= Augsburger Schriften zur Rechtsgeschichte 10). Lit, Münster 2008. XXI, 342 S. Besprochen von Werner Schubert.

 

Die Arbeit Volker von Danckelmanns war im Wintersemester 2007/2008 Gegenstand einer Augsburger Dissertation mit dem Titel: „Die Verwaltung und Verwertung von beweglichen Sachen und Immobilien im deutschen Konkursrecht seit 1855 unter Beachtung der Fremdrechte“. Dieser Titel drückt den Inhalt des Werkes umfassender aus als der nunmehr für die Buchveröffentlichung gewählte Titel. Von Danckelmann untersucht in drei getrennten Abschnitten für die preußische Konkursordnung von 1855, die Konkursordnung von 1877 und die Insolvenzordnung von 1994 jeweils folgende Materien: Verwaltung der Vermögensrechte, deren Verwertung und sodann die Verwaltung und Verwertung von Vindikationsgut und getrennt davon von Absonderungssachen. Jeder der drei Teile wird mit einer Bewertung der Verwaltung und Verwertung für die jeweiligen Konkursordnungen abgeschlossen. Der Schlussteil bringt eine Zusammenfassung der Untersuchungen (S. 300-310). Den drei Hauptkapiteln ist eine allerdings eher zu knappe Entstehungsgeschichte und Gesamtkennzeichnung der jeweiligen Konkurs- bzw. Insolvenzordnungen vorangestellt.

 

Die preußische Konkursordnung von 1855, die weitgehend auf den Vorarbeiten der Gesetzrevision (hierzu W. Schubert, in: Gesetzrevision 1825-1848, Bd. II 10, Vaduz 1990, S. XIIIff., 151ff., 187ff.) beruht – diese hatte bereits das französische Konkursrecht des Code de commerce berücksichtigt –, trennte das Verfahren noch in zwei Verfahrensabschnitte. Der erste Abschnitt diente der Erhaltung und Sicherung der schuldnerischen Vermögensmasse, während der daran anschließende Abschnitt die definitive Verwaltung und Verwertung des Schuldnervermögens zum Gegenstand hatte. Das preußische Konkursrecht stand noch auf dem Standpunkt der Pfandrechtstheorie, welche die Konkursordnung von 1877 aufgab. Das Konkursgericht war auf eine reine Kontrolltätigkeit beschränkt. Die Verwertung durch den definitiven Konkursverwalter erfolgte entweder nach den Bestimmungen über die Exekution oder auf sonstige Art und Weise. Die Absonderungsgegenstände konnte sowohl der Absonderungsgläubiger als auch der definitive Verwalter verwerten. Der Konkurs war anders als nach französischem Recht nicht nur den Kaufleuten zugänglich (vgl. unklar S. 4). Die Konkursordnung von 1877, die sich weitgehend auf das preußische Recht stützte, gab die Zweiteilung des Verfahrens auf, das auch nicht mehr von Amts wegen eröffnet werden konnte. Ein Rückgriff auf das Exekutionsverfahren war nicht mehr möglich, da die §§ 126ff. KO eine abschließende und eigenständige Regelung darstellten. Die Verwertung von Absonderungsgegenständen durch den Konkursverwalter war bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts noch die Regel (vgl. § 127 KO). Mit der Schaffung bzw. Ausbreitung neuer Sicherungsrechte wurde die Verwertung durch den absonderungsberechtigten Gläubiger die Regel, so dass eine Betriebsfortführung sehr erschwert war. Der Konkursverwalter war gegenüber dem preußischen Konkursrecht freier gestellt; die Gläubigerautonomie wurde weiter verstärkt. Die Insolvenzordnung von 1994 verschob den Verwertungszeitpunkt bis zum Berichtstermin (§ 156 InsO) und folgte damit, wenn auch „sicherlich unbewusst“ (S. 304) insoweit der preußischen Konkursordnung. Damit wird eine Sanierung des Unternehmens vor dessen Zerschlagung bevorzugt. Die Verwertung der Absonderungsgegenstände wurde durch die Insolvenzordnung neu geregelt und grundsätzlich dem Verwalter überlassen.

 

Insgesamt hätten die Leitlinien der jeweiligen Regelungsinhalte angesichts der mitunter sehr in die Einzelheiten gehenden Darstellung – dies gilt insbesondere für die Insolvenzordnung – noch schärfer herausgearbeitet werden sollen. Die Zusammenfassungen am Ende der drei Hauptteile sind insoweit eher zu knapp. Von Danckelmann hat die gedruckten Materialien zu den jeweiligen Gesetzen mitberücksichtigt. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die archivalisch überlieferten Materialien zur Konkursordnung von 1877 noch immer unveröffentlicht sind (hierzu Thieme, 100 Jahre Konkursordnung, 1977, S. 35ff.). Nicht einbezogen in die Untersuchungen sind die einschlägigen Regelungen der Vergleichsordnung von 1927/35, die teilweise in der Insolvenzordnung aufgegangen sind. In Teil 1 hat von Danckelmann auch die Regelungen des gemeinen und des preußischen Konkursrechts der Allgemeinen Gerichtsordnung von 1795 herangezogen. Für das französische Konkursrecht des Code de commerce, das die Arbeiten der Gesetzrevision und die Konkursordnung von 1855 stark beeinflusste, ist dies nicht in gleichem Maße der Fall. Die jeweils einschlägige Literatur ist umfassend berücksichtigt, während die Rechtsprechung bis 1945 nur knapp herangezogen wird (Nachweise S. 341f.). Das Entscheidungsverzeichnis S. 339ff. weist leider nicht nach, wo von Danckelmann die Urteile näher behandelt hat. Nützlich wäre im Hinblick auf die Fülle der behandelten Rechtsfragen ein Sachverzeichnis gewesen. Insgesamt liegt mit dem Werk von von Danckelmanns zu dem von ihm behandelten Rechtsgebiet erstmals eine detaillierte Untersuchung vor. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass von Danckelmann die Verbindungslinien zum bisherigen Konkursrecht aufzeigt, die auch für die Insolvenzordnung ungeachtet ihrer Neuerungen maßgebend waren.

Kiel

Werner Schubert