Codex diplomaticus Saxoniae, hg. v. Institut für sächsische Geschichte und Volkskunde e.V. in Dresden und von der sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Erster Hauptteil, Abteilung A, Band 3 Urkunden der Markgrafen von Meißen und Landgrafen von Thüringen 1196-1234, Register, auf der Grundlage der Vorarbeiten von Boer, Elisabeth (†) bearb. v. Baudisch, Susanne/Cottin, Markus. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2009. XIV, 252 S.

 

Codex diplomaticus Saxoniae, hg. v. Institut für sächsische Geschichte und Volkskunde e.V. in Dresden und von der sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Dritter Hauptteil Papsturkunden, Band 1 Die Papsturkunden des Hauptstaatsarchivs Dresden Erster Band Originale Überlieferung Teil 1 1104-1303, bearb. v. Graber, Tom. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2009. LVI, 379 S.

 

„Zur Ehre Sachsens“ überschrieb Matthias Werner seinen Beitrag über Geschichte, Stand und Perspektiven des Codex diplomaticus Saxoniae (in: Diplomatische Forschungen in Mitteldeutschland, hg. v. Tom Graber, Leipzig 2005, S. 261-301; vgl. Besprechung von Harald Winkel in ZRG GA 124, 2007, S. 493-495). Anlass war der hoffnungsvolle Neubeginn, nachdem das bedeutende Quellenwerk fast ein ganzes Jahrhundert im Dornröschenschlaf versunken war. Werner konnte damals drei neue Bände ankündigen. Der von Tom Graber bearbeitete erste Band des Urkundenbuchs des Klosters Altzelle (1162-1249) sollte schon 2004 erscheinen und liegt seit 2006 im Druck vor (vgl. Besprechung von Gerhard Köbler in ZRG GA 124, 2007, S. 507f.). Die beiden anderen, bereits für 2005 avisierten Bände sind hier vorzustellen.

 

Der Registerband zu den von Otto Posse herausgegebenen Urkunden der Markgrafen von Meißen und Landgrafen von Thüringen 1196-1234 (CDS I/3) ist in mehr als zwanzigjähriger ehrenamtlicher Tätigkeit von der pensionierten Leiterin des Stadtarchivs Dresden Dr. Elisabeth Boer (1896-1991) erarbeitet worden, der dafür von Matthias Werner in seinem Vorwort und von den Bearbeitern der nun gedruckt vorliegenden Fassung in ihrer Einleitung zur Entstehung des Registerbandes Dank und Anerkennung gezollt wird. Durch den Index der Orts- und Personennamen wird der bereits 1898 erschienene Urkundenband jetzt endlich für die Forschung erschlossen. Ein an sich wünschenswertes Sachregister konnte dagegen nicht realisiert werden; es hätte das Erscheinen des Registerbandes ad Kalendas Graecas verschoben.

 

Die „Ergänzungen und Berichtigungen“ und die „Nachträge zum CDS I/3“ im Anhang beruhen im wesentlichen auf neuen Editionen und Regestenwerken, nicht auf Autopsie der Originale, wie die Bearbeiter betonen. Das kann bei unkritischer Übernahme problematisch sein, wie an einem Beispiel gezeigt werden soll. Otto Posse hatte CDS I/3 Nr. 222, Landgraf Hermanns I. Genehmigung der Verlegung des Klosters Aulisburg, auf 1216 Mai 29 datiert, doch Otto Dobenecker (Regesta diplomatica necnon epistolaria historiae Thuringiae, Bd. 2, Jena 1900, Nr. 1585) verbesserte die Datierung auf 1214 Mai 29, weil Indiktion und Pontifikatsjahre zu 1214 gehören. Der Registerband aber folgt Eckhart G. Franz, der in seinem Urkundenbuch des Klosters Haina (Bd. 1, Marburg 1962, Nr. 12, Anm. 1) als „versuchte Zwischenlösung“ 121[5?] Mai 29 angeboten hat, wodurch die Urkunde in die zeitliche Nähe zur tatsächlichen Verlegung des Klosters durch Erzbischof Siegfried von Mainz 1215 Juni 3/10 gerückt werden würde. Zu diesem Termin aber passt keines der Datierungsmerkmale der Urkunde Landgraf Hermanns I., was diese an sich ansprechende Datierung fragwürdig erscheinen lässt. Ein solches Datierungsproblem lässt sich natürlich in einer einzigen Ergänzungszeile im Registerband (S. 212) ebensowenig lösen wie in einer Rezension. Aber dass an gleicher Stelle (und im Index S. 124) Posses falsche Auflösung Heinricus comes de Richi[nhag] (die vielleicht auch auf einem Druckfehler beruhen könnte) zu Richi[nbach] verbessert wird, obwohl bei Franz richtig Richinbag steht, muss doch beanstandet werden. So wichtig und nützlich der Registerband auch ist, er enthebt den wissenschaftlichen Benutzer nicht der grundsätzlichen Verpflichtung, alle Quellen- und Literaturangaben zu überprüfen.

 

Der von Tom Graber bearbeitete erste Band der Papsturkunden des Hauptstaatsarchivs Dresden macht einen vorzüglichen Eindruck. Er ist aus einer Leipziger Dissertation bei Thomas Vogtherr hervorgegangen und enthält 157 Papsturkunden aus den Jahren 1104 bis 1303, darunter drei Spuria, die sich als Originale ausgeben, und ein verunechtetes Stück. In Appendices werden alle kurialen Vermerke aufgearbeitet, in Indices sonstige Angaben zu den Urkunden wie Provenienzen, Formeln, die in den Urkunden zitierten Quellen und die Siegel. Den Beschluss macht ein Namenregister (Orts- und Personennamen). Ein für Rechtshistoriker hilfreiches Sachregister gibt es nicht, doch ist die Zahl der Urkunden überschaubar und ihr Inhalt aus den Kopfregesten leicht abzulesen.

 

Soweit es sich um päpstliche Schutzprivilegien und Besitzbestätigungen handelt, sind die Urkunden aus rechtshistorischer Sicht weniger ergiebig. Auch die Aufträge an Geistliche, Rechtsstreitigkeiten zu untersuchen und zu entscheiden, geben meist wenig her. Immerhin erfahren wir aus Nr. 11 von 1201, dass Graf Ulrich von Wettin seinen Leuten verboten hat, den der Meißner Kirche zustehenden Zehnten zu entrichten. Um die Verweigerung von Zehntzahlungen an das Meißner Domkapitel geht es auch in Nr. 23 von 1208, um den Rückerwerb von an Laien verlehnte Zehnten in Nr. 28 von 1216, um die Einschränkung der Zehntprivilegien der Zisterzienser durch die Bestimmungen des 4. Laterankonzils in Nr. 31, 32, 35 und 37 von 1220/1221; zur Zehntfreiheit der Zisterzienser vgl. auch Nr. 64 von 1244. 1249 verfügte Papst Innozenz IV., dass die Zisterzienser in Pfarreien, in denen sie alte Zehnten besitzen, im gleichen Verhältnis auch Zehnte von neugerodetem Land erheben dürfen (Nr. 80).

 

In einer Reihe anderer Urkunden geht es um Patronatsrechte. Nach Nr. 95 von 1254 durfte das in Not geratene Benediktinerkloster Chemnitz Einkünfte der dortigen Pfarrkirche, deren Patronatsrecht es besaß, für sich verwenden, musste aber dem dort zu investierenden Kleriker die portio congrua zugestehen. 1255 gestattete Papst Alexander IV. dem Zisterzienserkloster Altzelle, seine Patronatskirche in Seußlitz in ein Zisterzienserkloster umzuwandeln (Nr. 102), was aber nicht zustandekam. In den übrigen Urkunden geht es um die Übertragung von Patronatsrechten aus Laienhand an den Deutschordenskomtur zu Zschillen (Nr. 130), an das Augustiner-Eremitenkloster zu Neustadt/Orla (Nr. 153) und an das Klarissenkloster zu Seußlitz (Nr. 154 und 155).

 

Aus der Reihe der üblichen Ablassprivilegien für das Augustiner-Chorherrenstift St. Peter auf dem Lauterberg, heute Petersberg nördlich von Halle/Saale (Nr. 40 und 103), für das Zisterzienserkloster Buch (Nr. 67) und für die Domkirche in Meißen (Nr. 85, 88 und 92) fällt ein Privileg Papst Innozenz IV. von 1246 heraus, das zu Spenden für den begonnenen Bau der Kirche und anderer Gebäude des Franziskanerklosters in Torgau aufruft und dafür einen Ablass von 40 Tagen gewährt (Nr. 73). Besonderes Interesse verdient eine andere Urkunde Papst Innozenz’ IV. von 1253, mit der er den Sohn Markgraf Heinrichs von Meißen und die Tochter Markgraf Johanns I. von Brandenburg vom Ehehindernis der Blutsverwandtschaft vierten Grades dispensiert (Nr. 94); die Urgroßmutter des Bräutigams Hedwig, Gemahlin Markgraf Ottos von Meißen, war eine Tochter des Ururgroßvaters der Braut, des Brandenburger Markgrafen Albrecht des Bären. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass der Urkundenband auch einen „Fremdkörper“ enthält, ein Schreiben Papst Martins V. von 1281, worin er dem Erzbischof von Köln befiehlt, die Exkommunikation der maiores von Soest und das Interdikt gegen die Stadt Soest binnen 8 Tagen nach Empfang des Schreibens aufzuheben (Nr. 129); das Schreiben stammt aus dem Depositum des Sächsischen Altertumsvereins, einem Sammelbestand.

 

Marburg                                                                                                          Wilhelm A. Eckhardt