Christoforatou, Ellen, Zwischen geistlicher Herrschaft und Eigenverantwortung. Die Wirtschaftsentwicklung in der Stadt Würzburg 1650-1803 (= Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg 16). Schöningh, Würzburg 2010. IX, 368 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Peter Baumgart betreute, im Sommersemester 2004 von der philosophischen Fakultät II der Universität Würzburg angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie folgt einer 2009 von Marcus Sporn vorgelegten Untersuchung über Wirtschaft und Versorgungspolitik des fürstbischöflichen Oberrats in der Residenzstadt Würzburg im späteren 16. Jahrhundert. Beide Untersuchungen erfüllen das seit langem bestehende Forschungsdesiderat einer fundierten Darstellung der Wirtschaftsgeschichte Würzburgs in der frühen Neuzeit.

 

Nach ihrer kurzen Einleitung wendet die Verfasserin sich im ersten ihrer sechs sachlich geordneten Kapitel den Getreidepreisen und der Konjunktur in der städtischen Wirtschaft zu und hebt deren besondere Bedeutung hervor. Danach geht sie insgesamt zum städtischen Gewerbe und zum Zunfthandwerk über, wobei sie Zunftrecht und Zunftwirklichkeit vergleicht und die Dynamisierung sowie die obrigkeitliche Handwerkspolitik anspricht. Es folgen Großbetriebe und Manufakturen, der Würzburger Handel und Weinbau und Weinwirtschaft.

 

Insgesamt gelangt die Verfasserin auf Grund sorgfältiger Verwertung der Quellen zu einer Reihe neuer Erkenntnisse. Danach war die Konjunktur der Würzburger Wirtschaft in starkem Maße von der Entwicklung der Getreidepreise abhängig, während der Wein eigentlich nur eine eher randständige Rolle spielte. Dem obrigkeitlichen Handeln der Fürstbischöfe lag weder ein in sich geschlossenes, langfristig angelegtes Wirtschaftskonzept zu Grunde, noch war ihm im Gegensatz zur Bautätigkeit ein glanzvoller Erfolg beschieden.

 

Vielmehr führten das stetige Bevölkerungswachstum und die hohe Inflationsrate zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Am Ende des 18. Jahrhunderts lebten deshalb in Würzburg wie auch anderswo zahlreiche Einwohner am Rande des Existenzminimums. Eine Lösung dieser Schwierigkeiten erbrachte aber nach überzeugender Erkenntnis der Verfasserin nicht die obrigkeitliche Politik, sondern die eigenverantwortliche Initiative der Betroffenen.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler