Brock, Thomas, Moorleichen - Zeugen vergangener Jahrtausende (= Archäologie in Deutschland Sonderheft 2009). Theiss, Stuttgart 2009. 143 S., 130 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Seit Jahrhunderten werden im Moor vor allem beim Stechen von Torf menschliche Körper und Körperteile gefunden, deren Weichteile durch Sauerstoffabschluss und Huminsäureeinwirkung recht gut erhalten geblieben sind. Dem Schutz des Moores entzogen, trockneten sie freilich vielfach rasch aus und verwesten. Insgesamt sind in der Gegenwart mehr als 1000 Körper vor allem aus Dänemark, Norddeutschland, den Niederlanden und den britischen Inseln bekannt, wobei sich diese Zahl infolge der maschinellen Torfgewinnung in jüngerer Zeit nicht  mehr bedeutsam erhöht hat.

 

Rechtsgeschichtlich sind diese Moorleichen deswegen interessant, weil Tacitus in seiner Germania eine Wendung enthält, die sich auf sie beziehen kann. Danach werden Unzüchtige wohl von der Allgemeinheit im Moor versenkt wie Volksverräter aufgehängt werden. Dementsprechend könnten sich schriftlicher Bericht und tatsächlicher Fund in ihrer Aussagekraft gegenseitig stützen.

 

Der Verfasser hat vor- und frühgeschichtliche Archäologie und Journalistik in Hamburg studiert. Er kennt also seinen Sachgegenstand gut. Er weiß aber auch, dass selbst wissenschaftliche Erkenntnis interessengerecht präsentiert werden muss.

 

Deswegen geht er von zahlreichen Theorien und schaurigen Geschichten aus, die sich um die mysteriösenToten ranken. Die meisten sind nach dem Außentext einen grausamen Tod gestorben, wobei sie erhängt, enthauptet, erstochen oder erschlagen wurden. Bis heute ist die Frage, warum sie sterben mussten und warum man ihre Leichname im dunklen Schlamm versenkte, nicht eindeutig zu beantworten, wobei man nach Ansicht des Verfassers immer wieder falschen Fährten gefolgt ist und die Forscher sogar Ergebnisse frei erfunden haben.

 

Er selbst gliedert seine reich ausgestattete, eindrucksvoll farbig bebilderte, ansprechend geschriebene und mit einem Literaturverzeichnis abgerundete Darstellung, die außen das Wasser im Moor dunkel und gespenstisch nebeln lässt und den bedeutsamsten Teil des ersten Fotos leider ziemlich in den Buchfalz versenkt, in sieben Abschnitte. Sie betreffen den Mensch und das Moor, die Moorleichen (der Steinzeit, der Bronzezeit, der Eisenzeit, des Mittelalters und der Neuzeit) und „das Moorvolk“. Danach sucht er nach dem Grund des Todes und gelangt letztlich zu der vorherrschenden Erkenntnis, dass vieles denkbar ist und dass manch Toter aus dem Moor bei einem heiligen Ritual sein Leben gelassen haben kann.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler