Auf dem Weg zu einer europäischen Sammelklage?, hg. v. Casper, Matthias/Janssen, André/Pohlmann, Petra/Schulze, Reiner. Sellier, München 2009. XIII, 314 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Bereits im Laufe des Mittelalters drangen Gedanken des in Rom von vielen Rechtskundigen ausgeformten Rechtes an einzelnen Stellen in den germanistischen Sprachraum ein. Im Laufe der Jahrhunderte erwuchs daraus eine weitreichende Rezeption antiken römischen Rechts in zeitgenössischer Anwendung. Vor allem seit dem 20. Jahrhundert wird das weitgehend ausgeschöpfte römische Rechtsideenreservoir zunehmend durch den Blick auf die unbekümmert praktisch-ökonomisch handelnden Vereinigten Staaten von Amerika ersetzt.

 

Dort wurde eine auch in die Federal Rules of Civil Procedure, Title 28 United States Code Appendix Rule 23 aufgenommene besondere class action entwickelt. Bei ihr klagt eine große Zahl von Klägern gegen einen Beklagten. Das Besondere bei dieser Sammelklage ist, dass für viele Kläger (z. B. Geschädigte) bedeutsame Tatsachenfragen und Rechtsfragen nicht in vielen einzelnen Rechtsstreitigkeiten einzeln geprüft und entschieden werden müssen, sondern dass sie an einer Stelle mit einheitlicher Wirkung für alle Beteiligten geklärt werden können, die dann nicht mehr ihre einzelne Betroffenheit sondern nur noch ihre Zugehörigkeit zu gleichen Gruppe beweisen müssen.

 

Wegen der wachsenden Bedeutung dieser etwa durch Klagen von nationalsozialistischen Zwangsarbeitern weltweit als durchaus erfolgreich bekannt gewordenen Einrichtung lud das Centrum für europäisches Privatrecht in Münster zum 15. und 16. Januar 2009 zu einem First Round Table der Challenges in European Private Law ein. Diese durch ein im November 2008 veröffentlichtes Grünbuch der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz der Europäischen Kommission über kollektive Rechtsdurchsetzungsverfahren noch beflügelte Veranstaltung führte Theoretiker und Praktiker aus (sechs) verschiedenen europäischen Ländern zusammen. Die Ergebnisse der von Pöllath + Partners unterstützte Erörterungen bietet der Band bereits kurze Zeit danach.

 

Behandelt werden dabei in einem ersten Teil in acht Referaten Grundlagen und Problemfelder wie rechtsökonomische Aspekte, kollektiver Rechtsschutz, Verbraucherrecht, Kartellrecht oder aktuelle Prozessrechtsentwicklung. Dem folgen in einem zweiten Teil sieben Studien über Erfahrungen aus den Niederlanden, England, Skandinavien, Italien, Deutschland (Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz) und Frankreich. Man wird mit dem Geleitwort darauf gespannt sein dürfen, wie lange diese moderne Errungenschaft der Massengesellschaft zu ihrem miterlebbaren Einzug in Europa brauchen wird.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler