Wintzer, Joachim, Deutschland und der Völkerbund 1918-1926 (= Sammlung Schöningh zur Geschichte und Gegenwart). Schöningh, Paderborn 2006. 634 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Untersuchung ist die unter günstigen Arbeitsbedingungen geschaffene, für die Drucklegung unter Berücksichtigung neuerer Literatur überarbeitete, von Eike Wolgast betreute, im Oktober 1998 von der philosophisch-historischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommene Dissertation des Verfassers. In ihrer Einleitung legt er dar, dass eine Darstellung des Verhältnisses Deutschlands zum Völkerbund bisher fehlte, die versucht, verschiedene, unterschiedlichen Wirkungskräften entsprechende Perspektiven in einer Darstellung zu integrieren. Diese Lücke will der Verfasser unter Zugrundelegung eines weiten Begriffes von Völkerbund schließen.

 

Hierfür gliedert er seine Untersuchung in zwei Teile. In einem systematischen Teil betrachtet er die Strukturen und Bedingungsfaktoren der deutschen Haltung zum Völkerbund im Untersuchungszeitraum. Demgegenüber befasst sich der ausführlichere chronologische Teil  mit der zeitlichen Entwicklung des Verhältnisses Deutschlands zum Völkerbund.

 

Im systematischen Teil geht der Verfasser von den organisatorischen Grundbedingungen und Einflussnahmen aus (auswärtiges Amt, Reichspräsident, Reichsregierung, Reichstag, Reichsrat, politische Parteien, Verbände, Interessengruppen und andere organisierte Einflussgruppen). Danach zeigt er die internationalen Rahmenbedingungen auf (Versailler System, Weltwirtschaftssystem, Genfer System, Völkerbundshaltungen anderer Staaten). Anschließend stellt der dem Völkerbundsrat, der Völkerbundsversammlung und dem Generalsekretariat die deutsche Völkerbundspolitik im Kontext der deutschen Außenpolitik und die einzelnen Argument und Debatten gegenüber.

 

Im chronologischen Teil unterscheidet er nach einem Prolog elf einzelne kurze Phasen. Sie beginnen mit der deutschen Friedensstrategie vom November 1918 bis Juni 1919 und enden mit dem innerstaatlichen Weg zum Beitritt zwischen November 1925 und Februar 1926. Im Epilog fasst der Autor den außenpolitischen Weg Deutschlands in den Völkerbund kurz zusammen.

 

Insgesamt zeigt das Werk sachkundig und detailliert, wie Deutschland nach dem Ende des ersten Weltkriegs über die Aufnahme in den Völkerbund eine rasche Wiederaufnahme in die Völkergemeinschaft anstrebte, diese Zielsetzung aber an der Austrittsdrohung Frankreichs scheiterte. Erst als im Rahmen der Sicherheitspaktverhandlungen das Deutsche Reich von den Alliierten zum Beitritt zum Völkerbund aufgefordert wurde, war eine belastungsfreie Debatte über die Außenpolitik möglich. Abgeschlossen wird das gewichtige, mit Bildern des Generalsekretärs des Völkerbunds (James Eric Drummond) und des deutschen Außenministers (Gustav Stresemann) geschmückte Band mit einer umfangreichen Bibliographie und einem von Abessinien bis zum zweiten Weltkrieg reichenden Register.

 

Innsbruck                                            Gerhard Köbler