Steck, Peter Karel, Zwischen Volk und Staat. Das Völkerrechtssubjekt in der deutschen Völkerrechtslehre (1933-1941) (= Studien zur Geschichte des Völkerrechts 6). Nomos, Baden-Baden 2003. IX, 278 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die als Teil eines von der Max-Planck-Gesellschaft und der deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts zur Völkerrechtswissenschaft zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus entstandene, von Walter Rudolf betreute und 2001 in Mainz angenommene Dissertation des Verfassers. Sie gliedert sich in fünf Teile. Diese sind teils chronologisch, teils sachlich geordnet.

 

Der Verfasser beginnt mit der Vorgeschichte, für die er grundsätzlich ein bisher eher geringes Interesse an der Völkerrechtsgeschichte konstatiert. Danach beschreibt er die deutsche Völkerrechtswissenschaft in der Weimarer Republik, in der bis 1930 nur ein einziger Lehrstuhl für Völkerrecht (in Kiel, Niemeyer) bestand. Von hier aus geht er zur Völkerrechtssubjektivität in der Lehre vor 1933 über.

 

Der zweite Abschnitt betrifft die Haltung der etablierten Völkerrechtslehre nach 1933, für die der Verfasser einführend den außenpolitischen Hintergrund in drei Phasen der Revision (1933-1935), der Konsolidierung (1935-1937) und der Expansion (1937-1939) darstellt. Danach schildert er die Veränderung der wissenschaftlichen Landschaft. Für die Reaktion der Etatisten untersucht er die Werke Carl Bilfingers, Viktor Bruns’, Axel Freiherr von Freytagh-Loringhovens, Carl Schmitt, Heinrich Triepels, Heinrich Drosts, Friedrich Wilhelm von Rauchhaupts, Hermann Jahrreiß’ und Friedrich Berbers, die trotz großer Heterogenität den Staats als Subjekt des Völkerrechts ansahen und von der völkerrechtlichen Realität ausgingen.

 

Dem stellt der Verfasser danach das völkisch-etatistische Denken gegenüber. Für den völkischen Staat als Völkerrechtssubjekt benennt er Gustav Adolf Walz, Hermann Raschhofer, Edgar Tatarin-Tarnheyden, Alfred von Verdroß, Walter Hamel, Hermann Held, Karl Petraschek und Friedrich Giese. Dabei verfolgt er die Ausstrahlung auf das Völkerrecht und die Auswirkungen auf das Minderheitenrecht genauer.

 

Im vierten Abschnitt bündelt er die Vertreter des völkischen Völkerrechts. Bedeutendster Vertreter ist Ernst Wolgast. Ähnliche Ansätze finden sich aber auch bei Dietze, Ritterbusch und seinen Schülern sowie Rogge. Staatsrechtliche Parallelen erkennt der Verfasser bei Reinhard Höhn.

 

Der Ausblick der klaren und verständlichen Untersuchung stellt Carl Schmitts Großraumtheorie in den Mittelpunkt. Danach betrachtet der Verfasser die Kritik wie die Rezeption. Zusammenfassend stellt er fest, dass den Bemühungen, die Völkerrechtssubjektivität mit völkischen Aspekten anzureichern, nur ein geringer Erfolg beschieden war und die völkisch motivierten Theorien ihren eigenen selbst auferlegten Anforderungen nicht gerecht wurden, weil sie weiterhin die Staaten im völkerrechtlichen Verkehr handeln ließen und eine Konstruktion des Völkerrechts unter Verzicht auf die Staaten als undenkbar betrachteten.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler