Staatsbildung als kultureller Prozess. Strukturwandel und Legitimation von Herrschaft in der frühen Neuzeit, hg. v. Asch, Ronald G./Freist, Dagmar. Böhlau, Köln 2005. VII, 442 S.

 

Der vorliegende Band, den der Herausgeber wegen des Ausbleibens einer zugesagten Rezension wenigstens kurz anzeigen muss, stellt das Ergebnis einer von der Thyssen Stiftung großzügig geförderten Tagung dar, die im Herbst 2002 an der Universität Osnabrück stattfand, an der die beiden Herausgeber damals lehrten. Er wird von einer Einführung Dagmar Freists über Staatsbildung, lokale Herrschaftsprozesse und kulturellen Wandel in der frühen Neuzeit eröffnet. Am Ende bietet Wolfgang Reinhard eine Zusammenfassung mittels der Fragestellung Staatsbildung durch Aushandeln?

 

Die zwischen Eröffnung und Abschluss liegenden fünfzehn Referate sind gleichmäßig in fünf Blöcke geteilt. Sie betreffen lokale Herrschaftspraxis, Vermittlung von Herrschaft zwischen Zentrum und lokalen Herrschaftsräumen, Herrschaft und rechtliche Normsetzung, Legitimation von Herrschaft sowie Staatsbildung und politisch-soziale Eliten. Fünf nichtdeutschsprachige Autoren sichern die Internationalität.

 

Dementsprechend beginnt Stefan Brakensiek mit lokalen Amtsträgern in deutschen Territorien der frühen Neuzeit. Michel Braddick beschäftigt sich mit State formation and political culture in Elizabethan and Stuart England. Politisches Engagement in englischen und französischen Provinzstädten des 18. Jahrhunderts vergleicht François-Joseph Ruggiu.

 

Die Vermittlung von Herrschaft betrachtet Birgit Emich an Hand der Bologneser libertà und der Ferrareser decadenza, Michel Cassan an der Beziehung der Krone zu den Städten unter Karl IX. und Ludwig XIII., Mark Häberlein hinsichtlich konfessioneller Grenzen, religiöser Minderheiten und der Herrschaftspraxis in süddeutschen Städten und Territorien in der frühen Neuzeit. Der Normsetzung wendet sich André Holenstein über die badischen Polizeiordnungen zu, Steve Hindle über Law, Law Enforcement and State Formation in Early Modern England, während Siegrid Westphal die Reichsgerichte als Schiedsstelle territorialer Konflikte in den Blick nimmt. Die Legitimation von Herrschaft verfolgt Gérard Sabatier über ikonographische Programme, Claudia Opitz über Bodin, Dagmar Freist in einem Vergleich zwischen Deutschland und England hinsichtlich der Öffentlichkeit und Herrschaftslegitimation.

 

Am Ende wird die Bedeutung der politisch-sozialen Eliten erörtert. Roland G. Asch nützt dafür die Ehre, Andreas Pečar das Hofzeremoniell in Wien, Horst Carl die Adelseinungen im alten Reich. Wie bei einem Sammelband häufig, so fehlt auch hier ein Register, das den interessanten, vielfältigen, von den Referenten facettenartig geschilderten Gang der Staatsbildung der frühen Neuzeit dem Betrachter leichter zugänglich machen könnte.

 

Innsbruck                                                                                           Gerhard Köbler