Spieß, Pirmin, Kleine Geschichte der Stadt Neustadt an der Weinstraße (= Regionalgeschichte - fundiert und kompakt). G. Braun/DRW-Verlag Weinbrenner GmbH & Co. KG, Karlsruhe/Leinfelden-Echterdingen 2009. 208 S. Besprochen von Werner Schubert.

 

Stadtgeschichten leiden oft darunter, dass Rechtsentwicklungen und rechtshistorisch wichtige Details nur ungenau erläutert werden. Deshalb ist es zu begrüßen, dass sich der Mannheimer Rechtshistoriker Spieß – ausgewiesen durch Arbeiten zur pfälzischen und Neustädter Rechtsgeschichte – der Stadtgeschichte von Neustadt (an der Haardt/an der Weinstraße) angenommen hat. Neustadt, um 1220/30 gegründet und erstmals 1243/44 urkundlich erwähnt, gehörte bis in die 90er Jahre des 18. Jahrhunderts zur Kurpfalz. In der französischen Zeit war Neustadt Hauptstadt eines Kantons im Donnersbergdepartement und kam 1816 zu Bayern. Seit Juli 1945 Teil der französischen Besatzungszone und des späteren Bundeslandes Rheinland-Pfalz, war und ist Neustadt ein Verwaltungsmittelpunkt für die Pfalz und von 1946 bis 1965 Sitz des pfälzischen Oberlandesgerichts (S. 166). Spieß beschreibt präzise die mittelalterliche Stadtverfassung und das Marktrecht, das Marktkäufe insoweit privilegierte, dass ein Eigentumsrecht an den gekauften Waren auch dann erworben wurde, wenn es sich um Hehlerware handelte (S. 26). Für kurze Zeit lehrten im 16. Jahrhundert einige reformierte Heidelberger Professoren in Neustadt, u. a. der Jurist Nikolaus Dobbin aus Rostock (S. 53f.). Für die napoleonische Zeit weist Spieß auf den Code civil mit seinem weiten Eigentumsbegriff (S. 78, 111) und die Einführung der Gewerbefreiheit hin. Zum Hambacher Fest – Hambach gehört seit 1969 zu Neustadt – merkt Spieß an, dass der Schwurgerichtsprozess gegen die Organisatoren dieses Festes der erste Prozess der deutschen Rechtsgeschichte sei, der vollständig mitstenografiert worden sei. Zu den aus Neustadt kommenden Persönlichkeiten gehört Willi Geiger, der 26 Jahre lang (bis 1977) Bundesverfassungsrichter war (S. 167). Insgesamt bringt das Werk für die letzten 150 Jahre nur noch wenige rechtshistorische Details. Nützlich wären Hinweise auf die Gerichtstraditionen Neustadts und die Kommunalverfassung gewesen.

 

Kiel

Werner Schubert