Schwarz, Robert, Das Stiftungswesen in der sowjetischen Besatzungszone und in der Deutschen Demokratischen Republik zwischen 1945 und 1989. Zugleich ein Beitrag zum deutschen Stiftungsrecht unter dem Einfluss der Regime (= Europäische Hochschulschriften 2, 4653). Lang, Frankfurt am Main 2008. XXXVII, 246 S., zahlr. Tab. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die durch die 1943 auf der Grundlage dreier Mietshäuser in Leipzig-Connewitz errichtete Stiftung des Baumeisters Albin Wilhelm Neumann angeregte, von Gero Dolezalek betreute, im Sommersemester 2007 von der Juristenfakultät der Universität Leipzig angenommene Dissertation des von 1996 bis 2003 Jura und von 2002 bis 2006 Immobilienmanagement studierenden Verfassers. Ihr Gegenstand ist interessant, wenn auch anscheinend so wenig behandelt, dass etwa drei Viertel aller von ihm einbezogenen Akten von ihm erstmals seit ihrer Archivierung zur Benutzung angefordert wurden. Die Quellenlage ist am besten in Brandenburg, am schlechtesten in Thüringen sowie in den Stadtarchiven und Kreisarchiven.

 

Der Verfasser gliedert seine Arbeit in 9 Abschnitte. Zunächst befasst er sich mit dem Stiftungsbegriff und dem Bürgerlichen Gesetzbuch von 1896/1900 als der Grundlage des Stiftungsrechts in der sowjetischen Besatzungszone und der Deutschen Demokratischen Republik. Danach behandelt er die Stiftungen im nationalsozialistischen Deutschland, zu denen auch sein Ausgangsfall zählt.

 

Im dritten Abschnitt wendet er sich dem Stiftungswesen in der sowjetischen Besatzungszone zu und ermittelt unter dem Stiftungsrecht in den Ländern der sowjetischen Besatzungszone und der Deutschen Demokratischen Republik zwischen 1945 und 1952 das Stiftungswesen in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Sachsen. Von hier aus verfolgt er das Stiftungsrecht in der Deutschen Demokratischen Republik von 1949 bis 1989, wobei er dann den fiduziarischen Stiftungen, den Stiftungen mit Sonderstatus (Blindenstiftungen, Stiftungen mit Vermögen in Westdeutschland), den sächsischen Sammelstiftungen und den kirchlichen Stiftungen besondere Aufmerksamkeit widmet.

 

In seiner überzeugenden Zusammenfassung stellt er fest, dass in seinem Untersuchungsgebiet kirchliche Stiftungen auf Grund des Potsdamer Abkommens vom 2. August 1945 seit 1945 gesetzlich (unantastbar) geschützt waren. Bei den weltlichen Stiftungen verliefen Stiftungsauflösungen und Stiftungsumwandlungen bis 1952 noch überwiegend sachgerecht und zweckgerecht, ehe mit der Auflösung der Länder der Niedergang des Stiftungswesens begann und bis 1956 (außer im Gebiet Sachsens) mindestens 90 Prozent der 1952 vorhandenen weltlichen Stiftungen vor allem wegen der Vermögensentwicklung, aber auch aus ideologischen Überlegungen - da für die sozialen Bedürfnisse der Bürger durch die Maßnahmen der Regierung gesorgt ist - aufgelöst wurden. Da zudem durch die Verstaatlichung von Betrieben und die Vergesellschaftung von Grund und Boden das Privateigentum zurückgedrängt wurde, war damit das Stiftungswesen ab 1957, wenngleich einzelne überlebende Stiftungen weitgehend unbehelligt blieben, doch so bedeutungslos, dass der Rat des Bezirks Frankfurt an der Oder auf eine am 7. Dezember 1989 eingegangene Anmeldung zur Gründung einer Stiftung zur Förderung der Privatwirtschaft nur erklären konnte, dass dem Bürger alles erlaubt sein müsse, was nicht ausdrücklich untersagt sei, und dass der Anmelder alle Verpflichtungen und geschäftlichen Beziehungen, die er eingehe, in eigener persönlicher Verantwortung und auf der Grundlage des Zivilgesetzbuchs zu lösen habe.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler