Scheffczyk, Fabian, Der Provinzialverband der preußischen Provinz Brandenburg 1933-1945. Regionale Leistungs- und Lenkungsverwaltung im Nationalsozialismus (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 58). Mohr (Siebeck), Tübingen 2008. XVI, 273 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Alexander von Brünneck seit 2005 betreute, im Wintersemester 2007/2008 der juristischen Fakultät der Universität Frankfurt an der Oder vorgelegte Dissertation des Verfassers. Sie beschreibt in der Einleitung angemessen Untersuchungsgegenstand, Forschungsstand und Quellenlage. Danach folgen fünf Sachkapitel.

 

Ausgangspunkt ist die Geschichte des Provinzialverbands der Provinz Brandenburg bis 1933. Dabei greift der Verfasser bis auf die Einteilung Preußens in Provinzen im Jahre 1815 und die Gewinnung neuer Provinzen 1866 zurück. Vom Erlass der Provinzialordnung für die östlichen preußischen Provinzen 1875 verfolgt er dann die Geschichte seines Provinzialverbands bis 1933.

 

Auf dieser Grundlage wendet er sich allgemein den Provinzialverbänden als Trägern von Leistungsverwaltung zu. Der Weg führt dabei vom liberalen Rechtsstaat zum vorsorgenden Führerstaat. Dementsprechend stellt sich die Frage, wie sich die Provinzialverbände mit den neuen Verwaltungszwecken auseinandersetzten.

 

Das vierte Kapitel befasst sich mit der Eingliederung des Provinzialverbandes Brandenburg in den nationalsozialistischen Staat. Es beginnt mit Wahlen und einem neuen Oberpräsidenten sowie einem neuen Landesdirektor. Einen wichtigen Einschnitt bringt die Führerverfassung einschließlich des Wechsels im Oberpräsidium von Wilhelm Kube zu Emil Stürtz.

 

Überzeugend den meisten Raum gewährt der Verfasser der Tätigkeit der brandenburgischen Provinzialverwaltung in den Jahren zwischen 1933 und 1945. Sachlich untersucht er dabei nacheinander Arbeitsbeschaffung, Straßenbau, märkisches Elektrizitätswerk, Landesplanung, Fürsorgeverwaltung und Finanzwirtschaft bis zum Untergang. Die kriegsbedingten Einschränkungen gipfeln hierbei trotz zeitweiliger Erweiterungen der Aufgaben nach Kriegsende in der Überführung der Provinz in das Land Mark Brandenburg durch Befehl der sowjetischen Militäradministration vom 21. Juni 1947, mit dem Provinz und Provinzialverband zu bestehen aufhörten.

 

Im Anschluss an diese Darlegungen fragt der Verfasser nach der Stellung des brandenburgischen Provinzialverbands im nationalsozialistischen Herrschaftssystem. Dabei prüft er die Selbstverwaltung als Rechtsfrage. Bei Betrachtung der Wirklichkeit ermittelt er trotz fehlender rechtlicher Unabhängigkeit faktische Autonomie.

 

Im Ergebnis stellt der Verfasser fest, dass die Provinzialverbände sich der Entwicklung zu einer modernen Leistungsverwaltung bewusst waren und diese für sich nutzen wollten. Obwohl die Aufgaben der Provinzialverbände überwiegend keine Unterdrückungsmittel waren, bildeten sie wegen der Kontrolle über einen Teil der Bedürfnisbefriedigung aber doch Elemente des totalitären Staates. Als wesentliches Element des nationalsozialistischen Herrschaftssystems erfüllte eine funktionierende Provinzialverwaltung auch in der Mark Brandenburg die ihr gestellte Aufgabe bis zu ihrem Untergang - was wäre auch Anderes von einer Verwaltung in einem politisch bestimmten Staat zu erwarten gewesen?.

 

Innsbruck                                            Gerhard Köbler