Regesten Kaiser Ludwigs des Bayern (1314-1347). Die Urkunden aus den Archiven und Bibliotheken Österreichs, bearb. v. Wetzel, Johannes (= Böhmer, Johann Friedrich, Regesta imperii, Unterreihe Regesten des Kaiser Ludwigs des Bayern [1314-1347], nach Archiven und Bibliotheken geordnet 8). Böhlau, Köln 2008. XXVII. 357 S. Besprochen von J. Friedrich Battenberg.

 

Vor einigen Jahren konnte Heft 7 der Reihe der Regesten Kaiser Ludwigs des Bayern in dieser Zeitschrift besprochen werden; darauf sei zunächst verwiesen (ZRG 122, S. 568-571). Der vorliegende Band stellt mit seinen 600 Regesten die Überlieferung von insgesamt 34 österreichischen Archiven und Bibliotheken zusammen, wobei fast zwei Drittel der Quellen den Wiener Archiven und Bibliotheken (Haus-, Hof- und Staatsarchiv; Deutschordens-Zentralarchiv und Österreichische Nationalbibliothek) entstammt, ein gewichtiger weiterer Teil dem Tiroler Landesarchiv in Innsbruck. Bei den übrigen fragt es sich, inwieweit der Aufwand gelohnt hat, da es sich um vielfach sekundäre Überlieferung – Abschriften aus anderen Überlieferungen – handelt. Dennoch ist es gut, damit einen Gesamtüberblick zu haben, und es erscheint auch von der Wirkungsgeschichte Ludwigs des Bayern nicht ohne Interesse, jetzt besser feststellen zu können, wie sich die Politik des Wittelsbachers in den habsburgischen Gebieten auswirkte (betroffen sind in vorliegendem Inventar aber nur die zum heutigen Österreich zählenden Gebiete).

 

Wie in allen vorherigen Bänden ist auch in diesem im Rahmen einer ausführlichen Einleitung das gesamte gesammelte Material nach äußerlichen und inhaltlichen Kriterien ausgewertet worden. Natürlich zeigen die regestierten Kaiserurkunden nur einen kleinen Ausschnitt; doch lassen sich auch diesbezüglich Aussagen machen. Ein Beispiel bietet die Praxis der Besiegelung, auf die der Bearbeiter ausführlich eingeht. Es wird hier mitgeteilt, dass alle Siegel verwendet wurden, die bis 1347 in der Kanzlei Ludwigs in Gebrauch waren. Nicht die Rede ist vom Hofgerichtssiegel, zwar einer  Sonderkanzlei des Kaisers zugehörig, aber doch ebenfalls königlichen Ursprungs. Daraus ist zu schließen, dass förmliche Hofgerichtsverfahren wohl kaum in den habsburgischen Raum hineinragten bzw. die Autorität des Hofgerichts nicht ausreichte, um dortige Streitparteien zu erreichen (s. F. Battenberg, Urkundenregesten zur Tätigkeit des deutschen Königs- und Hofgerichts bis 1451 5: Die Zeit Ludwigs des Bayern und Friedrichs des Schönen 1314-1347, 1987; F. Battenberg, Das Hofgerichtssiegel der deutschen Kaiser und Könige 1235-1451, 1979). Der Bearbeiter gibt an anderer Stelle an, dass Schiedssprüche und Hofgerichtsurteile nur 6 % aller Quellen ausmachen; wenn man die österreichischen Fälle nimmt, sind es immerhin 8 %. Damit ist aber noch nicht gesagt, ob es sich um Verfahren handelt, die über die allgemeine Königskanzlei oder über die Hofgerichtskanzlei abgewickelt wurden.

 

Überhaupt ist die weitere Differenzierung nach inhaltlich definierten Urkundengruppen von einigem Interesse. Mit 16 % Privilegien, 7 % (Privilegien-)Bestätigungen, 6 % Lehnsbriefen, 20 % Schenkungen und Übertragungen, 7 % Marktrechtsverleihungen und Gerichtsstandsprivilegien stellen Urkundengruppen allgemein privilegialen Charakters weit mehr als die Hälfte der Königsurkunden; auch von dem verbleibenden Rest können einige gewiss zum Teil dieser Gruppe zugerechnet werden, zumal die Abgrenzungen eher modernem als zeitgenössischem Verständnis entsprechen: Auch Verpfändungen und Schiedssprüche können Privilegiencharakter haben, ebenso wie Stiftungen, Landfriedensdokumente und Standeserhebungen.

 

Die Regesten sind ausführlich gehalten, soweit es sich nicht um sekundäre Überlieferungen handelt, die in anderen Regestenbänden der Reihe „Ludwig der Bayer“ besser erfasst sind. Nur die als Originalquellen in Österreich überlieferten oder zwar abschriftlich bekannten, aber anderweit nicht im Original bekannten Urkunden sind inhaltlich in extenso, teilweise mit wörtlichen Zitaten, wiedergegeben. Dies betrifft etwa einen Lehnsbrief vom 2. Mai 1335 über das Herzogtum Kärnten und die Grafschaft Tirol sowie ein gleichzeitiges Privileg über eine umfassende Bistumsvogtei (Nr. 321, 323), die nur aus kopialen Abschriften des 16. Jahrhunderts bekannt sind, zwar in älteren Drucken erfasst wurden, aber nicht in einem anderen Band der Ludwigregesten vorkommen werden. Dass ein weiteres damit in Zusammenhang stehendes allgemeiner gehaltenes Privileg, das sich im Original im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien befindet, ebenso ausführlich wiedergegeben wurde (Nr. 320), versteht sich von selbst.

 

Die wiederum vorzüglich wiedergegebenen Ludwigurkunden sind durch Register der Empfängergruppen und Einzelempfänger ebenso ein allgemeines Register gut erschließbar und auch für rechtshistorische Zwecke schnell zu benutzen.

 

Darmstadt                                                                                          J. Friedrich Battenberg