Práva a zřízení Markrabství moravského z roku 1545 (Pokus moravských stavů o revizi zemského zřízení). Historický úvod a edice. K vydání připravil Janiš, Dalibor (= Prameny dějin moravských, svazek devátý), Brno, Matice moravská a Historický ústav AV ČR 2005. 296 S. (Rechte und Landesordnung für die Markgrafschaft Mähren aus dem Jahre 1545. Ein Versuch der mährischen Stände, die Landesordnung zu revidieren, hg. v. Janiš, Dalibor [= Quellen zur Geschichte Mährens, 9. Band], Brünn, Matice moravská a Historický ústav AV ČR 2005. 296 S.}. Besprochen von Pjotr Kreuz.

 

Der vorliegende Band stellt die Edition der zweiten Redaktion der Landesordnung für die Markgrafschaft Mähren aus dem Jahre 1545 dar.

 

Die Publikation ist als eine bedeutsame Editionstat zu betrachten, weil sie in extenso eine der wichtigsten Quellen für die Rechts- und politische Geschichte Mährens in der Frühen Neuzeit zugänglich macht.

 

Die Publikation beginnt mit einer recht umfangreichen Studie, in welcher der Editor, der Brünner Rechtshistoriker Dalibor Janiš, zunächst eine umfassende Übersicht über bisherige Editionen von Landesordnungen und weiteren Quellen des mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Landesrechts in den böhmischen Ländern bietet. Anschließend versucht Janiš auf dem breiten Hintergrund der Entwicklung des mittelalterlichen Rechts und Rechtsdenkens die Bedingungen und die Umstände der Entstehung der ersten Landesordnungen in den böhmischen Ländern zu beleuchten. Dabei schenkt er unter anderem ziemlich viel Aufmerksamkeit dem missglückten Kodifikationsversuch Karls IV. aus dem Jahre 1355 (die so genannte Maiestas Carolina). Er macht auch auf die Bedeutung der Landfrieden für die künftigen Kodifikationen des Landesrechts, insbesondere für jene in Mähren, aufmerksam. Ferner beschreibt er die von den Landesordnungen und dem Landesrecht (Verfassungsrecht) des Königreichs Böhmen genommene Entwicklung seit der Wladislawschen Landesordnung (1500) über das St. Wenzel Abkommen (1517), die Anordnung über die Gewehre (1523/1524), die lateinische Übersetzung der Wladislawschen Landesordnung (1527) und über drei Redaktionen der Landesordnung (1530, 1549, 1564) bis zum Ende des 16. Jahrhunderts. Es folgt eine übersichtliche Darstellung der Umstände bei der Entstehung und weiteren Entwicklung der frühneuzeitlichen Landesordnungen in der Oberlausitz und Niederlausitz und in den schlesischen Fürstentümern. In einem selbständigen Unterkapitel bemüht sich Janiš um die Einordnung der in den Ländern der Böhmischen Krone entstandenen Landesordnungen in den Rahmen der allgemeineren Entwicklung der Gesetzgebung in Mitteleuropa. Er befasst sich hierbei nicht nur mit einer Reihe von Gesetzgebungen zum Landesrecht, sondern auch von Policeyordnungen, Strafgesetzbüchern, Halsgerichtsordnungen und weiterer Gesetzbücher mit landesweiter oder territorialer Wirksamkeit. Es handelt sich hierbei um aus den nahen oder benachbarten Territorien des Reiches (Bayern, Sachsen), einschließlich habsburgischer Erbländer (Oberösterreich und Niederösterreich, Steiermark, Tirol, Kärnten und Krain) stammende Quellen, wobei Janiš auch aus Polen und Ungarn herrührendes Quellenmaterial verwertet.

 

Seine Ausführungen über die Bedingungen und Begleitumstände der Entstehung der Landesordnungen in Mähren, insbesondere der Landesordnung für die Markgrafschaft Mähren (in weiterem MLO) aus dem Jahre 1545, einleitend, erinnert Janiš pflichtgemäß an die Bedeutung des Towatschowscher Rechtsbuches (Kniha tovačovská) und des Instituts des Landfriedens für die künftige Kodifikation des Landesrechts in Mähren. Er bietet dabei nicht nur eine kurze Charakteristik des Towatschowscher Rechtsbuches, sondern beschreibt auch die schrittweise Entwicklung der Gestaltung des Landfriedens von einer einseitigen Anordnung des Markgrafen von Mähren über die Verfolgung der Landesschädiger (1387) bis hin zu den Keimen der in Aussicht genommenen Gesetzgebung (Beschlüsse des Mährischen Landtages aus den Jahren 1505 und 1516). Janiš befasst sich fernerhin mit den Ursachen, die zur Entstehung der zweiten Redaktion der MLO führten und den sie begleitenden Umständen. Schon zwei Jahre nach dem Erscheinen der ersten Redaktion aus dem Jahre 1535 gingen die mährischen Stände an die Vorbereitung der zweiten Redaktion heran. Ihr Hauptziel war die Ergänzung und Revision der bisherigen Landesordnung. Der endgültige Entwurf der neuen Redaktion der MLO wurde vom Landtag im Juni 1545 gutgeheißen. Janiš macht die Gründe und Umstände deutlich, die in Mähren im Jahre 1562 zu einer faktischen Rückkehr zur im Jahre 1535 entstandenen Landesordnung führten. Obwohl die mährischen Stände zu diesem Rückgriff in bedeutendem Maße durch den auf sie durch König Ferdinand I. ausgeübten Druck gezwungen worden waren und die ergänzte mährische Landesordnung aus dem Jahre 1535 im Jahre 1562 mit ausdrücklicher königlicher Bewilligung erschien, bewahrte nach Janiš die Landesordnung der Markgrafschaft Mähren (im Unterschied zu den Landesordnungen des Königreichs Böhmen beginnend mit der im Jahre 1549 erstellten Redaktion) ein gewisses Gleichgewicht zwischen dem König und den Ständen, was auch von der weiteren Redaktion der mährischen Landesordnung aus dem Jahre 1604 bestätigt wurde. Der Verfasser bringt anschließend eine systematische Übersicht über den Inhalt der MLO aus dem Jahre 1545 und eine kurze Charakteristik ihrer grundlegenden Bestimmungen.

 

Die Einführung zur Edition selbst eröffnet Janiš mit einer Beschreibung des edierten Textes. Er hat der Edition den vom Drucker Jan (dem Älteren) Olivetsky von Olivet in Olmütz am Anfang des Jahres 1546 besorgten Druck zugrunde gelegt. Es sind 16 Exemplare des erwähnten Drucks bekannt. Der Umfang des edierten Textes beträgt insgesamt 153 Blätter. Beachtliche Aufmerksamkeit wurde vom Editor den angewendeten Editionsprinzipien gewidmet, die teilweise von den üblichen Editions- bzw. Transkriptionsprinzipien der frühneuzeitlichen tschechischen Texte abweichen. Dabei beschäftigte er sich vor allem mit der Benutzung besonderer graphischer Zeichen und mit der Auflösung der Verkürzungen und der Transkription  einiger Diphthonge.

 

Anschließend folgt die eigentliche Edition der MLO aus dem Jahre 1545, die insgesamt aus 265 nummerierten Artikeln und einem zeitgenössischen Register besteht. Die einzelnen Artikel sind mit alphabetisch geordneten textkritischen (sich auf die Sprache beziehenden) Anmerkungen und numerischen Sachanmerkungen versehen.

 

Der Edition ist eine Übersicht der benutzten Archivquellen, Quelleneditionen und der herangezogenen Literatur angeschlossen. Zwei detaillierte und gut durchdachte Register (ein Sachregister und ein Personen- und geographisches Namensregister) erfassen nur die im Text der eigentlichen Edition vorkommenden Begriffe ohne Berücksichtigung der einführenden Studie. Die Veröffentlichung wird durch ein umfangreichesenglisches ummary (S. 291-295) abgeschlossen.

 

In der Einführung zur Edition, in der der geschichtliche Hintergrund der Entstehung der MLO aus dem Jahre 1545 dargestellt wird, bewies D. Janiš, dass er sich mit Sicherheit und mit sehr guter Kenntnis der Fachliteratur in der Problematik orientiert, über die er schreibt. Die geschichtliche Einführung ist faktographisch verlässlich Sachliche Irrtümer, Ungenauigkeiten oder strittige Behauptungen kommen darin nur gelegentlich vor. Die Publikation stellt als ganzes ein preiswertes wissenschaftliches Werk von hoher Qualität und zugleich eine mit großer Akribie erstellte moderne Edition einer bedeutsamen Quelle zur Geschichte der Markgrafschaft Mähren in der Frühen Neuzeit dar.

 

Prag                                                                           Petr Kreuz