Müller-Ueltzhöffer, Bettina, Der 500jährige Rechtsstreit des Klosters Neresheim um die Erlangung der Reichsunmittelbarkeit. Zugleich ein Beitrag zum Rechtsgang vor den höchsten Reichsgerichten in der Mitte des 18. Jahrhundert (= Europäische Hochschulschriften 2, 3666). Lang, Frankfurt am Main 2003. 229 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Adolf Laufs betreute, im Sommersemester 2002 von der juristischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommene Dissertation der Verfasserin. Auch mit Hilfe von Archivalien behandelt sie eine bedeutsame Einzelangelegenheit des Heiligen römischen Reiches, die dessen Gerichte über einige Zeit beschäftigt hat. Dass dabei langer Atem hilfreich sein kann, zeigt sich daran, dass eine bereits 1263 einem Schiedsspruch zugeführte Frage erst 1765 eine einverständliche Lösung finden konnte, wobei freilich die großen Prozesse eigentlich erst 1739 begannen.

 

Gegliedert ist die von zwei Jubiläen des Jahres 1995 ihren Ausgang nehmende Arbeit in drei Teile. Davon schildert Teil 1 die Entwicklung des Klosters von der Stiftung durch die Grafen von Dillingen und Kyburg im Jahr 1095 an. Ausführlich geht die Verfasserin dabei auf den Konflikt ein, der 1258 dadurch entstand, dass Graf Ludwig (III.) von Oettingen bei dem Aussterben des weltlichen Zweiges der Grafen von Dillingen am 11. Dezember 1258 begann, ungeachtet der Übertragung der Vogtei über das Oettingen nahe liegende Kloster an das Hochstift Augsburg sich die Vogtei anzueignen. Albertus Magnus erkannte dabei 1263 als unparteiischer Schiedsrichter, dass der Bischof von Augsburg dem Grafen von Oettingen 450 Mark Silber schulde und dass der Graf deshalb Neresheim bis zur Zahlung als Pfand behalten dürfe.

 

Dessenungeachtet klagte der Graf von Oettingen-Wallerstein ab 1739 vor dem Reichskammergericht gegen das seit einem die gegenseitigen Stadpunkte wahrenden Vertrag von 1583 die Reichsunmittelbarkeit anstrebende Kloster. Dieses klagte seinerseits gegen den Grafen von Oettingen-Wallerstein ab 1739 vor dem Reichshofrat. Am 1. Oktober 1764 kam es zu einem Vergleich, in dem der Abt unter Verzicht auf einen Teil seiner Rechte die bis 1803 bestehende Reichsunmittelbarkeit erreichen konnte.

 

Mit ihrer Arbeit wollte die Verfasserin auch an Hand der ausgewählten Quellen die Bedeutung der verschiedensten Archive für die Erforschung des Rechtsgangs vor den beiden obersten Reichsgerichten im 18. Jahrhundert am Beispiel eines konkreten Rechtsfalls beleuchten. Trotz aller dabei auftretenden praktischen Schwierigkeiten ist ihr dies durchaus gelungen. Von daher ist ihre Erwartung gut verständlich, dass die fortschreitenden Arbeiten an der Erfassung der Akten des Reichskammergerichts und der Akten des Reichshofrats dazu beitragen wird, weitere Prozesse von allgemeinem Interesse an Hand umfangreichen Materials aufzuarbeiten und damit das Verständnis für die Rechtskultur des alten Reiches zu verstärken.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler