Masschaele, James, Jury, State, and Society in Medieval England. Palgrave Macmillan, Basingstoke 2008. VII, 271 S.

 

Dieses Buch betrachtet die Geschichte der Jury von der Mitte des 12. bis zum Ende des 14. Jahrhunderts aus sozial-politischer Sicht, hebt dabei – in der Tradition der „new constitutional history“ − ihre Rolle als Bindeglied zwischen Zentralregierung und der jeweiligen Grafschafte (local society) hervor und verweist auf ihre zentrale Bedeutung für den Staatsbildungsprozess. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht dabei nicht etwa die Urteilsjury, die für Masschaele eine eher untergeordnete Rolle spielt. Ungemein wichtiger sind für ihn die Inquest Juries, die nicht nur Vorläufer der späteren Juryformen waren, sondern als eigenständige Form angesehen werden, deren Bedeutung durch das Aufkommen der court-based juries (presentment juries, assize juries, trial juries) keinesfalls geschmälert wurde. Im Gegenteil: die Zahl der sworn inquests, die drei Entwicklungsstufen durchliefen (bis Mitte des 12. Jahrhunderts; Regierungszeit Henrys II; ab der Regierungszeit Edwards I) nahm dramatisch zu (inquisitions post mortem, diem clausit extremum, ad quod damnum), und sie wurden zu zentralen Merkmalen der englischen Regierung und Verwaltung. Allerdings verlangte der wachsende Bedarf an Geschworenen im Rahmen dieser inquests und der court-based juries den Untertanen große Opfer ab, die diese bereit waren zu erbringen, da sie ein funktionierendes Jurysystem als besten Schutz „against the greed and corruption that was so obviously a part of their world“ ansahen (S. 118). Die Geschworenen, die aus der lokalen Gemeinschaft kamen und nach ihrem Urteilsspruch in diese Gemeinschaft zurückkehrten, waren Garanten dafür, dass die Urteile soziale Akzeptanz fanden und beachtet wurden. Obwohl die Jurymitglieder bestimmte Anforderungen zu erfüllen hatten und aus den oberen Schichten kommen sollten, bewirkte der zunehmende Bedarf an Geschworenen, dass auch auf andere Teile der Bevölkerung zugegriffen werden musste, auch weil sich Teile der Gentry von einigen Geschworenendiensten (coroners’ inquests, inquests ad quod damnum, trial juries in kleineren Trespassfällen etc.) befreien ließen. Beides führte dazu, dass die Qualifikationen gesenkt und letztlich auch wohlhabende Bauern als Geschworene herangezogen wurden. Und sie wurden für diesen Einsatz belohnt: „In fostering the jury system, England’s rulers gave the village an active stake in the affairs of the kingdom … emphasizing participation rather than exclusion“ (S. 210).

 

Masschaeles Buch spricht alle wichtigen Aspekte und Entwicklungen des Jurysystems an, und seine Thesen überzeugen, auch wenn die prosopographische Untersuchung der Geschworenenlisten auf nur wenigen, zeitlich verstreuten Beispielen beruht. Hier würde sich Ansatz zu weiterer Forschung bieten. Alles in allem ein ansprechendes Buch, das auch für Rechtshistoriker von Gewinn ist.

 

Fürth                                                                                                                         Susanne Jenks