Luig, Klaus, … weil er nicht arischer Abstammung ist. Jüdische Juristen in Köln während der NS-Zeit, hg. v. d. Rechtsanwaltskammer Köln. O. Schmidt, Köln 2004. 428 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Frage sei erlaubt, so beginnt das kurze Geleitwort des Präsidenten der Rechtsanwaltskammer Köln, warum erst jetzt, 60 Jahre nach der Zerschlagung des Nazi-Terrorregimes dieses Buch über das Schicksal der jüdischen Berufskollegen erscheine. Als Antwort bietet sich wohl am ehesten das Menschliche des Menschen an, das ihn das eigene Leben eher verklären als belasten lässt. Dementsprechend bleibt es oft der Folgegeneration vorbehalten, den tatsächlichen Gang von Geschehen aufzuzeigen und damit vielleicht einen Beitrag zur Verhinderung von Unrecht und zur Förderung von Toleranz, Achtung und Recht in der Zukunft zu leisten.

 

Das einem sehr persönlichen Grußwort Hilde Domins folgende Vorwort Klaus Luigs weist nachdrücklich darauf hin, dass die „Entjudung“, Entrechtung, Verdrängung, Vertreibung und Ermordung durch die Nationalsozialisten im Deutschen Reich im Allgemeinen an sich bereits gut erforscht und auch einem breiten Publikum durchaus vermittelt sei. Trotzdem sei es notwendig, dem bekannten Gesamtbild deutscher Zustände zwischen 1933 und 1945 lokales Kölner Kolorit zu verleihen, weil sich Kölner Politiker und Geschichtsschreiber immer wieder des Umstandes gerühmt hätten, Köln habe den Nationalsozialisten am längsten Widerstand geleistet und sei ihm am wenigsten gefolgt. Aus dem gleichen Grund sei auch eine besondere, dem Berufsstand der Juristen gewidmete Darstellung erforderlich, weil auch Mitglieder des Juristenstands nicht selten ihr Gewissen vorschnell damit beruhigt hätten, dass es in ihren Kreisen keinen Antisemitismus gegeben habe.

 

Demgegenüber solle die durch mehrere Seminare geförderte Untersuchung vor allem über die Schicksale der Kölner Opfer aufklären. Deswegen richte sich der Blick auf Herkunft, Ausbildung, Tätigkeit und Lage. Wichtigste Quelle für die dazu noch ermittelbaren Angaben waren die Datei der jüdischen Bürger Kölns des NS-Dokumentationszentrums Köln und die im Hauptstaatsarchiv in Schloss Kalkum aufbewahrten Personalakten.

 

Danach beginnt das eindrucksvolle Werk mit der detaillierten, chronologisch geordneten Geschichte. Sie reicht von der Ausgangslage (1933 757000 Einwohner der Stadt Köln, 17998 Mitglieder der Synagogengemeinde, womit Köln nur Berlin, Frankfurt, Breslau und Hamburg nachstand,) über die Gesetze vom 7. April 1933, die Pogromnacht, die Judenhäuser, die Emigrationen und Deportationen bis zu den (etwa 14000) Überlebenden, von denen es ihn Köln nur 50 gab, darunter Elsbeth von Ameln und Max Rhée. Nur mühsam gelang die Rückkehr aus der Emigration und eine bescheidene Wiedergutmachung, wobei von rund 100000 jüdischen Mitbürgern Deutschlands in der Gegenwart etwa 2000 in Köln leben.

 

Besonders eindrucksvoll sind die ím Anschluss daran gebotenen Biographien. Sie zeichnen 184 Schicksale aus dem Bezirk des Oberlandesgerichts Köln nach. Sie reichen von Frederic M. Alberti Rechtsanwalt 1902-1988, Eberhard Bruck Universitätsprofessor 1877-1960, Max Grünhut Universitätsprofessor 1893-1964, Franz Haymann Universitätsprofessor 1874-1947, Hans Kelsen 1881-1973, Viktor Loewenwarter 1887-1973, Ernst Wolff 1877-1959 und vielen anderen bis zu Hans Albert Wollstein (1895-1944).

 

Der Anhang gibt wichtige Gesetze und Verordnungen wieder und bietet wertvolle Literaturhinweise. Ein Register listet die erfassten Personen übersichtlich auf. Insgesamt schließt der gediegen gestaltete Band die eingangs beschriebene Lücke in vorzüglicher Weise.

 

Innsbruck                                                                                           Gerhard Köbler