Kurtz, Diana-Catharina, Das Institut der Adoption im preußischen Allgemeinen Landrecht und im französischen Code civil zwischen Rezeption römisch-rechtlicher Prinzipien und verändertem Familienverständnis (= Rechtshistorische Reihe 332) Lang, Frankfurt am Main 2006. 233 S.

 

Die Arbeit ist die von Rudolf Meyer-Pritzl betreute, während der Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl des Doktorvaters entstandene, von der juristischen Fakultät der Universität Kiel 2006 angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie widmet sich einem Institut, das nach Ansicht der Verfasserin im Laufe der Jahrhunderte immer wieder im Mittelpunkt des gesellschaftlichen und damit auch des rechtlichen Interesses stand. Kaum ein anderes Rechtsinstitut habe zudem seit der Antike eine solche Vielfalt in der Anwendung aufgewiesen wie die Adoption.

 

Im Titel weist die Verfasserin selbst auf die Schwerpunkte ihrer Bearbeitung hin. Allerdings erfolgt die Anordnung im Text rein chronologisch. Nach einer kurzen Einleitung betrifft der zweite Teil die Adoption im römischen Recht. Der erste dritte Teil behandelt Grundlinien der Entwicklung vom frühen Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert (59ff.), der zweite dritte, mit einem fünften Abschnitt einsetzende Teil (89ff.) die Regelung der Adoption im allgemeinen Landrecht für die preußischen Staaten von 1794 und dem Code civil von 1804, wonach der mit einem kurzen Ausblick schließende vierte Teil das Ergebnis darstellt.

 

Die römischrechtliche Entwicklung beginnt mit der frühen römischen Gesellschaft und ihrer adrogatio und ihrem testamentum calatis comitiis. Es folgt die Adoption zur Zeit der Republik, wobei der Ablauf des Verfahrens in mancipatio und emancipatio, remancipatio und in iure cessio gegliedert wird und die Unterschiede zwischen adrogatio und datio in adoptionem dargelegt werden. In der Kaiserzeit werden politisch motivierte Adoptionen besonders wichtig.

 

Die Grundlinien der Entwicklung vom frühen Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert setzen bei adoptionsähnlichen Instituten im Frühmittelalter ein. Auf einer guten Seite wird die Rezeption geschildert und danach auf wenigen Seiten die Adoption im gemeinen Recht und im Vernunftrecht behandelt. Bei der ersten europäischen Kodifikation nach Aufkommen der Naturrechtslehren wird besonders die Frage geprüft, ob das bayerische Landrecht von 1616 Vorbild für den Codex Maximilianus Bavaricus Civilis von 1756 war.

 

Ausführlich wendet die Verfasserin sich danach dem Allgemeinen Landrecht Preußens von 1794 zu. Ihm stellt sie ebenso detailliert die Regelung der Adoption in Frankreich gegenüber. Der abschließende Vergleich erweist die Adoptionsregeln des Landrechts als Ausgangspunkt für die Lösungen des Code civil. Im Wesentlichen beruhen die Ähnlichkeiten nach den Erkenntnissen der Verfasserin auf der Übernahme der Wirkungen der preußischen Adoption und diente das römische Adoptionsrecht den Schöpfern der Kodifikationen nur als Ausgangspunkt für die Schaffung eines neuen Adoptionsrechts.

 

Im römischen Recht und in den naturrechtlichen Kodifikationen wurde nach Einsicht der Verfasserin durchgängig das Ziel verfolgt, dem Kinderlosen einen Erben zu schenken. Zunehmend rückte als persönlicher Aspekt das künstlich geschaffene Eltern-Kind-Verhältnis in den Mittelpunkt des Rechtsinstituts. Demgegenüber weist der kurze Ausblick darauf hin, dass die heutige Ansicht, nach der das durch die Adoption künstlich geschaffene Eltern-Kind-Verhältnis und damit das Kindeswohl im Mittelpunkt einer Annahme stehe, somit maßgeblich erst durch die familienrechtliche Entwicklung des 19. Jahrhunderts geprägt worden sei.

 

Insgesamt bietet die Untersuchung interessante Einblicke in die Geschichte der Adoption. Angesichts ihres Alters kann es kaum entscheidend darauf ankommen, dass die Verfasserin Brunners Grundzüge der deutschen Rechtsgeschichte nach einer Auflage von 1901, Rudolf Hübners Grundzüge des deutschen Privatrechts nach einer Auflage von 1908, Max Kasers Römisches Privatrecht nach einer Auflage von 1968 oder Mitteis’ Deutsches Privatrecht überhaupt nicht verwertet. Wer immer sich mit der Adoption befasst, wird die Dissertation der Verfasserin durchaus zu Grunde legen können.

 

Innsbruck                                                                                           Gerhard Köbler