Kuklík, Jan/Skřejpková, Petra, Kořeny a inspirace velkých kodifikací. Příspěvek k aplikaci „Principů“ E. F. Smidaka. [Wurzeln und Inspiration der großen Kodifikationen. Ein Beitrag zur Applikation der „Prinzipien“ E. F. Smidaks]. Juristische Fakultät der Karlsuniversität in Prag, Prag 2008. 198 S. Besprochen von Inge Bily.

 

Die vorliegende Arbeit Jan Kuklíks und Petra Skřejpkovás ist in erster Linie Hand- und Arbeitsbuch für Studenten, aber nicht nur. Der chronologisch gegliederte Band[1] gibt einen Einblick in die Rechtsgeschichte Tschechiens und Europas, nennt die wichtigsten Rechtstexte der behandelten Epochen und Gebiete und stellt exemplarisch jeweils auch Auszüge aus einer Reihe dieser Rechtstexte vor.

 

Unter der Überschrift „Dr. h.c. Emil Smidak und seine ,Prinzipien’“ ist den Kapiteln I-XXII ein Einleitungsteil (S. 7-13) von Karel Malý, dem Leiter des Projektes „Smidaks Prinzipien und das Recht“, vorangestellt. Das Schaffen wie auch die Person Emil Smidaks erfahren hier eine ausführliche Würdigung. Der am 13. August 1910 in Ostrava (Ostrau) geborene Tscheche E. F. Smidak, Ehrendoktor der philosophischen Fakultät der Karlsuniversität, ist der Gründer der Avenira Stiftung und war bis zu seinem Tode ihr Vorsitzender. Seine Lebenserfahrung und ganz besonders die davon nicht zu trennenden Erfahrungen aus seiner Arbeit in der Industrie wie auch als Manager veranlassten ihn, einige Prinzipien zu formulieren, die seiner Meinung nach neue Möglichkeiten für das Funktionieren der menschlichen Gesellschaft eröffnen. Zu diesen Prinzipien Smidaks gehören: das Prinzip von Aktion und Reaktion, das Prinzip von Macht und Verantwortung sowie das Prinzip von positiver Angst und der Wirkung des „Unbekannten“.

 

Kapitel I (S. 15-18) widmet sich dem - offensichtlich ganz weit gefassten - Begriff der Kodifikation. Dabei werden Beispiele unterschiedlicher Kodifikationen vorgestellt und auch die Wandlung von Kodifikationen im Laufe der Jahrhunderte in unterschiedlichen Teilen Europas gezeigt. Kapitel II (S. 19-22) setzt dann den Begriff der Kodifikation zu den „Prinzipien“ E. F. Smidaks in Beziehung und schlägt damit einen Bogen zu den Ausführungen K. Malýs im Einleitungsteil.

 

Die nun folgenden Kapitel behandeln Schwerpunkte der europäischen Rechtsgeschichte. Den Anfang machen Ausführungen zum römischen Recht (Kapitel III: S. 23-28). Nach einem Überblick über die wichtigsten Rechtsdenkmäler, beginnend mit den Zwölftafelgesetzen, folgen einige Auszüge aus den Digesten und aus dem Codex Justinian (S. 28). Anschließend macht Kapitel IV (S. 29-33) mit den Leges barbarorum bekannt, und gibt Kapitel V (S. 34-36) einen Einblick in angelsächsische Kodifikationen. Die Rolle der Rechtsbücher wird am Beispiel des Sachsenspiegels sowie der Legal Writings des mittelalterlichen Englands beleuchtet (Kapitel VI: S. 37-41).

 

Nun kehren Jan Kuklík und Petra Skřejpková zur Rechtsgeschichte Böhmens zurück. Zunächst behandelt Kapitel VII (S. 42-54) Kodifikationen und Kodifikationsversuche in der älteren einheimischen Rechtsgeschichte bis zur Zeit des Ständestaates. Der Kodifikation des Landrechts in den böhmischen Ländern im 16. Jahrhundert wendet sich dann Kapitel VIII (S. 55-71) zu. Mit der Kodifikation des Stadtrechts sowohl in den böhmischen Ländern wie auch in den angrenzenden Gebieten beschäftigt sich Kapitel IX (S. 72-81). Die Constitutio criminalis Carolina wird in Kapitel X (S. 82-85) behandelt, und Kapitel XI (S. 86-90) untersucht die Erneuerung der Landesverfassung. Es folgen Ausführungen zu den Kodifikationen in den böhmischen und österreichischen Ländern im 18. Jahrhundert. So erörtert Kapitel XII (S. 91-100) die Kodifikation des Strafrechts, Kapitel XIII (S. 101-109) anschließend die des Privatrechts. Die Kodifikationen auf dem Territorium Deutschlands im 18. Jahrhundertr kommen in Kapitel XIV (S. 110-116) zur Sprache, und zwar am Beispiel von Auszügen aus dem Codex Maximilianeus Bavaricus civilis von 1756 und aus dem Allgemeinen Preußischen Landrecht von 1794. Anschließend macht Kapitel XV (S. 117-123) mit dem Code Napoléon bekannt. Kapitel XVI (S. 124-129) erläutert den Versuch der Kodifikation des englischen Rechts im 19. Jahrhundert.

 

Die nachfolgenden drei Kapitel beschäftigen sich mit Kodifikationen in Österreich im 19. Jahrhundert. So behandelt Kapitel XVII (S. 130-138) die Kodifikation des Strafrechts und Kapitel XVIII (S. 139-149) die des Zivilrechts. Das anschließende XIX. Kapitel (S. 150-155) erläutert die Kodifikation des Handelsrechts in Österreich im 19. Jahrhundert, wobei der mitteleuropäische Kontext besondere Beachtung findet. Kapitel XX (S. 156-161) wendet sich in einem historischen Abriß der Kodifikation des Seerechts zu. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) Deutschlands wird in Kapitel XXI (S. 162-166) erläutert. Auch hier fehlen einige Textauszüge nicht. Das abschließende Kapitel XXII (S. 167-187) behandelt die Kodifikation und Vereinheitlichung des Rechts in der Zwischenkriegszeit des 20. Jahrhunderts, beginnend mit der Zeit der Gründung des tschechoslowakischen Staates im Jahre 1918. Wie in den übrigen Kapiteln, so werden auch hier die zahlreichen Einzelaktivitäten in einen größeren Kontext gestellt.

 

Den Abschluss dieses nützlichen Bandes, der sowohl als Einstieg in unterschiedliche Themen der tschechischen wie der europäischen Rechtsgeschichte zu empfehlen ist, als auch als zusammenfassende Überblicksdarstellung, bilden Literatur- und Quellenverzeichnis (188-190) sowie Sachregister (191-195) und Personenregister (196-198).

 

Die einzelnen Kapitel geben jeweils einen zusammenfassenden Überblick zum behandelten Thema. Dabei werden Kursivdruck und Fettdruck zur Hervorhebung genutzt. Den Einleitungsbeitrag Karel Malýs, der auch neue Möglichkeiten der Forschung aufzeigt und dabei den Blick sowohl auf das einheimische wie auch auf das europäische Recht richtet, umrahmen zwei Abbildungen: die Kopie des Titelblattes der erneuerten Landesverfassung von 1627 (S. 6) und eine Ansicht des Titelblattes der Viktorina des Kornelius von Všehrady (S. 14).

 

Einer nutzerfreundlichen Tradition folgend, wird die wichtigste Literatur sowohl in Fußnoten zum jeweiligen Text wie auch als Zusammenfassung am Ende eines jeden Kapitels genannt. Berücksichtigung finden dabei nicht nur die tschechischen, sondern auch die grundlegenden ausländischen Arbeiten: Handbücher zur Rechtsgeschichte, Monographien und Aufsätze zu bestimmten Rechtsgebieten. Die Literaturempfehlungen zu den jeweiligen Kapiteln weisen auf Überblicksdarstellungen ebenso hin wie auf Arbeiten, die sich mit einzelnen Rechtstexten beschäftigen. Dabei sind die Autoren sehr aktuell und außerdem darauf bedacht, eine Brücke zur jeweils originalsprachlichen Literatur zu schlagen.

 

Entstanden ist insgesamt eine Monographie, welche die Hauptlinien der Rechtsgeschichte Böhmens und Mährens vorstellt. Dabei werden die Kodifikationen, die dem geltenden Recht zugrunde liegen bzw. die es beeinflussten, zur Sprache gebracht und es wird auch ein Bezug zu den Entwicklungen in anderen, besonders in den dem heutigen Tschechien benachbarten Regionen Europas hergestellt. Zusätzlich wird die Rechtsentwicklung im Allgemeinen wie auch im Besonderen zu den „Prinzipien“ E. F. Smidaks in Beziehung gesetzt, ein Aspekt, der besonders zum Nachdenken anregt.

 

Leipzig                                                                                                                       Inge Bily

 

 

Anmerkung

1 Es handelt sich um ein Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen der Avenira Stiftung zur Erforschung der menschlichen Gesellschaft und dem Institut für Rechtsgeschichte der Juristischen Fakultät der Karlsuniversität Prag im Rahmen des Projektes "Smidaks Prinzipien und das Recht". Vgl. auch die bereits erschienenen Bände: Michal Skřejpek, Poodkryté tváře řimského práva [Wiederentdeckte Gesichter des römischen Rechts]. Praha 2006; Karolina Adamová, Světla a stíny středověkého práva [Licht und Schatten des mittelalterlichen Rechts]. Praha 2006; Dies., Úsvit moderního konstitucionalismu [Entstehung des modernen Konstitutionalismus] Praha 2007; Jan Kuklík, René Petráš, Národní integrace v Europě [Nationale Integration in Europa]. Praha 2007.

 



[1] Es handelt sich um ein Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen der Avenira Stiftung zur Erforschung der menschlichen Gesellschaft und dem Institut für Rechtsgeschichte der Juristischen Fakultät der Karlsuniversität Prag im Rahmen des Projektes „Smidaks Prinzipien und das Recht“. Vgl. auch die bereits erschienenen Bände: Michal Skřejpek, Poodkryté tváře řimského práva [Wiederentdeckte Gesichter des römischen Rechts]. Praha 2006; Karolina Adamová, Světla a stíny středověkého práva [Licht und Schatten des mittelalterlichen Rechts]. Praha 2006; Dies., Úsvit moderního konstitucionalismu [Entstehung des modernen Konstitutionalismus] Praha 2007; Jan Kuklík, René Petráš, Národní integrace v Europě [Nationale Integration in Europa]. Praha 2007.