Kriegsende 1918. Ereignis, Wirkung, Nachwirkung, im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes hg. v. Duppler, J./Groß, Gerhard P (= Beiträge zur Militärgeschichte 53). Oldenbourg, München 1999, IX, 399 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Zum 1. 1. 1900 trat zwar im Deutschen Reich das Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft und beendete viele Jahrhunderte gemeinen Rechts. Vermutlich viel unmittelbarer berührt hat den Einzelnen aber der zu einem ganz unfeierlichen Zeitpunkt begonnene erste Weltkrieg. Er trennt folglich auch stärker das 19. Jahrhundert vom 20. Jahrhundert als irgendein anderes Ereignis der Weltgeschichte.

 

Dementsprechend hat eine wissenschaftliche Untersuchung des Kriegsendes 1918 in Bezug auf Ereignis, Wirkung und Nachwirkung bedeutsames Gewicht. Der Herausgeber der Zeitschrift war auch sehr erfreut darüber, dass er für das Werk in Rainer Schröder rasch einen zeitgeschichtlichen, vielseitigen Sachkenner als Rezensenten fand. Nach vielen Jahren der Erinnerung muss er freilich einmal mehr der Erkenntnis Raum geben, dass der Spatz in der Hand besser ist als die Taube auf dem Dach, und das Werk in wenigen Sätzen selbst anzeigen.

 

Ausgangspunkt ist die 40. internationale Tagung für Militärgeschichte bei Gelegenheit der 80jährigen Wiederkehr des Weltkriegsendes. Die dort vorgetragenen Erkenntnisse sind im vorliegenden Sammelband vereinigt. Dabei sind mit Blick auf das Kriegsgeschehen auch mentalitätsgeschichtliche und kunsthistorische Fragestellungen aufgegriffen.

 

In der Einleitung führt Jörg Duppler als Herausgeber in die Thematik ein, während Alexandre Adler sich mit dem europäischen Bürgerkrieg von 1815bis 1945 befasst und Bruno Thoß das Jahr 1918 in der neueren Weltkriegsforschung aufgreift. Danach werden die militärischen Operationen der Mittelmächte an der Westfront 1918 (Rüdiger Schütz, Dieter Storz, Wolfgang Etschmann) und die militärischen Operationen der Entente an der Westfront 1918 (Hew Strachan, J. P. Harris [Großbritannien], André Bach [Frankreich], Edward M. Coffman [Vereinigte Staaten von Amerika]) dargestellt. Dem folgt der Alltag des Krieges an der Front (Gerd Krumeich, Benjamin Ziemann, Klaus Latzel, André Bach, Michael Epkenhans) und in der Heimat (Jean-Jacques Becker, Christoph Jahr - Bei einer geschlagenen Armee ist der Klügste, wer zuerst davonläuft-, Volker Ullrich, François Cochet, Gabriele Werner, Sabine Behrenbeck).

 

Am Ende steht das Kriegsende als unbewältigte Erinnerung. Nach dem Sieg im Krieg entstand die Aufgabe des Friedens, die zu einem grundlegenden Meinungsunterschied zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten führte, den der Kompromiss des Friedensvertrags von Versailles nur verdecken, nicht wirklich auflösen konnte. Weil das Scheitern der ersten deutschen Demokratie in der Republik von Weimar und der zweite Weltkrieg ohne den ersten Weltkrieg nicht verstanden werden können, verdient dessen Ende die mit dem Sammelband überzeugend angestrebte Aufmerksamkeit.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler