Keupp, Jan Ulrich, Dienst und Verdienst. Die Ministerialen Friedrich Barbarossas und Heinrichs VI. (= Monographien zur Geschichte des Mittelalters 48). Hiersemann, Stuttgart 2002. X, 572 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Neithard Bulst betreute, von der deutschen Forschungsgemeinschaft durch ein dreijähriges Stipendium geförderte, im Wintersemester 2001/2002 von der Fakultät für Geschichtswissenschaften und Philosophie der Universität Bielefeld angenommene Dissertation des Verfassers. Angesichts zahlreicher herausragender Vorarbeiten fühlt der Verfasser sich mit Bernhard von Chartres wie ein Zwerg auf den Schultern von Riesen. Deswegen bemüht er sich nicht um mehr und weitere Einsicht aus gewohnter Blickrichtung, sondern um neue Einsichten unter veränderter Perspektive.

 

Leitende Fragestellung ist ihm dabei auf der Grundlage der Habilitationsschrift Karl Bosls über die Reichsministerialität der Salier und Staufer von 1950/1951, welcher soziale Standort sich den Ministerialen Friedrich Barbarossas und Heinrichs VI. zuweisen lässt und welchen Wandlungen dieser unterlag. Weiter sucht er nach den Voraussetzungen, Methoden und Motivationen des Handelns zwischen regionaler Besitzstellung und raumübergreifendem Reichsdienst. Schließlich möchte er erkunden, welche Funktionen und Aktionsfelder die Ministerialen im Umfeld staufischen Herrschaftshandelns ausfüllten und welche Folgen dies für die Gestaltung der Reichspolitik hatte.

 

Die dreiteilige Untersuchung beginnt auf der Grundlage der Diplomata der staufischen Herrscher, der Urkunden geistlicher wie weltlicher Herrschaftsträger einzelner Landschaften, historiographischer Texte, vieler Bilder, Münzen, Siegel, Bauten und literarischer Zeugnisse mit der Ministerialität zwischen Formierung und Konsolidierung. Danach sucht der Verfasser im umfangreichsten zweiten Teil nach dem Verhältnis von regionalen Handlungsspielräumen und imperialem Dienst an den Beispielen der Reichsministerialen von Bolanden, von Münzenberg, der Marschälle von Pappenheim und Kalden, der Reichsministerialen von Lautern(-Hohenecken), der Ministerialen von Schüpf, Siebeneich und Rothenburg, Markwards von Annweiler und der Kirchenministerialen im Dienst der staufischen Herrscher. Schließlich betrachtet er die Ministerialen Friedrich Barbarossas und Heinrichs VI. hinsichtlich Interaktion und Repräsentation.

 

Im Ergebnis stellt er dabei fest, dass unter Friedrich Barbarossa anfänglich Berater aus den Kreisen der Reichsministerialität kaum in Erscheinung traten. Danach erkennt er vor allem ab 1177 eine kontinuierliche Steigerung in der Interaktion  zwischen Herrscher und Ministerialen, die parallel zur Verlagerung der Interessen der Fürsten auf ihre entstehenden Länder verläuft. Der Reichsdienst bildete dabei das Ferment eines sozialen Aufstiegs, dem allerdings erst die Umsetzung in örtliche Herrschaft Dauer in der Zeit verlieh, zumal nach dem Tod Heinrichs VI. die Stellung des Königs aus verschiedenen Gründen ihre bisherige Bedeutung einbüßte.

 

Insgesamt gelangt die selbständige Untersuchung unter umfangreicher Verwertung von Quellen und Literatur zu zahlreichen neuen Einsichten. Das schließt weitere Vertiefungen über (alle) Ministerialen Friedrich Barbarossas und Heinrichs VI. und anderer keineswegs aus. Ein ausführliches Register der Orts- und Personennamen von Aachen bis Zwiefalten und ein kurzes Sachregister von Amtsgraf bis Zweikampf runden die verdienstvolle Arbeit ab.

 

Innsbruck                                                                                           Gerhard Köbler