Kaupisch, Julia, Das Grundrecht der Religionsfreiheit in seiner historischen Entwicklung. Werdegang in den norddeutschen Ländern (= Schriften zum deutschen und europäischen öffentlichen Recht 18). Lang, Frankfurt am Main 2008. 333 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die 2007 in Marburg angenommene Dissertation der in Georgsmarienhütte 1969 geborenen, nach der ersten juristischen Staatsprüfung am Institut für öffentliches Recht in Marburg als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätigen Verfasserin. Gegenstand der Untersuchung ist es, die Entwicklung der individuellen Komponente der Religionsfreiheit in den norddeutschen Ländern hauptsächlich an Hand schriftlicher Verbürgungen in Verfassungstexten und Verfassungsdebatten, aber auch einfachgesetzlicher Normen und tatsächlicher Handhabungen zu verfolgen. Schwerpunkt ist Preußen.

 

Nach der kurzen Einleitung geht die Verfasserin auf das Zeitalter der Aufklärung in Norddeutschland ein. Dabei beginnt sie mit den philosophischen Voraussetzungen der preußischen Toleranzpolitik und betrachtet die Entwicklung unter Friedrich II. unter Einbeziehung des Religionsedikts von 1788 und des preußischen Allgemeinen Landrechts. Für die Situation in den anderen norddeutschen Ländern dient hauptsächlich Hannover als kurzes Beispiel.

 

Entsprechend dem chronologischen Ablauf folgt der Übergang zum Konstitutionalismus in Norddeutschland (Art. XVI der Deutschen Bundesakte, preußische Verfassung von 1848 bzw. 1850, Hannover, Braunschweig, Kurfürstentum Hessen, Schleswig und Holstein, Hamburg, Bremen, Lübeck, Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz). Danach betrachtet die Verfasserin die Zeit zwischen Reaktion und Reichsverfassung von 1871. Den Beschluss bildet die Zeit nach der Gründung des deutschen Reiches einschließlich des Toleranzantrags von 1900 mit seinen Auswirkungen auf die Weimarer Reichsverfassung, so dass insgesamt ein weiterführender Beitrag zur Entwicklung der individuellen Religionsfreiheit zu einem staatlich geachteten Bürgerrecht und zu einem staatlich garantierten Menschenrecht für einen begrenzten Raum geschaffen ist.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler