Johann, Ulrich, Die Steuergesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland von 1983 bis 1998. Die Zeit der christlich-liberalen Koalition (= Europäische Hochschulschriften 2, 4301). Lang, Frankfurt am Main 2006. XXVII, 289 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Klaus Offergeld betreute, 2005 von der juristischen Fakultät der Universität Augsburg angenommene Dissertation des 1976 geborenen, in Bonn Rechtswissenschaft und in Osnabrück Steuerwissenschaft studierenden Verfassers. Sie geht davon aus, dass der Bundestagswahlkampf des Jahres 2005 auf eindrucksvolle Weise gezeigt hat, auf welchen Widerstand Bemühungen in Deutschland stoßen, das Steuerrecht umfassend zu reformieren, da eine Vision eines einfachen und verständlichen Steuerrechts durch die Etikettierung mit Schlagwörtern wie unsozial und ungerecht zu Fall gebracht werden kann, ehe sie überhaupt konkret in Gesetzesform  gegossen ist. Deswegen erscheint es lohnend, die Reformbemühungen des deutschen Gesetzgebers zwischen 1983 und 1998 („Ära“ Kohl) zu untersuchen.

 

Zu diesem Zweck gliedert der Verfasser seine Untersuchung in 12 Teile. Sie sind überwiegend chronologisch nach den einzelnen Legislaturperioden geordnet. Der kurzen Einleitung folgt ein Überblick über den Zustand der Steuergesetzgebung zu Beginn der zehnten Legislaturperiode, an die sich die sorgfältige Darstellung der Steuergesetzgebung in der zehnten, elften, zwölften und dreizehnten Legislaturperiode anschließt.

 

In den Mittelpunkt stellt der Verfasser dabei jeweils den Gang der einzelnen Gesetzgebungsinitiativen durch das parlamentarische Verfahren. Dabei fragt er überzeugend nach den Vorstellungen der Initiatoren und den verschiedenen Einflüssen auf sie. Als Quellen verwendet er hauptsächlich die Bundestagsdrucksachen, Bundesratsdrucksachen und die stenographischen Bereichte über die zugehörigen mündlichen Beratungen.

 

Am Ende der durch jeweilige Rückblicke aufgeschlossenen Untersuchung ermittelt der Verfasser allgemeine Faktoren der Steuergesetzgebung und gründet darauf eine eigene Perspektive. Im Ergebnis stellt er fest, dass auch die bürgerliche Regierung unter Helmut Kohl trotz anderslautender Reformrhetorik zu einer umfassenden Steuerreform nicht in der Lage war, weil zu oft steuersystematisch richtige oder ihm richtig erscheinende Ansätze zu Gunsten einer kurzfristigen Klientelpolitik bzw. fiskalischen Zwängen geopfert oder nicht konsequent genug verfolgt wurden. Angesichts der Unfähigkeit des parlamentarischen Systems zur Ausgabenbegrenzung in wachsenden wirtschaftlichen Umfeldverhältnissen ist dem Verfasser darin beizupflichten, dass auf Grund der geschichtlichen Erfahrungen - eigentlich seit Beginn der Besteuerung - mit einer grundlegenden, allgemein befriedigenden Steuerreform weiter nicht zu rechnen ist.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler