Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris zum 70. Geburtstag, hg. v. Heldrich, Andreas/Prölss, Jürgen/Koller, Ingo sowie Langenbucher, Katja/Grigoleit, Hans Christoph/Hager, Johannes/Hex, Felix Christopher/Neuner, Jörg/Petersen, Jens/Singer, Reinhard, 2 Bände. Beck, München 2007. XXVIII, 1532, XXI, 1480 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Variatio delectat. Deswegen erfreut sich der Mensch der Individualität allen Seins trotz Grundsätzlichkeit des Universums und unterscheidet schön von hässlich, reich von arm oder groß von klein. In der Welt der Jurisprudenz zählt Claus-Wilhelm Canaris zweifelsfrei zu den Großen der deutschen Rechtswissenschaft der Gegenwart.

 

Dieser einen bekannten individuellen Namen griechisch-lombardischer Herkunft tragende Große wurde in Liegnitz in Schlesien am 1. Juli 1937 als Sohn eines Juristen geboren. Nach der Schule in Königsberg, Miesbach und Düsseldorf und den 1957 aufgenommenen Studien von Rechtswissenschaft, Philosophie und Germanistik in München, Genf und Paris wurde er 1963 bei Karl Larenz in München mit einer Dissertation über die Feststellung von Lücken im Gesetz promoviert und 1967 über die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht habilitiert. Nach Lehrtätigkeiten in München und Regensburg wurde er 1968 nach Graz berufen, wechselte 1969 nach Hamburg und kehrte 1972 in der Nachfolge nach Karl Larenz nach München zurück.

 

Sein am Ende der Festschrift aufgenommenes Schriftenverzeichnis weist (2007) 16 Monographien auf. Dazu zählen neben Dissertation, Habilitationsvortrag und Habilitationsschrift vor allem auch das Bankvertragsrecht (1975, 3. Auflage 1988), die zwölfte Auflage des von Alfred Hueck begründeten Rechts der Wertpapiere (Vahlen), die 24. Auflage des von Karl-Hermann Capelle vorgelegten Handelsrechts, die 13. Auflage des von Karl Larenz geschaffenen Lehrbuchs des Schuldrechts (Band II/2) und die 3. Auflage der von Karl Larenz verfassten Methodenlehre der Rechtswissenschaft. Dazu kommen 165 Aufsätze und Beiträge in Sammelwerken und 42 Urteilsanmerkungen.

 

Auf dieser Grundlage entschlossen sich die zehn Herausgeber zu einer Festschrift zum 70. Geburtstag des Gelehrten. Ihr Projekt hat der Verleger trotz ökonomischer Hürden in großzügiger Weise ermöglicht, da Großen Großes gebührt und Großes wieder Große gewinnen kann. Gestaltet ist es auf rund 3000 Seiten von Schülern, Freunden, Weggefährten und Kollegen aus dem Inland und Ausland, die einen außergewöhnlichen Hochschullehrer und Rechtswissenschaftler nicht nur als Autor einer Vielzahl von Monographien, Lehrbüchern, Kommentierungen und Aufsätzen ehren wollen, sondern vor allem auch einen kreativen Rechtsdenker und analytischen Theoretiker.

 

Das hieraus entstandene monumentale Werk gliedert sich in fünf Sachgebiete. Sie betreffen das bürgerliche Recht, das Wirtschafts- und Arbeitsrecht, das Handels-, Gesellschafts- und Bankvertragsrecht, Rechtsvergleichung, ausländisches Recht, Europarecht und internationales Privatrecht sowie Rechtsphilosophie, Methodenlehre, Rechtsgeschichte und übergreifende Themen. Das mehr als 150 Namen aufführende, von Johannes Adolff bis Wolfgang Zöllner reichende Autorenregister der 147 Beiträge umfasst vor allem die bekanntesten deutschen Privatrechtswissenschaftler der Gegenwart, aber auch viele Kollegen aus fernen Ländern, in denen die Universitäten Lissabon, Madrid, Graz, Athen und Verona den humanistischen Intellektuellen durch ein Ehrendoktorat ausgezeichnet haben.

 

Dass in der gedankenreichen Festschrift die Rechtsgeschichte nicht im Mittepunkt stehen kann, versteht sich von selbst. Dennoch sind das Recht in den Literatursatiren und -episteln von Horaz (Uwe Diederichsen), die Folgen der europäischen Integration für die Privatrechtsgesellschaft (Carsten Herresthal), die Errungenschaften der deutschen Zivilrechtswissenschaft (Ewoud Hondius), die Canaris-Rezeption (Mario G. Losano), die Zollfreiheit der Gedanken (Theo Mayer-Maly), Kants metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre (Jens Petersen), Savignys Dogmatik im System (Joachim Rückert) und die Entwicklung der Gastwirtshaftung in England (Reinhard Zimmermann) würdige Vertreter rechtsgeschichtlicher Fragen. Auch Große und Großes haben notwendigerweise selbst im Universum des Recht ihre besondere individuelle Geschichte.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler