Bilder - Daten - Promotionen. Studien zum Promotionswesen an deutschen Universitäten der frühen Neuzeit, hg. v. Müller, Rainer A., bearb. v. Liess, Hans-Christoph/Bruch, Rüdiger vom (= Pallas Athene 24). Steiner, Stuttgart 2007. 390 S., 54 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Vom 14. bis 16. Juni 2001 fand in der intimen und förderlichen Atmosphäre der Abteil Schweiklberg (Vilshofen) ein von der Maximilian Bickhoff-Stiftung an der Universität Eichstätt und der Lux-Kultur-Agentur München in großzügiger Weise finanziertes Kolloquium mit 19 Teilnehmern statt. Diese Tagung setzte sich zum Ziel, eine aus Universitätsarchivaren, Kunsthistorikern und Bildungshistorikern bestehende Forschergruppe nach Verortung und Facetten, nach Deutung und Bedeutung des Graduierungswesens an den deutschen Universitäten der frühen Neuzeit als den eigentlichen Heimstätten der Bildungsgesellschaft zu befragen. Organisator war der im Sauerland 1944 geborene, über Münster, Innsbruck und München als Professor für Geschichte der frühen Neuzeit nach Eichstätt gelangte Rainer A. Müller, der das Erscheinen der Referate im Druck bedauerlicherweise nicht mehr erleben durfte, so dass er vom Freund Rüdiger vom Bruch als Bearbeiter vertreten werden musste.

 

Ohne jeden enzyklopädischen Anspruch möchte das Unternehmen einen Beitrag zu einem genaueren Verständnis von Funktion, Ablauf und Bedeutung des akademischen Promotionswesens in der Frühmoderne leisten. Dazu versuchen die Referate, Schneisen in das Dickicht des noch weithin der Erforschung harrenden Themas zu schlagen. In ihrer Vielfalt beleuchten sie unterschiedliche Aspekte reflexhaft.

 

An der Spitze der insgesamt zehn Beiträge stehen mit zehn Abbildungen veranschaulichte Gedanken zur akademischen Ikonografie als einer Disziplin- und Wissenschaftsgeschichte Wolfgang J: Smolkas. Bemerkungen und Fragen zur Rolle des Bildes in der Universitätsgeschichte bietet Wolfgang E. J. Weber, der zu Konzeptualisierung und Operationalisierung methodisch reflektierter und damit aus dem Ghetto lediglich illustrativer Bildberücksichtigung ausbrechender Studien aufruft. Sibylle Appuhn-Radtke behandelt Thesenblätter als Dokumente barocken Mäzenatentums und ordnet die Sitte der feierlichen Disputation als einen Teil repräsentativer und wirtschaftlicher Mechanismen ein, der weit über den internen Rahmen der hohen Schulen hinausreichte.

 

Poetenkolleg und Dichterkrönung in Wien war der Untersuchungsgegenstand Kurt Mühlbergers. Studium und Doktorpromotion an der Universität Helmstedt im späten 16. Jahrhundert betrachtete Michael Maaser in gedrängter Kürze. Auf Berufsperspektiven von Politikstudenten des 17. Jahrhunderts konzentrierte sich Michael Philipp, der unter 13841 Dissertationen, Disputationen, Exerzitationen usw. 5077 juristische, 2976 theologische , 1131 politische und 882 medizinische Arbeiten aufspürt. Die deutschen Universitäten und die ständische Gesellschaft insgesamt an Hand der institutionengeschichtlichen und sozioökonomischen Dimensionen von Zeugnissen, Dissertationen und Promotionen in der frühen Neuzeit betrachtete sehr umfassend Ulrich Rasche, der Dissertationen von Anfang an mehrheitlich als Arbeiten der Professoren einordnet.

 

Das Promotionswesen der staatswirtschaftlichen bzw. staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen nahm Reiner Flik in den Blick, das Promotionswesen in Königsberg und Duisburg Manfred Komorowski, der sich auch mit den Heidelberger Inauguraldissertationen und Promotionen des 17. Jahrhunderts befasste und dafür etwa die juristischen Dissertationen zwischen 1601 und 1690 zusammenstellte. Am Ende des aufschlussreichen Sammelbandes würdigt Karsten Ruppert den 2004 verstorbenen Herausgeber und dokumentiert seine wissenschaftliche Lebensleistung mittels eines Verzeichnisses der wissenschaftlichen Veröffentlichungen.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler